laufen

Ich bin unfassbar verkatert. Dennoch: dem ein oder anderen ist ja bekannt, dass ich durchaus gerne mal laufe. Also jogge, wobei es einen Unterschied zwischen Laufen und Joggen gibt, den ich an anderer Stelle mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einmal zum Besten geben werde… Seit 13 Jahren laufe ich, jeder Lauf ist dokumentiert und kartiert. Die Nachwelt wartet nur so darauf, diesen Bücherschatz heben zu dürfen.

Es war stets Tradition, alleine zu laufen: 2.665 Läufe habe ich aufgelistet, die ich in bester Gesellschaft absolvierte, in meiner. Auf die Weise kam ich auch nie in die Verlegenheit zu testen, ob ich während des Laufvorganges in der Lage zu reden bin. Soll man ja, sagen Experten nicht ganz unakademisch. Zudem bin ich beim Laufen auch cain guter Zuhörer, da ich bereits diversen Podcasts lausche. Überdies ist es mir ein Graus, mich dem Tempo anderer anzupassen, was stets eine Anpassung nach unten ist. Heute allerdings kamen einige Umstände zusammen, die mich erstmals nach 1,3 Dekaden in die Verlegenheit brachten, in Begleitung einer durchaus gut aussehenden Dame laufen zu gehen, denn bis zu jener äußerst ansehnlichen Person hat sich offenbar rumgesprochen, dass ich Meister des gesunden Laufstils bin, den ich sie lehren soll. Geblendet von ihrer Schönheit und unter Einfluss von Restalkohol machten wir uns also gemeinsam auf den Weg: sie hinter mir (ich kenne es nicht anders, laufe selten HINTER jemandem), um meine Fortbewegung zu studieren. Ich behaupte, es ist ihr dabei zum Schmunzeln zumute gewesen, denn der überaus vollendete Laufstil, den ich pflege, sieht überaus gazellenhaft aus, was nicht ohne optische Komik auskommt. Ein galantes Hüpfen ist es vielleicht, was die Menschen, die heute uns auf ihrer Landpartie beobachten konnten, gesehen haben. Ich selber seh’s ja nicht. Kann völlig kacke aussehen, man weiß es nicht. Ich bat das zauberhafte Geschöpf, mich einmal nachzuahmen und nun wusste ich, warum ich immer alleine laufe. Weil ich die Wahrheit nicht vertragen kann. Es ist ein Hüpfen in gewisser Weise, das allerdings das effiziente Fortkommen bewerkstelligt. Beim nächsten Mal – und dazu wird es tatsächlich kommen! – werde ich mich beim Laufen filmen lassen, jetzt will ich die ganze Wahrheit; ich bin dazu bereit.

Wenn Mann mit einer Frau läuft, will Mann natürlich gut dabei aussehen. Da ein guter Laufstil besonders im Sprint zum Tragen kommt, lieferten wir uns am Ende ein Sprintduell. Völlig klar, wer’s gewonnen hat, da will ich gar nicht unnötig Spannung aufbauen. Nur soviel: ich war mir vorher nicht so sicher. Zumal ich meinen Kreislauf zuhause gelassen hatte. Und so wurde der Sprint mit einem Tempo von 3:03 (=Geschwindigkeit von 19,67km/h) ein äußerst kurioser Eierlauf, bei dem ich mich nur mit Glück nicht auf die Fresse gelegt habe. Meine Begleitung, nach wie vor hinter mir, war abermals erstaunt, dass ich auf diese eiernde Weise überhaupt vorankam. Am Ziel angekommen galt es, Haltung zu bewahren. Bloß nicht kollabieren. Sprint nach durchzechter Nacht ist eine sehr diffizile Angelegenheit. Nur, wenn’s sein muss. Während ich schwarze Flecken vor meinen Augen sah, erklärte ich meiner Begleiterin, dass ich ausnahmsweise mal nicht alles gegeben habe. Was ich nicht erwähnte: Während des Sprints glaubte ich mich schon als Sieger und schaltete schon einen Gang runter. Hörte dann allerdings ihre Schritte doch recht nah hinter mir. „Für eine Frau recht schnell unterwegs“, erlaubte ich mir abschließend zu denken. Ich sage das als jemand, der im Schulsport zu schlecht für die Frauenmannschaft war.