Was bisher geschah …

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Genugtuung überkam mich während des gestrigen Whatsapp-Telefonats mit meiner Mitbewohnerin, die derzeit Urlaub auf Barbados, einer Insel hinter dem Winde, macht. Hintergrund ist mein fanatisches Sicherheitsdenken, das ich nach Meinung meiner Restfamilie von einem Großonkel geerbt haben soll, der immer ein derart extremes Plattdeutsch gesprochen hatte, dass ich nie gewusst hatte, was er von mir gewollt hat, wenn er seinen kalten Zeigefinger unter mein Kinn drückte, was wohl eine liebevolle Geste sein sollte. Man unterschätzt gelegentlich vermutlich, wie leicht sich Fünfjährige verschrecken lassen. Zumal man in dem Alter noch nicht weiß, dass man zehn Jahre später diese Geschichte bei jedem Familientreffen, sofern der Großonkel schon das Zeitliche gesegnet hat und nicht mit am Tisch sitzt, auf eben jenen Tisch auftischen kann. Und nun heißt es dann immer „Ach Sebastian, das war genau so ein Sicherheitsfanatiker wie Du!“

Meine Sicherheitsbedenken erstrecken sich – nein, erstreckTen sich – auch auf meine Digitalkamera, die ich von meinem mageren damals noch Volontärsgehalt erworben hatte. Sie kann nichts besonderes, sie beschränkt sich auf das Abbilden von Motiven.

Ich mag Spießer sein, den Kampf gegen diesen Ruf habe ich bereits aufgegeben. Aber wenn ich diese Kamera in die Hand nahm, schlüpfte ich als erstes durch diese Trageschlaufe, die hier im Weiteren „Sicherheitsschlaufe“ genannt werden soll. „So rutscht sie Dir zwar auch aus der Hand, fällt aber nicht zu Boden“, belehrte ich ungefragt meine Mitbewohnerin, die dadurch natürlich einen völlig unnötigen Respekt vor dieser Kamera bekam. Oder Angst. Vor mir. Jedes Foto ein Balanceakt.

Und so fragte sie auch ehrfurchtsvoll am Wochenende, ob sie die Kamera mit auf Barbados nehmen dürfe. Überhaupt kein Problem, sagte ich, warum auch. Ich erwähnte nicht die Sicherheitsschlaufe! Und nun erreichte mich gestern ihr Anruf, der dieses Mal via Internet völlig problemlos verlief, zumal es auch albern wäre, den gestrigen Scherz hier abermals aufzugreifen, obwohl es mich juckt.

Ich muss Dir was beichten!

Ich überlegte. Was kann geschehen sein? War da doch ein Sonnenbrillenverkäufer, mit dem sie durchgebrannt ist? Oder gab es da wirklich einen Frank, der mir meine Rolle streitig machen würde? Nein, sie hat bestimmt ihren Bikini verloren, denn sie ist unschlagbar darin, Textilien zu verlegen. Ich wurde vor einigen Monaten als Held gefeiert, als ich ihren linken selbstgestrickten Handschuh im Park wiederfand. Und ihren stetigen Mützenverlust will ich gar nicht ansprechen. Sie weiß es ja selber und strickt nicht umsonst alles im Doppelpack – eine Mütze zum Verlieren, eine zum Tragen. Bikinis strickt sie nicht selber, aber meinem Eindruck nach kauft sie ständig neue. Vermutlich geht da auch der ein oder andere verlustig, was sie mir gar nicht mehr mitteilt. Doch es ging um etwas anderes:

Ich habe ein Foto machen wollen!

Da war es mir eigentlich schon klar und ich brach in schallendes Lachen aus. Ihr war meine Kamera, die ja irgendwie inzwischen eh unsere war, aus der Hand gerutscht. Ich überlegte, ob ich ihr die Sicherheitsschlaufe unter die Nase reiben sollte, aber das tat sie dann selber.

Ja, ich weiß, die Schlaufe!

