PENEBLOO

Die Überraschungsgeste für meine Mitbewohnerin ist gelungen. Ihre zwei besten Freundinnen von weit, weit weg habe ich einfliegen lassen, um in kleiner Runde ihren x. Geburtstag zu feiern. Auch wenn sie innerhalb der vergangenen zehneinhalb Jahre, die wir nun zusammen wohnen, zehneinhalb Jahre älter geworden ist, bleibt sie doch immer fünf Jahre jünger als ich, sodass ich immer das Gefühl habe, mit einem recht jungen Ding zusammen zu sein. Pardon, zusammen zu wohnen. Ich muss hier den Schein wahren. Nicht, dass ich mich dadurch jünger fühlte, eher älter – nämlich fünf Jahre. Idealer Abstand zwischen Mann und Frau, wie ich finde. Aber alles andere wäre mir auch recht.

Speziell heute fühle ich mich noch einmal älter, was aber Captain Morgan und Müller-Thurgau geschuldet ist.

Die überraschende Ankunft ihrer besten Freundinnen wäre fast durch meine Mutter verdorben worden, die zum Zwecke der Gratulation anrief und meine Mitbewohnerin dabei fragte „Und, ist die Überraschung gelungen, sind sie schon da?“. Ich hatte meiner Mutter vorher erzählt, was mein Plan war und sie hätte ihn fast ruiniert, denn zu dem Zeitpunkt war die Überraschung noch nicht vollendet. Meine Mitbewohnerin also verwirrt am Telefon, was meine Mutter dann bemerkte und vom Thema ablenkte und über das Wetter und ihren tollen Sohn sprach. Der tolle Sohn war erleichtert, als die Überraschungsgäste dann eintrudelten, weil seiner Mitbewohnerin dann endlich klar wurde, warum er sich eine Woche lang so seltsam verhalten hatte. Und in der Tat, sie hatte nichts geahnt.

Ich war gestern Abend ein wenig der Hahn im Korb und lauschte gespannt, als plötzlich über Dildos und Taschenmuschis gesprochen wurde. Bei Taschenmuschis kann ich natürlich meine Expertise abgeben, bei Dildos bin ich eher raus, habe aber viel gelernt. Man kann die Dinger inzwischen über eine Handy-App bedienen. Das Internet der Dinge hat unseren Geschlechtsverkehr erreicht! Tolle Sache! Früher habe ich mit einer Universalfernbedienung den Fernseher meines WG-Mitbewohners heimlich ein- und ausgeschaltet, während er guckte. Heute kann man sich in fremde Dildo-Spiele einloggen. Sehe da ungeahnte Möglichkeiten. Frage mich aber, welche Daten die entsprechende App weiterleitet – die Häufigkeit des Einsatzes und den favorisierten Rüttel-Rhythmus. Welche Schlüsse kann man daraus ziehen? Frigide oder nymphoman?

Plötzlich ging es auch um mich in dem Frauen-Gespräch. Während ich daneben saß. Ich bin eher nicht prüde, aber das war schon ’ne harte Nummer, da ich merkte, dass meine Mitbewohnerin sehr offen sprechen würde. Habe ich was zu befürchten? Komme ich da gleich schlecht weg mit meiner Leistung im Schlafzimmer? Hoffentlich erzählt sie nicht diese Sache mit dem … aber dann ging’s um Bondage. Woran festzurren die Seile, wenn das Bett keine entsprechenden Vorrichtungen hat? Und was soll man mit einer winzigen Peitsche?! Für mich blieben viele Fragen offen.

Ich saß mit dem Rücken vor dem offenen Fenster. Ein weiblicher Gast starrte die ganze Zeit zu mir rüber mit einem sehr interessierten Blick. Tja, kenne ich, nichts Neues, bin ein toller Typ. Dachte ich so nach einer Flasche Müller-Thurgau, wenn man beginnt, sich maßlos zu überschätzen. Irgendwann starrten auch die anderen Damen zu mir. Ich bereitete mich schon mal auf eine anspruchsvolle Nacht vor, bis ich dann merkte, dass die Blicke einem Nachbarn auf einem Balkon hinter mir galten. Und ich darf als Mann sagen, dass der Typ wirklich gut aussah. Verdammt. Stiehlt mir die Show. Ich erwähnte dann, dass sein schwuler Freund auch manchmal dazu käme und damit war der Nachbar wieder uninteressant. „Verschwendung“, sagte ein Mädel.

Jetzt ist da noch die Sache mit der Großlieferung. Eine Tüte spezieller Kekse ist Teil eines spektakulären Geschenks an meine Mitbewohnerin gewesen. Allerdings hatte ich bei der Online-Bestellung nicht richtig hingeguckt und direkt eine Palette an Kekse geordert. So richtig leuchtet der Beschenkten die Nummer nicht ein und wir haben schon damit begonnen, tütenweise Kekse im sozialen Umfeld zu verteilen; dennoch bleibt uns monatelanger Kekskonsum nicht erspart, weil wir irgendwann auch wieder in unser Arbeitszimmer reinkommen können müssen, das vorerst zum Lagerraum umfunktioniert wurde. Auch wenn dieses Geschenk überhaupt keinen Sinn ergibt, bleibt es doch unvergessen. Ich begebe mich nun in die Rekonvaleszenz und wünsche einen schönen Sonntag!