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Brueghel_-_Sieben_Laster_-_Superbia(Pieter Brueghel der Älteste, 1526/1530-1569, Sieben Laster: Stolz, Zinkstich)

Die heitere Todsünden-Reihe geht in Runde vier, die Hälfte ist damit jeden Moment geschafft, was mich mit Stolz erfüllt. Und eben nicht nur Hochmut ist mit „superbia“ gemeint, sondern auch Stolz, was die Angelegenheit nicht ganz so einfach macht. Derweil werde ich von dem ein oder anderen Leser auch in weiblichem Daherkommen darauf angesprochen, wann denn endlich die Wollust an die Tagesordnung komme, denn offenbar wird mit Wollust nur das eine konnotiert, was zur großen Enttäuschung nicht der Fall ist, dazu dann aber zu gegebener Zeit mehr.

Hier will ich unter „superbia“ verstehen: Hochmut, Stolz, Übermut, Eitelkeit. Und schon habe ich das Gefühl, diese Todsünde habe ich abonniert! Freuen wir uns also auf das Synonym für seppo:

superbia – Hochmut

Hier muss ich nun durch und es ficht mich doch nicht an, denn warum das Offensichtliche leugnen? Das leugnen, was ich auch von anderen immer wieder höre?! Natürlich gibt es Dinge, auf die ich stolz bin – und auf manches davon darf ich das durchaus auch. Die gestern erwähnte Magisterarbeit erfüllte mich damals mit ungemeinem Stolz, weil es ein großes von Fehlern vollkommen freies Werk geworden war (Hochmut!), in dem aber auch monatelange Arbeit steckte. Allein sechs Wochen gingen für tägliches Kontrolllesen drauf. Hier kann Stolz die Sünde nicht sein. Es ist vielmehr die Belohnung für einen nicht unerheblichen Preis. Stolz als Gefühl der Zufriedenheit mit sich selbst – hört sich irgendwie schon unschön an, aber so war es. Und so war es auch, als ich das erste Mal einen Halbmarathon absolviert hatte, ein Lauf, der mir heute noch in guter Erinnerung ist. Und noch stolzer war ich, als es darüber hinaus ging. Stolz ist vielleicht auch Teil der Ernte des Gesäten. Dennoch schwingt hier Hochmut mit, da es eben Stolz auf die eigene Person ist, nicht auf die Leistung, die man für andere erbracht hat, aber in dem Fall dürfte ich ja nicht darüber reden, denn es könnte mit Eitelkeit in Verbindung gebracht werden. Darum also zwar Gutes tun, sich aber nicht dafür feiern lassen. Schade, ist gar nicht so meine Art. Denn ich lasse keine Gelegenheit für Stolz aus. Nicht, weil ich stolzgeil bin, sondern weil mir bitter bewusst ist, dass sich Zeiten immer wieder ändern, gerne auch mal in eine ungünstige Richtung, sodass wir die guten genießen sollten, wobei es gilt, die Balance zu halten, was mir freilich nicht gelingt. Nicht immer, denn selbst bei mir (Eitelkeit!) durchbricht Stolz gerne mal die Schwelle zum Hochmut, zur ersten der sieben Todsünden in Abgrenzung zu Selbstachtung, die von Theologen dann doch als positiv bewertet wird. Nun gehe ich aber nicht soweit, meinen Stolz als neurotisch einzuordnen, sodass man von mir auch nicht den unsinnigen Satz hören wird, dass ich stolz sei, ein Deutscher zu sein. Ich kann ja nichts dafür, es ist keine Leistung, die ich da vollbracht habe, es ist einfach so über mich gekommen. Der stolze Arier ist somit irgendwie ein Ding der Unmöglichkeit und im Übrigen meint „Arier“ ja etwas ganz anderes, diverse Rassenideologien haben den Begriff für etwas Unschönes übernommen.

Fitzefatzefotze. Stehe unter dem Eindruck einer Helge Schneider-Doku, die ich eben gesehen habe. Der kann zum Beispiel durchaus stolz sein auf das, was er aus dem relativen Nichts aufgebaut hat. Und es spricht für ihn, dass er zumindest nicht so wirkt, als sei er stolz. Hochmut erkenne ich in ihm nicht. Aber es gab in meinem wahnsinnig erfolgreichen Leben Phasen des Hochmuts. Im Kleinen, wie vor einiger Zeit hier beschrieben, aber auch im Großen, wenn ich einem Höhenflug erlag. Ich schränke aber ein: Während eines jeden Höhenfluges warte ich geradezu nur so auf den Absturz, denn meiner eigenen Erfahrung nach kommt der unweigerlich. Zum einen möglicherweise, weil kleine Sünden schnell bestraft werden, zum anderen vielleicht nur deshalb, weil selbst der von seiner selbst Geblendeste irgendwann die Realitäten erkennt, denn Hochmut wird definiert als eine ungebührlich hohe Einschätzung seiner selbst, die offenbar von der durch Außenstehende massiv abweichen kann. Daher pflege ich zumindest in Phasen des Hochmuts, diesen für mich zu behalten, da ich ja nicht unsympathisch wirken möchte (Eitelkeit!). Immer öfter gelingt es mir, Hochmut mit Demut zu genießen, also mir einfach mal zu sagen: „Läuft ganz gut gerade, sei dankbar, denn morgen kann es schon wieder anders sein.“ So ist es leider oft und es schlägt eine Kerbe in diese Nummer, dass man das Glück nur erkenne, wenn man Unglück kenne. Andersherum ist es vermutlich nicht so. Ungerecht.

