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So ein Urlaub tut einer Beziehung gut. Gemeinsam Neues erleben. Derzeit allerdings erleben wir getrennt Neues. Und auch nur sie, denn ich blieb zurück und hier ist (vorerst) alles beim Alten, obwohl ich vor gewaltigen Umstürzen stehe, die mir nicht Recht sind, dazu dann aber mehr, wenn es soweit ist.

Meine Mitbewohnerin sucht also die Sommerfrische auf einer Insel hinter dem Winde, während ich Sturmtief „Zeljko“ vom Balkon aus beobachte. Sie sitzt noch nicht im Flieger, da öffne ich bereits eine Sektflasche, als wäre es ein Grund zum Feiern. Ist es natürlich nicht, aber so eine Woche als Strohwitwer begrüße ich durchaus. Aber warum? Denn auch in ihrer Anwesenheit kann ich tun und lassen, was ich will. In einigen Tagen zum Beispiel übernachtet möglicherweise eine Freundin bei mir. Meine Mitbewohnerin sagte vor ihrem Abflug, diese Freundin könne ja dann durchaus auf ihrer Bettseite schlafen, das sei kein Problem. Da fragte ich mich, ob denn ein bisschen Eifersucht zuviel verlangt sei?! Denn es handelt sich bei jener Freundin nicht um eine 300-Kilo-Frau mit Bart, sondern um eine solche, wo Eifersucht absolut angebracht wäre. Stelle ich mir umgekehrt vor, ein Typ würde neben meiner Mitbewohnerin auf meiner Bettseite nächtigen, müsste ich mir den Knaben zumindest mal genauer ansehen, bevor es da mein Einverständnis gibt. Jederzeit aber dürfte eine Freundin meiner Mitbewohnerin auf meiner Seite schlafen. Oder in der Mitte. Da ergäben sich dann ja ganz neue Möglichkeiten …

Unterliegt man in einer Beziehung so gut wie keinen Einschränkungen, fragt man sich als Strohwitwer, was nun mit der „freien“ Zeit anzufangen ist. Als erstes habe ich an meinem Auto geschraubt, denn das sieht sie nicht so gerne, weil ich meist etwas dabei kaputtmache. Nachdem der ADAC dann weg war und das Auto wieder lief, ging ich gestern angeln. Das hab‘ ich das letzte Mal mit 18 oder 19 getan. Allerdings aß ich schon damals keinen Fisch, sodass ich den weiterreichte an meinen Nachbarn Pavel, der allerdings mit einer Fischvergiftung im Bett liegt und mir beim späteren Saufen keine große Hilfe war. Ich hatte noch Sekt im Hause, der allerdings gar nichts bei mir ausrichtete, sodass ich ihn schon für alkoholfrei hielt. Nach dem vierten Glas hatte ich schon keine Lust mehr und es kam, was immer kommt, wenn man zu viele Möglichkeiten hat: Man entscheidet sich nicht. Teile meines Umfeldes waren jüngst überrascht, als sie hörten, dass ich seit „Wolfenstein 3D“ Ego-Shooter spiele. Ich selber finde das irgendwie so gar nicht ungewöhnlich und gestern spielte ich den Gesamtbestand durch, jeweils für zwei Minuten, weil ich immer das wollte, was ich gerade nicht spielte. So erging es mir dann auch bei Netflix. Zunächst setzte ich „sense8“ fort, um dabei festzustellen, dass es mich nach „Bates Motel“ gelüstete. Staffel 2 langweilt mich da aber, sodass ich gleich mehrere Filme begann, bis ich einen fand, den ich dann aber auch nicht zuende guckte, weil ich ja noch „Frasier“ auf DVD habe. Dabei allerdings überkam mich Lust auf mein Angler-Magazin, das ich parallel las. Pornographie spielte gestern nur eine untergeordnete Rolle.

Der heutige Sonntagmorgen begann dann schon recht abenteuerlich. Ich erwachte ob eines Lautes, der in der Wohnung verursacht worden war. Verschiedene Optionen ging ich im Kopf durch: Entweder ist der Beinhaarrasierer wieder einmal von der Wand gefallen oder die Honigmelone ist abermals vom Küchentisch gerollt. Beides nicht der Fall, ich habe das Rätsel bislang noch nicht lösen können. Die wahrscheinlichste Ursache ist wohl der Sektflaschenverschluss, denn der lag tatsächlich auf dem Boden. Aber der hüpft doch nicht einfach so aus der Flasche?!

Während ich hier über Belanglosigkeiten schwadroniere, vergnügt sich meine Mitbewohnerin mit einem braungebrannten Typen auf Barbados; mit einem Barbadosianer. Oder Barbadossen. Ich weiß es nicht. Nun, ich hab‘ ja noch mich. Das läuft hier gleich so ab, dass ich bis etwa 13 Uhr lesend im Bett verweile (Lese derzeit über Fluch und Segen der Soja-Bohne. Wir machen uns hier keine Vorstellungen über die Krebssteigerungsraten in den Anbaugebieten …), bis Formel 1 beginnt, die ich in Unterhose vom Sofa aus betrachte. Was aber nicht ausschließt, dass ich dabei einen Anzug trage, ist ja schließlich Sonntag.

Meine Mitbewohnerin teilte mir mal mit, dass sich im gemeinsamen Urlaub erst zeige, ob wir wirklich zusammen passten. Nach zehn Jahren informierte sie mich über diesen Umstand. Während ich als unkompliziert denkender Mann natürlich der Meinung bin, dass nach zehn Jahren der Beziehung ein Urlaub wohl kaum ein Problem sein könne, zumal ich im Urlaub ein völlig anderer Mensch bin („Urlaubsseppo“; der hatte ihr sehr gefallen.). Aber es sei wohl so, dass Paare außerhalb des Urlaubes nur etwa zehn Minuten pro Tag kommunizieren. Wenig Raum also, zu kollidieren, anders als im Urlaub, wo man schon mal 15 Minuten miteinander sprechen muss. Diese fünf Minuten Differenz bergen also Katastrophenpotenzial. 70 Prozent aller Paare trennten sich einer Studie zufolge nach dem Urlaub. Aber immerhin hatten die statistisch gesehen mehr Sex in ihrer Sommerfrische. Gründe dafür sind Sonne, Strand und viel, viel nackte Haut um einen herum. Davon kann ich ein Lied singen – wo man hinguckt: Brüste. Also jetzt nicht unbedingt im Ski-Urlaub. Ich neige eher zum Strand. Und da muss man sich schon mal gelegentlich auf den Bauch legen oder eben ins Wasser.

Und nun zu einem ganz besonderen Service. Meine Mitbewohnerin wird hier nahezu täglich mir aus ihrem Urlaub berichten. Der Live-Ticker zum Urlaub.

+++ gerade süßen sonnenbrillenverkäufer kennengelernt +++ mach dir keine sorgen, ich interessiere mich nur für seine sonnnenbrillen +++ er hat ein tolles haus +++ oh, den gibt es auch in sooooo groß?!?! +++ hatte gerade eine begegnung mit einer schlange, sorge dich nicht +++ ich meinte eben wirklich schlange, keine bange! +++ der typ ist mit meinem geld abgehauen, es war gar nicht sein haus +++ bin gerade auf einer art polizeiwache, kannst du mir geld schicken? +++ die deutsche botschaft lehnt hilfegesuch ab, komme vermutlich sehr viel später wieder zurück +++ von wegen, sie darf auf meiner bettseite schlafen!