Ich brach erneut in ähnlich schallendes Lachen aus wie zuvor und vermisste sie in dem Moment auch ein wenig. Es war mir natürlich auf einer, sagen wir mal, scherzhaften Ebene eine gewisse Genugtuung. So ist das mit Sicherheitsfanatikern. Wenn dann endlich mal der an sich unwahrscheinliche Unglücksfall eintritt, fühlen sie sich und ihr Lamentieren bestätigt. Es geht tausendmal gut, aber dieses eine Mal spielt ihnen in die Hände.

Wir kaufen Dir am Samstag direkt ’ne Neue!

Nicht nötig, ich nutze eh eher das Handy, da ich kein großer Foto-Fetischist bin. Und um das deutlich zu machen, ich bin ihr kein Stück böse.

Vermutlich bloggst Du darüber noch heute?

War auch mein erster Gedanke, darum schickte sie mir das Foto der demolierten Kamera zu. Das Objektiv, so es diesen Namen überhaupt verdient hat, lässt sich nicht mehr einfahren. Hat was von einer Dauererektion, die auf Dauer nicht schön ist. Optisch vielleicht ja, aber dann doch störend. Diese Kamera hat somit das Zeitliche gesegnet und ihr letztes Motiv Silvester vergangenen Jahres aufgenommen, was mein nackter Arsch mit einer Wunderkerze war. Frohes Neues, fünf Minuten zu früh wegen einer Differenz zwischen meiner Uhr und allen Atomuhren dieser Welt. Gebloggt habe ich dann ganz offenbar erst heute, da ich mich gestern Abend in Sekt erging. Nun bin ich kein Sekttrinker, aber neben fehlenden Lebensmitteln im Hause, fehlt es mir auch an Wein, dem ich sehr zugeneigt bin und umgekehrt verhält es sich ähnlich. Von jener Überraschungsparty war neben einem Mango-Saft noch dieser Sekt übrig, der mich erheitern sollte, was er abermals nicht vermochte.

Ich kann mir vieles vorwerfen, aber nicht schlechten Schlaf. Ich schlafe recht gerne und meist auch nachts. Seit meinem Zivildienst bürgerte sich extrem frühes Aufstehen ein. Nicht im Bürgertum an sich, sondern bei mir. Fünf Uhr musste ich damals raus, um Popos sauberzumachen. Jobbedingt behielt ich das bei, um auch noch vor der Arbeit laufen gehen zu können. Völlig stressunabhängig gelang mir babygleicher Schlaf. Das allerdings gerät immer dann aus den Fugen, wenn meine Mitbewohnerin alleine auf Reisen ist (es ist nicht so, dass sie mich nicht dabeihaben will). Ich kann dann einfach nicht so gut schlafen, obwohl ich die ersten 33 Jahre meines Lebens alleine selig schlief. Aber hat man sich erstmal an das paarweise Schlafen gewöhnt, ist lonesome sleeping, wie die Schlafforscher möglicherweise sagen, plötzlich ein Problem. Woran mag das liegen? Angst vor Einbrechern? Nein, die haben Angst vor mir. Angst vor der Dunkelheit? Nein, denn meine Mitbewohnerin leuchtet ja nicht im Dunkeln. Es ist wohl dann doch eine Frage der Gewöhnung, obwohl wir auch nicht eng umschlungen einschlafen, sondern mit möglichst viel Abstand. Man will ja doch seine Ruhe haben, wenn es um so etwas Ernstes wie Schlaf geht. Es ist uns allerdings einmal gelungen, dass ich auf ihr einschlief und sie ist ein so guter Mensch, dass sie dann auch abwartet, bis ich wieder wach werde. Damals war es ein Nachbar, der schellte, sodass ich vor Schreck von meiner Mitbewohnerin runterfiel.

Mit meiner ersten Freundin ist es mir mal passiert, dass ich recht volltrunken (Wein, der gute Wein) während des Aktes auf ihr einschlief, was sie mir übel nahm, aber ich war eben sehr müde.

Abschließend bleibt mir noch ein Gruß an meine Mitbewohnerin auf Barbados, ich hätte gerne diese Kamera!