Zu Teil I und II, aber auch ohne Vorkenntnisse lesbar!

paaaar

Noch steht es unentschieden, zwei zu zwei, noch haben meine Mitbewohnerin und ich jeweils gleich viele Macken, die den jeweiligen anderen nachdenklich stimmen über ein Fortsetzen des Verhältnisses. Wer also killt unsere Beziehung, wer hält der Last der Fehler des anderen nicht mehr stand? Aus aktuellem Anlass beginne ich heute mal mit einer ihrer Macken. Und ich glaube, es ist die schlimmste (Was aber für sie spricht!).

Eigentlich ist das Schlimmste, was kommen kann, die Frage „Sind wir nicht doch zu verschieden?“ Auf diese recht ultimative Frage sollte mann vorbereitet sein. Ich habe für diesen nicht unwahrscheinlichen und jüngst eingetretenen Fall inzwischen eine Argumentation zurechtgelegt: Es geht eben nicht um möglichst viele Gemeinsamkeiten, denn das wäre ja zu einfach. Natürlich muss es Dinge geben, die man zusammen machen kann. Da sind wir inzwischen sehr kreativ. Sex zum Beispiel eignet sich hervorragend für Zweisamkeit, wobei die Runde natürlich erweitert werden kann; entsprechende Kandidatinnen wissen Bescheid. Oder jüngst entdeckten wir das Laufen zu zweit für uns. Bei der Liebe, ich darf das mal hier so schwurbelig schreiben, geht es doch um – mir fällt kein besserer Begriff ein – um Schwingungen, die wir bewusst gar nicht wahrnehmen. Ich glaube, dass es deshalb zu ungewöhnlichen Konstellationen zwischen Menschen kommen kann, die funktionieren können. Meine Mitbewohnerin und ich sind natürlich sehr verschieden. Aber das macht zumindest für mich den Reiz aus. Unmöglich die Vorstellung, ich sei mit jemandem zusammen, die wie ich wäre. Obwohl … Nein, geht nicht. Es muss sich ergänzen. Vielleicht ergänzen sich unsere Macken, um die es heute gehen soll. Wir beginnen ausnahmsweise mal mit einer der ihren.

Entscheidungsfreude

Ich bin absolut entscheidungsfreudig. Ich hasse Diskussionen, die sich im Kreise drehen; ich verstumme dann meist und warte auf die Entscheidung. Wenn es um Anschaffungen geht zum Beispiel. Als wir vor drei Jahren zusammenzogen, hatten wir nichts, für das sich eine Hausratversicherung gelohnt hätte. Ich wollte möglichst schnell Möbel haben und entsprechend zügig fielen bei „Möbel Boss“ und „Ikea“ Entscheidungen. Die Wohnwand beispielsweise. Was für eine Fehlentscheidung meinerseits! Braun! Zum neu verlegten braunen Parkett! Mehr Siebziger geht nicht! Fiel mir leider erst auf, als die Wand stand. Nur wenige Monate haben wir das ertragen können, sodass sie Wohnwand, sehr deutsch übrigens, was mich leicht geil macht, zuerst den Raum wechselte und schließlich im Keller landete, bevor sie den Recyclinghof in Flingern kennenlernte. Wir tauschten sie gegen ein weißes Arrangement aus. Von „Ikea“. Eher hochwertig, kein Schrott.

Mir fällt auf, ich wollte ihr an dieser Stelle fehlende Entscheidungsfreude vorwerfen, merke aber, dass man mir überschnelle vorwerfen könnte. Mal sehen, wie ich das drehe … Nicht lange fackeln, bereuen kann man hinterher, denke ich immer und hier lief es ja genau so ab.

Am vergangenen Samstag ging es in den „Mediamarkt“ mit dem Ziel, einen neuen Rechner für sie zu kaufen. Das allein macht mich ja schon neidisch, denn ihrer würde neuer sein als meiner. Und damit besser als meiner. „Du darfst dann auch mal ran“, sagte sie, was geschrieben irgendwie doppeldeutig ‚rüberkommt.

Wenn ich zwecks einer solchen Anschaffung das Geschäft betrete, ist für mich völlig klar: Ich verlasse den Konsumtempel nicht mit leeren Händen. (Daher habe ich schon viele Fehlkäufe zu verkraften gehabt.) Nun schränke ich allerdings ein, dass es in diesem Fall um eine eher teure Anschaffung ging, die ja durchaus überlegt sein sollte.

