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Es gibt ja in Beziehungen Dinge, die sich nie ändern, egal, wie oft man sie beim jeweils anderen moniert, bis sie irgendwann zu der Beziehung dazu gehören und sie im schlimmsten Fall ruinieren. Zu jedem Menschen gehören Eigenschaften, die ihm eigen sind und die man auch nie wird abstellen und mit der Zeit wird immer weniger ignorieren können. Sie können der Grabstein der Beziehung sein. In meinem für ein gemeinsames Mietverhältnis erstaunlich engen Zusammensein sind wir noch weit davon entfernt. Glaube ich. Denn es ist ja so, dass Frauen über einen langen Zeitraum eher innerlich hadern und dann plötzlich eine Entscheidung möglicherweise gegen die Beziehung treffen, die, die Entscheidung!, dann aber in Zement gemeißelt ist, wenn sie diese ihm bekannt gibt. Es ist also durchaus möglich, dass meine Mitbewohnerin mir schon morgen das Mietverhältnis kündigt, woran dann nichts mehr von meiner Seite aus zu rütteln ist. Ich zitiere hier irgendeine Studie, von der ich mal las.

Ich wage heute also den Test, sie gegen mich, wessen Charakter bietet mehr Katastrophenpotenzial?

Ich: Rülpswasser

Wir haben zuhause einen Wassersprudler, eine sensationelle Erfindung aus Israel übrigens, die das gesunde Leitungswasser (gesünder als Tafelwasser!) mit dem prickelnden Blubber verbindet. Man möchte hier von Sprudelwasser sprechen. Nebenbei erspart es das Schleppen von Wasserkästen und zumal die Rückgabe von Pfandgedöns. Und ich stehe auf CO2, leiste da auch gerne meinen Anteil am Klimawandel und da man die Menge des Blubbs per Knopfdruck bestimmen kann, kam ich irgendwann auf den Trichter, ungefähr zehn Mal den Knopf zu betätigen, der die CO2-Flasche melkt. Auf diese Weise erhält man eine Flasche hochexplosiven Sprudelwassers, von dem man nur schluckweise trinken kann, da es einem sonst die Speiseröhre wegätzt. Und dem Trinkvorgang sehr zeitnah folgt ein Rülpser ungeahnten Ausmaßes mit erfrischend befreiender Wirkung, da man kurz nach dem Trinken fürchtet, brechen oder sterben zu müssen. Meine Mitbewohnerin ist über dieses Vorgehen nicht unbedingt erbaut, zumal sie mir gerne unter die Nase reibt, dass ich in den ersten Jahren unseres Zusammenseins nicht vor ihr gerülpst hätte. Aber damals hatten wir ja auch noch keinen Wassersprudler …

Entscheidend ist nun, was ich vorher gegessen habe. Denn die olfaktorische Wirkmacht eines solchen Mega-Bäuerchens ist nicht zu unterschätzen. Ich erinnere mich gern und vor allem mit einem animalischen Stolz an einen ebenso animalischen Rülps nach dem Verzehr eines Curry-Hühnchens. Wir mussten ohne Witz nach diesem Aufstoßen das Fenster öffnen, da der Curry-Geruch, der Geruch von bereits gegessenem Curry, das Zimmer kontaminierte, sodass kaum ein Atemzug zu bewältigen war. Mich hatte das sehr amüsiert und wir erinnern uns heute noch gerne daran. Und wenn ich schreibe „wir“, meine ich eher „mich“, denn ihr graust es, wenn ich ausgerechnet abends zum Zubettgehen noch eine Flasche „Rülpswasser“ produziere, was sie an dem seeeehr lauten Geräusch des Sprudlers schon erkennen kann. Dann trinke ich ein, zwei Schluck aus der hochexplosiven Flasche, gehe zu ihr ins Bett und merke schon, da rührt sich was im Magen. Denke aber noch, ich schaffe es, mich zumindest über sie rüberzulehnen zwecks einer zärtlichen Umarmung und zack – da kommt er, der provizierte Super-Rülps. „Das ist eher unattraktiv“, sagte sie gestern noch zu mir. Was mir vollkommen klar ist. Aber ich bin der Meinung, Männer dürfen das. Sie fühlen sich dann männlich. Und auf männlich stehen Frauen. Welch‘ ein Irrglaube. Und auch, wenn es der Geschichte abträglich ist, erwähne ich hier, dass ich ihr natürlich nicht ins Gesicht rülpse.