Übersetzen wir superbia als Eitelkeit, steigt mein Blutdruck leicht, denn hier fühle ich mich angesprochen. Ich beurteile mich öffentlich selbst ungern, soll heißen, die Frage „Wie schätzt Du Dich in dem und dem Punkt ein?“ beantworte ich nicht, da die Selbsteinschätzung meist eine von der durch andere Menschen abweichende ist und man böse Überraschungen erleben kann.

Ich sollte mal über Selbstwürde schreiben. Ich habe meine eimerweise abgegeben. Ich Narr.

Eitelkeit kann man mir durchaus unterstellen, zumal ich in diversen Rahmen dieses Image pflege. Und zwar im Doppelpack mit Selbstironie. Hier wird’s recht problematisch, denn die wird nicht immer erkannt, sodass der ein oder andere nur die pure Eitelkeit von mir empfängt und mich dann natürlich für ein arrogantes Arschloch hält. Arroganz übrigens ist Teil der Todsünde superbia. Doch die Kombination aus (gespielter) Eitelkeit/Arroganz und Selbstironie hat ihren Reiz, da dadurch eine Fallhöhe entsteht, die einfach mal lustig ist. Gerade dann, wenn der Hochnäsige mit seinen Realitäten konfrontiert wird (sich selber damit konfrontiert, sogar selber darauf aufmerksam macht), wird’s humorig, besonders dann, wenn er damit spielt. Aber wie das mit gespielten Images so ist, irgendwer erkennnt immer die Ironie nicht, was ich in meinem Fall als Kolateralschaden abtue, ein Preis, den ich sehr gerne zahle. Ich habe das Vergnügen, eine Person zu kennen, die extrem selbstironisch ist und auch noch toll dbei aussieht! Herrlich! Sitzt gerade in der W-Lan-freien Bahn, empfängt meine Nachrichten aber dennoch. Und es hat eine nicht unwichtige Nebenfunktion: Mache Dich über Dich selber lustig, dann können es die anderen nicht mehr. Auch hier ist wieder die Balance wichtig, weil man andernfalls zu einem lebenden Witz verkommt. Auch das passiert mir gelegentlich, aber der intelligente Adressat kann das durchaus einschätzen.

So, was ist hier nun passiert? Ich will über superbia schreiben, schreibe aber bei der Gelegenheit darüber, wie toll selbstironisch ich bin, aber gleichzeitig keine Aussagen über mich selber treffen würde. Wenn das nicht mal triefende Eitelkeit ist, die sich natürlich durch das zu allem Überfluss nach mir benannte seppolog zieht!

Es gibt einen psychologischen Test, der Narzissten entlarven soll. Er besteht aus der einen Frage „Sind Sie ein Narzisst?“ Denn der Narzisst antwortet mit „ja“. Und so macht es auch keinen Sinn und noch weniger ergibt es einen solchen, hier für mich Eitelkeit abzustreiten. Es wäre unglaubwürdig für die, die mich kennen und inzwischen auch einige, die möglicherweise das seppolog öfter lesen. Allein der Blog ist die literarische Ausgeburt meiner Eitelkeit. Ich kotze gerade selber. Allerings habe ich diese Eigenschaft für mich angenommen, denn hier und da schlage ich Kapital daraus – aber nicht auf Kosten anderer. Nur dann, wenn sie es verdient haben. Nach meinem Ermessen (Es hört einfac nicht auf!).

Und das Internet ist ja voll von selbstverliebten Menschen. Es bietet die Möglichkeit zur vollendeten Darstellung seiner selbst und des eigenen Frühstücks bei Facebook zum Beispiel. Ich hatte heute kein Frühtsück, darum auch kein Foto davon. Und da so viele davon Gebrauch machen, scheint es im Wesen des Menschen zu liegen. Und siehe da, Stolz ist nicht anerzogen, sondern angeboren, glaubt man diversen Lexika. Selten zuvor konnten wir ihn so toll ausleben, aber selten zuvor hat’s auch keinen anderen interessiert, weil er ja mit sich selber beschäftigt ist. Ich kritisiere das nicht ansatzweise, es ist einfach der Geist der Zeit, der zeigt, dass wir nicht viele andere Probleme haben, da Supermärkte inzwischen die Lebensmittel auch nach Hause liefern. Wir machen, was wir machen können. Und weil mitunter eine Todsünde dabei ist, schreiben wir uns nach dem Ableben im „Hellbook“, was wir gerade für eine Höllenqual erleiden müssen.