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Was für eine faszinierende Hitze. Dieses Absondern von Wasser beim bloßen Sitzen. Wenn das Schwitzen schweißtreibend ist. Und dann diese ewige Frage: Was ist eigentlich ein Schlüsselulf? Ich habe heute die Antwort gefunden. Ein Schlüsselulf ist jemand, der nachts fremden Frauen beim Schlafen zusieht. Kein schönes Hobby und ganz sicher nicht mit geltendem Recht in Einklang zu bringen.

Schlüsselulf ist tagsüber Türöffner für Menschen, die ihren Schlüssel verloren haben. Nachts missbraucht er seine Sammlung zahlreicher Nachschlüssel, um seinem düsteren Hobby nachzugehen. Ich bräuchte heute Handyhagen, seinen Cousin, da ich mein Diensthandy ungünstig irgendwo am Rhein verlegt habe. Ich versteife mich auf die Theorie, dass es mir aus der Hosentasche gerutscht ist. Ein Nokia 6230. Tolles, robustes Modell mit VGA-Display. Akku schon seit mehreren Jahren kaputt, Anruf meist zwecklos. Doch es war mir ein treuer Freund geworden. Nach Abenden wie gestern ist morgens mein erster Gedanke „Wo ist mein Handy?“ Hab’s immer gefunden bislang. Heute, wo ich mit anderen Turbulenzen beschäftigt war, stelle ich mir erst am Nachmittag die Frage nach dem Handyverbleib, um dann festzustellen, dass es womöglich im Rhein liegt. Klarer Fall für Handyhagen, den es aber nicht gibt. In so fern ein klarer Fall für SIM-Kartenkarsten, der die Karte nun sperren wird.

„Lass Obacht unser Motto sein!“

Ich schrieb irgendwann mal einen Artikel mit dem aufregenden Titel „Typisch deutsch„, zu dem mich heute dieser Kommentar erreichte. Nicht nur, dass ich jetzt auf den Hüftschwung, den die Urheberin sich selbstlobend zuspricht, neugierig geworden bin; ich kam zusätzlich noch in die Verlegenheit, meinen eigenen Hüftschwung zu hinterfragen.

Ich sehe nicht nur unfassbar gut aus, ich kann dazu noch unmenschlich gut tanzen. Das würde ich so übrigens nie behaupten, denn es stimmt nur zur Hälfte. Beim Tanzen findet bei mir nichts statt. Nehme ich einen Rhythmus wahr, geschieht zumindest äußerlich bei mir nichts. Man trifft mich auf Tanzflächen auch nur an, wenn sie auf dem Weg zwischen Theke und Toilette liegen, wobei ich, wenn’s nicht ganz so drängend ist, die Tanzfläche auch umgehe. Vor einiger Zeit war es mal wieder soweit, ich hatte ein Getränk geordert, um es auf dem Weg zur Toilette – ich habe eine peinlich schwache Blase – zu verzehren. Dabei geriet ich auf der Tanzfläche in eine Gruppe hüftschwingender Mädels, wobei bei einem davon neben der Hüfte auch alles andere noch mitschwang. Ich habe nur blasse Erinnerungen, aber irgendwie schwang plötzlich ihr Po in mein Gesicht. Ich weiß nicht, ob ich mich warum auch immer gebückt hatte oder ob ihr Podex besonders weit oben am Körper installiert war. Aber irgendwie habe ich einen wackelnden Arsch in meinem Gesicht gehabt. Da ist nun je nach gusto nichts gegen zu sagen. Aber ich gehöre zu denen, die gerne den Namen des Pos und vielleicht noch ein paar Hintergrundinfos zum Restkörper haben, bevor es derart intim wird. Und dann war da ja noch mein Getränk, das ich zwischen mehren Hüften und Pos balancieren musste. Leichte Aggression stieg in mir auf, weil jener Po auch gar nicht mehr aus meinem Gesicht verschwinden wollte. Nahm die Frau mich eigentlich wahr? Ich bin oft unscheinbar, gehe häufig mit einem „Hallo“ in Räume rein, um erst nach mehreren Minuten wahrgenommen zu werden. Aber gerade ein Po hat doch eine sensible Oberfläche und müsste doch merken, wenn er meinen Bart tangiert.

Ich gab Laute von mir, um auf mich und meine desolate Lage aufmerksam zu machen. Die Dame drehte sich um und lachte mich aus. Gesagt habe ich: „Ich müsste mal kurz hier durch“, gedacht habe ich „Nimm deinen fetten Arsch aus meinem Gesicht, ich müsste mal kurz hier durch, ich muss pissen“. Es herrschen ja doch häufig Diskrepanzen zwischen Gesagtem und -dachtem. Es gibt gute Gründe dafür. Denn angenommen, ich hätte das Gedachte gesagt, wäre vermutlich im nächsten Moment neben dem Po der Dame noch die Faust ihres Freundes in meinem Gesicht gewesen, insofern ließ ich Höflichkeit mein Motto sein.

Nachdem noch mehrere Ellbogen in meinem Gesicht nach Platz gesucht hatten, erreichte ich dann irgendwann die Aneinanderreihnung der Urinale. Urinals? Und ich weiß, dass ich jedes Mal, wenn ich da zwischen zwei anderen so stehe, ein Gespräch anfange. Ganz anders als in Schlangen an Supermarktkassen. Aber mir will partout nicht einfallen, worüber ich dann so rede. „Guck‘ mal, wie lang“? Ich weiß es nicht. Vielleicht „Hatte eben einen Po im Gesicht. Und Ihr so?“

Ich bin auch gerne mal so freundlich und warte vor der Tür auf einen noch urinierenden Kollegen. Vor einigen Wochen lehnte ich dabei lässig mit einem leeren Glas in der Hand neben der Toilettenfrau an einer Tür und schaute mir das Treiben in der Damentoilette an. Ist ja eine ganz andere Welt. Dabei lehnte mein Arm auf der Türklinke und weil ich offenbar in einen leichten Dämmerschlaf fiel, sackte der Arm samt Klinke langsam und unbemerkt nach unten, sodass die Tür sich nach hinten öffnete und ich in einen geheimnisvollen Geräteraum krachte. Die Toilettenfrau sprang auf und ich glaubte, sie wolle mir helfen, doch sie hielt mich für eine Art Schlüsselulf (Puh, Bogen doch noch geschlossen!), der in den Geräteraum einbrechen wollte. Hätte ich das gewollt, hätte ich mich vermutlich geschickter und vor allem geräuschloser angestellt. Und ich würde nicht rücklings mitten im Geräteraum liegen, ein leeres Glas zerbrochen neben mir. Und ich weiß nicht, warum Toilettenfrauen immer eher unschlank sind, aber ich sah die nicht zu unterschätzende Gefahr, dass die Hygiene-Mama sich auf mich drauf stürzen würde, um mich dingfest zu machen. Drohte da ein zweiter Po in meinem Gesicht? Ich setzte mich voller Elan auf und erklärte in knappen Sätzen ( ;) ) die Situation und welche Verstrickungen sie herbeigeführt hatten. Natürlich hat sie jeden Abend mit Gesindel wie mir zu tun und hat dann offenbar erkannt, dass kein Grund dafür bestand, mich in irgendeiner Form ernstzunehmen. Ich durfte mit einer Verwarnung und Drohung mit dem Sicherheitspersonal den WC-Bereich verlassen, um nach einem Ausflug um die Tanzfläche herum mein zerbrochenes Glas wieder auffüllen zu lassen.