Eine sehr miese Eigenschaft, es steht also eins zu null für sie. Doch ich gleiche aus und werfe ihr dieses vor:

Sie: Nagellack

Nichts gegen Nagellack, macht mich in diversen Situationen sehr an und sieht natürlich auch hübsch aus. An den Fingern. Oder an den Zehen. Aber eben nicht an folgenden Gegenständen:

  • Kühlschrankgriff
  • Küchenschubladengriffen
  • Toilettenspülkasten
  • Türklinken
  • Waschmaschinentür

Diese Nagellack-Nummer ist ja insgesamt schon ein Phänomen, denn mann möchte ja meinen, ein Fläschchen pro Farbe müsse ausreichen. Einen roten, einen grünen, einen pinken und so weiter. Aber sie verfügt über eine ganze Kiste voller Nagellack. Da sind mehrere grüne, violette und auch transparente. Für jeden Grünton eine Flasche. Oder für jeden Finger?! Die einen glitzern, die anderen sind matt, wieder andere sind irgendwie nur zum Abdecken. Dass gelegentlich die Dinger überall rumstehen – geschenkt. Ich werfe sie zurück in die Kiste. Dass sonntags bei „dm“ im Bahnhof ein neuer grüner gekauft werden muss, hinterfrage ich nicht trotz der zehn sich schon zuhause befindlichen anderen grünen. Ich halte mich angesichts meiner Socken-Auswahl da zurück.

Nun ist es ja so, dass ich naturgegeben, oder je nach Ausrichtung gottgegeben, ein die Ordnung liebender Mensch bin, den eine Staubschicht schon mal um den Schlaf bringen kann. Somit ist es keine Seltenheit, dass man mich mit einem Putzlappen in der Hand in der Wohnung antrifft, in der anderen Hand einen hochaggressiven Reiniger. Zur Zeit ist es ja en vogue, dass deren Verpackungen in einem aggressiven Violett- oder gar Pinkton gehalten sind und Namensteile aus „Power“ bestehen. „Bref Power“. Das klingt schon fast männlich, möglicherweise will man hier gezielt den Mann ansprechen. Bei mir jedenfalls klappt es. Doch soviel Putzkraft sie auch versprechen, vor einem kapitulieren sie alle: vor Nagellack. Und es sind eben die oben aufgezählten Stellen, auf die ich beim Putzen treffe und vor dem scheinbar unlösbaren Nagellackproblem stehe, das sich beim beispielsweise Betätigen einer Schublade als unerwünschte Nebenwirkung ergibt: ihre Nägel färben auf die Möbel ab.

Für Nagellackträger und -trägerinnen liegt eines ja sehr nahe: dass eben diese Kollateralschäden sich am besten mit was entfernen lassen? Mit Nagellackentferner! Ich brauchte einige Jahre, um auf diese Idee zu kommen, aber seitdem ich das weiß, putze ich sehr viel mit Nagellackentferner, da nichts so toll reinigt wie eben der. Ich habe im Frühjahr sämtliche unserer Heizkörper mit flaschenweise Nagellack gereinigt, man wundert sich und staunt ob des Ergebnisses. Soviel Sterilität war nie bei uns! Und nun nervt nicht nur sie mit Nagellackentfernergeruch, sondern auch ich. Die ganze Wohnung duftet nach Nagellackentferner.

Ich also mit Megarülpsern, sie mit Nagellackhinterlassenschaften. Es steht, würde ich mal sagen, eins zu eins. Ich habe sie beauftragt, weitere Dinge aufzuzählen, mit denen ich sie nerve, der Test wird also fortgesetzt – im seppolog, also hier!