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Noch immer weile ich im Bett und freue mich über einen versauten Start Hamiltons in Ungarn. Wäre mir nicht passiert. Ein Startabbruch am Anfang, vielleicht schon der Höhepunkt beim heutigen Formel 1-Rennen, einem Sport, der unfassbar langweilig ist, zumal ich das Regelwerk inzwischen nicht mehr durchschaue.

Meine Mitbewohnerin ist im wohl verdienten Urlaub, ich ließ mich zurück und habe es immerhin heute schon geschafft, Altpapier wegzubringen. Das sieht bei mir so aus, dass ich in einem unbeobachteten Moment die Zeitungen aus dem Fenster werfe. Nein, natürlich nicht.  Aber als ich so zum Container ging, fielen mir zwei Dinge auf: Zum einen frage ich mich, warum die Dinger so hässlich aussehen müssen. Überhaupt finde ich das Straßenbild mitunter sehr hässlich. Es wimmelt hier in meinem Umfeld von mindestens vier Altkleider-Containern, die auch schon unverbeult und unverschmiert einfach nur bekackt aussehen. Die Gestalter sollten sich ein Beispiel nehmen an den hier in Düsseldorf aufgestellten „Giveboxen“, die etwas wohnliches haben. Für die Unwissenden: Dort kann man beispielsweise alte Bücher (auch neue) hinterlegen, die der nächste dann mitnehmen kann. Ich werfe dort aus Neugier oft einen Blick rein und muss feststellen, dass, sofern die Box nicht gerade abgefackelt wurde, dort auch viel Hausmüll rumliegt, da die Boxen gerne missbraucht werden. Aber für Bücherfreunde ein el dorado. Ich selbst hole mir dort immer Kochbücher für meinen Koch-Blog.

Es ist banal, wie ein Startabbruch bei der Formel 1 von zwei Kommentatoren ausdiskutiert wird. Weil eben nichts spannenderes geschieht. Startabbruch in der Wiederholung sieht auch knorke aus: Man sieht noch einmal, dass alle „Boliden“ stehenbleiben.

Zum anderen fiel mir mein Tinnitus auf, der heute recht präsent ist. Ich leide nicht (mehr) unter ihm, da ich mir denke, es gibt schlimmere Formen dessen und überhaupt schlimmere Erkrankungen. Doch als er mich Ende 2009 heimsuchte, war ich äußerst beunruhigt. Die Ursachen sind unklar. Stress, bla bla. Ja, den hatte ich damals massiv, aber meiner Meinung nach hab‘ ich da irgendwas verschleppt, vielleicht eine Mittelohrentzündung im Zuge einer damals recht hartnäckigen Grippe mit Rippenfellentzündung. Es begann harmlos. Denn ich habe die Zeichen nicht deuten können.

Ich fuhr durch den Düsseldorfer Rheintunnel und stellte fest, dass ich rechts oder links nichts mehr hörte. Dachte, da sitzt ordentlich Schmalz am Trommelfell, der sich schon lösen wird. Ich wusste in dem Moment nicht, dass das bereits ein Hörsturz ist. Drei Tage später suchte ich einen HNO-Arzt auf, da das Gehör inzwischen einseitig komplett weg war. Und wer das Vergnügen einmal hatte, nur einseitig zu hören, der weiß, dass man darüber dem Wahnsinn verfällt, da man den Ursprung von Geräuschen nicht mehr zuordnen kann und sich unfassbar konzentrieren muss, um überhaupt verschiedene Klangquellen auseinander zu halten.

Als ich beim Arzt war, war die Nummer schon akuter. Der Arzt, der eine Ärztin war, sagte mir recht trocken „Ist wohl ein Hörsturz“, worauf ich fragte „Und nun?“, denn ich war überrascht, stellte mir unter Hörsturz etwas massiv Schmerzhaftes vor. „Da können wir nun nichts machen“, sagte sie, womit sie de facto Recht hat, den Patienten allerdings etwas enttäuscht zurücklässt. Es kamen dann Placebo-Therapien auf mich zu, die aus eigener Tasche gezahlt werden müssen. Infusionen und eine Rotlichtbestrahlung oder irgendwas mit Ultraschall durch die Nase. Hat natürlich ’nen Scheiß gebracht. Ich fuhr nach Hause und hörte auf einem Ohr ein Geräusch, das dem einer sehr lauten Maschine aus deutscher Exportproduktion nahekommt. Man macht sie keine Vorstellungen. Ich saß in der Straßenbahn und wusste nicht, macht die Bahn gerade die Geräusche oder sind sie in meinem Hirn. Sie waren in meinem Hirn. Die quälende Geräuschkulisse ist das eine, das Ergebnis des Hörtestes auf dem betroffenen Ohr das andere. Denn mein Hörvermögen war etwas dürftig und in einigen Fällen käme es aber wieder zurück. Hört, hört!, dachte ich und ließ mich krankschreiben. Auf Knien dankte ich meinem Schicksal, dass die Maschinengeräusche mit jedem Tag leiser wurden und das Gehör auch messbar wiederkam. Es blieb bis heute ein sehr hoher Fiep-Ton, der dem eines alten Fernsehers nahekommt. Das kann gerade beim Einschlafen schon einmal sehr stören. Und immer wieder sagten mir Ärzte, Stress sei die Ursache. Tatsächlich kann Stress eine Ursache sein, aber Stress wird immer gerne dann herangezogen, wenn keine andere Ursache bekannt ist. Ich glaube in meinem Fall nicht daran, auf Stress reagiere ich eher mit Verzweifelung und Einkehr in mich selbst.

2009 hatte ich noch die Hoffnung, dass ich Weihnachten 2010 tinnitusfrei verbringen kann, inzwischen ahne ich, das Fiepen bleibt solange, bis ich die Frequenz altersbedingt nicht mehr hören kann. Wichtiger allerdings ist, dass es bei diesem einen Hörsturz bleibt, denn ich höre immer nur von Menschen, die mindestens zwei hatten. Darum bombardiere ich meine Schläuche im Gesicht mit Medikamenten, sobald eine Erkältung herannaht, damit da bloß nichts aufs Ohr übergreift. Interessanterweise habe ich den Tinnitus auf beiden Ohren. Der Hörsturz war nur links. Irgendwie untypisch, aber ich hinterfrage es schon nicht mehr, stelle aber während des Schreibens gerade fest, dass der Tinnitus mich irgendwie so gar nicht mehr stört, sodass ich in demütiger Dankbarkeit in den Himmel blicke.

Vettel noch auf eins, läuft.

Eines allerdings hat sich seit dem Tinnitus verändert. Ich bin lärmempfindlich, ich hasse Lärm, ertrage ihn nicht. Ich will ihn mögen, aber es funktioniert nicht. Und hier tangieren wir die Menschenmassen, die ich ja noch ausführen muss, wie unser Nachbar seinen Hund, den er laut Mietvertrag gar nicht haben dürfte.

Da sich der Akku meines Chromebooks zuneige neigt, also zuneige geht, zuneigt gewissermaßen, mir also in wenigen Minuten nicht mehr zugeneigt ist, muss ich mich nun bewegen. Zur Debatte steht der anliegende Park, wo mich eine Festivität möglicherweise mir zu Ehren erwartet, aber auch das Treffen mit einem Tinder-Match. Hehe, nun wird jemand auf einer Insel hinter dem Winde nervös. Kein Grund.

Was fiept hier so?!