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Derzeit lese ich das ein oder andere über die DDR und so kam mir gerade ein Artikel unter, in dem der Zustand der sanitären Anlagen in „privaten“ Wohnhäusern analysiert wurde. Lange mussten die DDR-Bürger sich mit anderen Mietparteien ein WC im Treppenhaus teilen, während der kapitalistische Westen die Individual-Abfuhr einführte, die mir sehr entgegenkommt. Zumal das WC ein Ort der Stille ist. Es gibt Studien darüber, warum Männer dort mehr Zeit als Frauen verbringen und ich weiß von dem ein oder anderen, dass er dort gerne sitzt, weil es der einzige Ort ist, an dem man tatsächlich seine Ruhe hat. Das kommt gerade dem Lesen zugute, was Hersteller von Tablets wissen und bei der Bauweise ihrer Geräte berücksichtigen …

Die Geschichte meiner Toiletten-Lektüre ist eine lange und konstante, die aber durch die Einführung der Smartphones schwersten Verwerfungen unterliegt. Seit rund fünfzehn Jahren bin ich Abonnent der „Titanic“, die auf ihrer Titelseite dem Leser mitteilt, sie sei ein „Satire-Magazin“. Ich finde es immer schwierig, Satire als solche zu kennzeichnen. Dann ist es eigentlich nicht mehr witzig. Es ist ähnlich schlimm, als wenn jemand einen Witz ankündigt mit „Ich erzähle jetzt einen Witz“. Das ist das Ende der Pointe. Am schönsten ist es doch, der Adressat merkt gar nicht, dass es sich um Satire bzw. um einen Witz handelt. In einem früheren Artikel schreibe ich über einen seit 1954 währenden Streik in Münster. Einige haben mir das abgenommen, was mich tatsächlich überrascht hat. Das macht es aber auch reizvoll für mich! Wenn da jemand überlegt „Wie hat er das jetzt gemeint?“. Hätte ich vorher geschrieben „Es folgt nun eine ausgedachte Geschichte“, wäre es doch nur noch halb so amüsant geworden. Im privaten Leben passiert mir das häufig, dass ich etwas nicht ganz ernst meine, mein Gegenüber es aber genau so auffasst, was schon zu furchtbaren Missverständnissen geführt hat, die mich zu einem einsamen Menschen gemacht haben. Manches konnte ich schon gar nicht mehr aufklären, weil es schon zu weit gestrickt und verworren war. Ich war mal hinter einer Frau her, die war wirklich toll. Hatte aber leider null Verständnis für Ironie. Ihr konnte ich die hanebüchensten Dinge erzählen, sie nahm sie stets für bare Münze. Ihre zweite schlechte Eigenschaft war, dass sie keinerlei Interesse an mir hatte. Wenn es um Ironie-Verständnis geht, darf ich an dieser Stelle einen Gruß in die USA schicken!

Zurück zum „endgültigen Satire-Magazin“. Ich lese also seit Jahren „Titanic“ auf dem Klo, denn die Artikel- und überhaupt Blatt-Umfänge sind ideal auf’s Geschäft ausgerichtet, sodass man die Gazette nach einem Monat durch hat, wenn also die nächste Ausgabe kommt. Nicht ganz unwichtig ist auch das Format der Zeitung, denn es ist das eine, mit einem DIN-A4-Format zu hantieren, aber was völlig anderes, mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ auf dem Klo die Zeit totzuschlagen – sie erscheint im so genannten „nordischen“ Format: 400 mal 570 Millimeter. Geschlossen! Aufgeklappt ist sie doppelt so breit. Und das geht auf dem Pott nur unter Zuhilfenahme geschickter Falt-Techniken. Einfacher macht es mir da montags, inzwischen ja samstags, die Rubrik „Hohlspiegel“ im „Spiegel“. Ideale Toilettenlektüre. (Ach ich Vollhorst sehe gerade, dass auf dem Foto ja noch der Adressaufkleber auf dem Spiegel klebt. Das muss ich noch schwärzen; mach ich besser direkt.)

Doch das System funktioniert nicht mehr. Schuld ist die Erfindung des Tablets. Es ruiniert meine Toiletten-Kultur. Denn ich neige dazu, es mit aufs Klo zu nehmen. Zur Zeit spiele ich so ein seltsames Spiel, bei dem man Schafe züchtet. Durch Kreuzungen entstehen bedenkliche Mutationen. Interessanterweise bekommt man für die Ausscheidungen der Schafe Punkte. Je verrückter die Mutationen, desto mehr sind die Ausscheidungen wert. Inzwischen habe ich Schafs-Wesen auf dem Mars und in einer seltsamen Zwischenwelt eine Gottheit geschaffen, mit der ich im nächsten Level das Universum re-kreieren muss. Alles mit Schafs-Scheiße. Wer es ausporbieren will, es heißt „Cow Evolution“ (Android). Hm, wenn es so heißt, wird es wohl eher um Kühe als um Schafe gehen. Fällt mir jetzt erst auf. Ob Kuh oder Schaf, man muss halt möglichst oft die Tiere kreuzen, damit die App ausreichend Zeit hat, mein Tablet auszuspionieren. Und dieses klappt eben am besten auf der Toilette.So sieht’s aus:

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Tablet-Hersteller berücksichtigen, so las ich jüngst, bei der Konstruktion ihrer Geräte die Nutzung dieser durch die Nutzer derer während des Toilettenganges jener. Sie wissen sehr genau, dass sie so Nutzungszeit generieren können. Für meine „Titanic“ bedeutet das, dass ich ins Hintertreffen gerate; ich beginne gerade erst mit der Februar-Ausgabe! Da wird noch ordentlich über Günter Grass hergezogen, der in der Februar-Ausgabe ja noch nicht tot war. Das kommt dann wohl in der April-Ausgabe. Die lese ich vermutlich um Weihnachten ‚rum. Um das zu vermeiden, verzichte ich nun immer auf Smartphone und Tablet beim Defäkieren und sehe es als sportliche Herausforderung, wieder aufzuholen und mit den Erscheinungsterminen gleichzuziehen. Das führt jedoch dazu, dass ich sehr lange abführe (Irgendwann gehen einem die Synonyme für „kacken“ aus.). Und genau das tue ich nun, da ich jetzt durch die morgendliche „Hitze“ laufen gehen werde und es gilt ja, dieses zu verhindern: Darmdrang beim Laufen. Einen schönen Tag!