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In der heiteren Serie der Beziehungsfragen ist der Teil über das Fortsetzen eigentlich abgeschlossener Gespräche der erfolgreichste – und zwar im gesamten seppolog. Keiner wurde mehr geklickt, kein anderer wird auch heute noch dreistellig aufgerufen. Das setzt mich unter Zugzwang, denn natürlich ist es unterhaltsam, gerade Paar-Klischees breitzutreten, ohne sie dabei besonders ernstzunehmen. Nun verhält es sich zu meinem Bedauern so, dass meine Beziehung sich in diesem einen Klischee erschöpft, alle anderen gängigen kommen bei uns nicht vor, was im Ganzen aber sehr erfrischend ist. So hatten wir in zehn Jahren nicht einmal einen Streit. Andernfalls könnte ich gut über die Frage schreiben „Wer macht den ersten Schritt nach einem Streit?“ oder „Wer lässt wen länger zappeln?“ Ich kenne das aus meiner einzigen vorhergehenden Beziehung. Es ist mir schlicht zu anstrengend und auf den möglicherweise sensationellen Versöhnungssex kann ich verzichten; der Preis wäre mir zu hoch.

Bei uns laufen viele Dinge vielleicht einfach andersherum, wie zum Beispiel die Deko-Frage. Um es ganz deutlich zu sagen: Für Deko in unserer Wohnung bin ich zuständig, was gegen das Klischee strebt (und ja, Klischees verallgemeinern). Mein Verhältnis zum Dekorieren der gemieteten vier Wände rührt vielleicht aus dem Umstand her, dass ich jahrelang in bloßen Zimmern gelebt habe. Angefangen im Studentenwohnheim für 180 Mark im Monat. Mehr als 180 war es auch sicher nicht wert, spartanischer ging es kaum. Wegen einer abgebrochenen Parkplatz-Schranke musste ich das Wohnheim kurzfristig verlassen und fand mich in einer WG-Situation wieder. Aus meiner Ablehnung gegenüber den meisten Menschen resultiert meine WG-Untauglichkeit und so fand ich mich ein weiteres Jahr später in anderen vielleicht 18 Quadratmetern wieder. Auch die minimalistisch bestückt. Anders als ich. Weitere vier Jahre verbrachte ich in 30 Quadratmetern in Düsseldorf und erst vor drei Jahren bezog ich mit meiner dann Mitbewohnerin eine Wohnung, die Türen hat! Das Öffnen von Türen war mir über die Jahre völlig fremd geworden, war doch bislang hinter der einzigen Tür, die ich hatte, auch schon das Ende der Wohnung erreicht. Dass Türen aber auch innerhalb einer Wohnung Räume abgrenzen können, war bei mir völlig in Vergessenheit geraten. Und vielleicht deshalb bin ich in der Markthalle Ikeas derjenige von uns beiden, der nach Deko-Artikeln sucht. (Mich kosten diese Zeilen Überwindung …)

Nun ist es aber so, dass ich die meisten Dinge vor dem Bezahlen erst noch bei meiner Mitbewohnerin durchpauken muss. Ob das nun die Holzgiraffe oder der Holzelefant waren, die für meine geplante Afrika-Themen-Fensterbank vorgesehen waren, oder der alljährlich möglichst große Weihnachtsbaum, von dem mir immer wieder klar ist, dass er im Verhältnis zu unserem Wohnzimmer stets überdimensioniert ist. Aber in meiner Familie hatten wir immer einen Dreimeter-Baum, allerdings auch die passenden Räumlichkeiten dazu.

Um Diskussionen zu vermeiden, setze ich daher auf den Überraschungseffekt und nutze gelegentliche Phasen ihrer Abwesenheit aus: Kommt sie aus sagen wir mal einem verlängerten Wochenende wieder zurück, kann es durchaus schon mal passieren, dass sie unsere Wohnung völlig neu gestaltet wiederfindet. Meine Hoffnung ist dabei stets die, dass es ihr zu mühsam ist, vollendete Tatsachen wieder zu beseitigen. Ihre Begeisterung hält sich allerdings auffallend oft in Grenzen. In seeeehr engen Grenzen.

Ich beobachte allerdings in aller Regel, dass sie sich im Laufe der Zeit nicht nur mit den Einrichtungsoptimierungen abfindet, sondern sie auch gut heißt. Das jedoch stellt mich mitunter vor ein neues Problem: Bleiben wir beim Beispiel der Afrika-Themen-Fensterbank. Ich begann mich irgendwann zu fragen, was ich eigentlich mit Afrika am Hut habe und welcher Teufel mich ritt, eine Giraffe aus Holz zu kaufen. Ich wartete, bis meine Mitbewohnerin wieder für einige Tage das Weite suchte und nutzte meine Chance, Afrika plattzumachen. Elefant und Giraffe sollten fortan den Keller zieren. Und ich möchte ja meinen, sie freut sich nun über das Entfernen des Kontinentes aus unserem „Medienraum“, doch dem war nicht so. Die beiden hölzernen Tiere wurden wieder hochgeholt. Gegen Weihnachten sah ich meine Chance, denn da war es Konsens, dass Giraffe und Elefant der Weihnachtsdeko temporär weichen müssen. Mein perfider Plan: Sie werden nie wieder zurückkehren. Nun allerdings steht noch immer Weihnachtsdeko auf der Afrika-Fensterbank. Doch den Preis zahle ich gern.

(Völlig uneins sind wir uns bei der Neubestückung des Flurs, wo jetzt, im Sommer, noch Schlitten und Hirsch stehen:

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Ich halte es für die beste Lösung, beides bis Weihnachten dort stehen zu lassen.)

Ein nicht enden wollender Kreislauf: Ich setze umstrittene Deko-Konzepte durch, sie findet Gefallen dran, ich verliere selben und muss dann das Entfernen der Dinger durchsetzen. Vor einigen Wochen machte ich in ihrer Abwesenheit einen Rundumschlag. Auch in ihrem Zimmer entfernte ich Massen an Deko-Scheiss. Dabei gab es auch ein Wiedersehen mit Giraffe und Benjamin Blümchen, die dort zwischen einem Porzellan-VW-Käfer und obigen Totenkopf ihre neue Heimat gefunden hatten. Für mich kein stimmiges Konzept, es verblieben Käfer und Totenkopf, da ich gegen die beiden keine Chance habe. Der Rest ging in den Keller zusammen mit Kerzenhaltern aus Beton und einem Miniatur-Grammophon, freilich nur eine Nachbildung.

Elefant und Giraffe sind inzwischen abermals wieder in der Wohnung und es half auch nicht, den Elefanten „versehentlich“ zu Boden zu werfen. Sein Rüssel brach zwar ab, aber da meine Mitbewohnerin bei uns die praktisch Veranlagte ist, konnte der Rüssel wieder angeklebt werden, sodass wir jetzt eine Elefanten-Auffangstation in ihrem Zimmer haben.

Und während ich diese Zeilen schreibe, stelle ich fest, dass ich mit meinem Deko-Konzept gescheitert bin. Weihnachtsdeko im Hochsommer, geflickte Tiere im Arbeitszimmer und der Keller voller Betonkerzenhalter, die übrigens von meiner Schwägerin stammen. Selbst gemacht. Bedeutet – und sie liest diesen Blog nicht -, dass wann immer sie und mein Bruder zu Besuch kommen, die Beton-Kerzenhalter aus dem Keller geholt werden müssen, um sie irgendwo präsidial zu präsentieren.

Es wäre ein Jammer, würde mir gleich nochmal der Elefant runterfallen.

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