Im Visier hatten wir einen „All-in-One“-Rechner, den sie aus einem sehr praktischen Grunde schätzt: kein Turm unter’m Schreibtisch. Ich hingegen bin Freund der Geräte, die man zwecks Aufrüstung aufschrauben kann. Problem war nun, dass die Allesineinem-Geräte ungleich teurer sind, dafür aber auch hochgradig toll aussehen. Dazu gesellte sich die Problematik, dass sie entweder einen großen (neuen) Monitor braucht oder zwei kleine, die sie schon hat. Die aber sind so alt, dass die Anschlüsse nicht mehr an neue Rechner passen. Ein günstiger PC mit Turmlösung ginge somit einher mit einem neuen Monitor, was im Gesamten so teuer geworden wäre wie jener „All-in-One“-„Lenovo“ mit großem Monitor, der sich uns angeboten hatte. Hin- und hergerissen taten wir etwas, was zumindest ich sonst meide: Wir sprachen einen „Verkäufer“ an. Ich selber glaube ja, dass ein „Mediamarkt“-Verkäufer nur ein Interesse hat: verkaufen. Nicht informieren. Das tat ich im Markt selber via Netz. Nun war dies kein „Mediamarkt“-Verkäufer, sondern einer, der lediglich für „Lenovo“ zuständig war, wie sein Namensschild zeigte. Da war natürlich klar, zu welchem Kauf er raten würde und ich sagte ihm dann auch auf sein „Lenovo“-Schild deutend, dass er wohl kaum neutral berate. „Ich mache hier ja nicht die Preise, auch privat finde ich ‚Lenovo‘ toll“, erwiderte er, was sollte er auch sonst sagen. „Wir gucken dann mal weiter“, meinte ich abwimmelnd und gingen zu den Macs, von denen ich glaubte, die seien schon lange aus dem Rennen. Schlechtere Ausstattung als der „Lenovo“ und doppelt so teuer. Also zurück zum „Lenovo“ und ich kenne natürlich meine Mitbewohnerin und wusste bereits hier, es wird heute nichts gekauft. Selbst wenn wir es samt Gerät bis zur Kasse schafften, sie würde spätestens dort umkehren und es sich anders überlegen. Wie oft stand ich schon mit ihr an der „H&M“-Kasse, wo sie kurz vor dem Bezahlvorgang sich doch noch gegen ihre Auswahl entschied. Und das nach langem Anstehen an den Kabinen; ein Phänomen, das ich nur von „H&M“ kenne und meide.

Nach gefühlten zwei Stunden verließen wir unverrichteter Dinge das G’schäfterl, wie es bei Hape Kerkeling mitunter heißt, um zuhause uns für den „Lenovo“ zu entscheiden, den ich dann vorgestern holte. Tatsächlich war er bei „Mediamarkt“ rund 300 Euro günstiger als bei anderen Läden und „Lenovo“ selbst. Denn die Preise macht ja nicht der „Lenovo“-Verkäufer.

Geschenkt. Aber die fehlende Entscheidungsfreude bezieht sich auch auf Speisekarten. Vor zehn Jahren noch, als nicht jedes Restaurant seine Menü-Karte im Internet bereitgestellt hatte, verbrachten wir viel Zeit in der Gastronomie, weniger um zu essen als mehr zu überlegen, was gegessen würde. Auch da bin ich eher schnell, während sie zwischen zwei, drei möglichen Gerichten schwankt. Und sie kann lange schwanken. Während ich das erste Getränk bereits geleert habe, schwankt sie noch immer. Und ich weiß natürlich, sobald sie sich entscheidet, revidiert sie die Entscheidung und nimmt dann doch das, was sie als erstes ausgeschlossen hatte. (Innerlich hoffe ich, dass sie den Grill-Teller nimmt, da von dem immer noch was für mich abfällt. Sie isst nicht wirklich viel, ich hingegen entgegen anders lautender Gerüchte dann doch und gerne von ihrem Teller mit. (In guten Restaurants steht nach dem Dinnieren auf der Rechnung „Beehren Sie uns nicht wieder“, sofern man vom Teller des anderen gegessen hat. Das sieht man dort nicht gerne. Uns ist das noch nicht passiert, wir gehen eher in die nicht ganz so noblen Etablissements.))

In Zeiten des Netzes besteht dieses Auswahl-Problem mitnichten, denn schon am Tag vor dem Essengehen beschäftigt sie sich ausführlich mit der Speisekarte im PDF-Format. Hier ist das Netz eine wirkliche Erleichterung des Alltags.

Wie bewerte ich nun diese Macke der Entscheidungsfreude, die bei ihr zu gering, bei mir eher zu stark ausgerpägt ist? Ich fürchte, hier bekomme ich zwei Negativ-Punkte, sie einen, womit es vier zu drei für mich steht, was aber bedeutet, mein Mackenpotenzial überwiegt. Denn meine vorschnellen Entscheidungen haben zwar den Vorteil, dass binnen wenigen Wochen unsere Wohnung zwar eingerichtet war, wir haben nicht unerhebliche Teile der Einrichtung innert weiterer Wochen wieder austauschen mussten, wodurch die ganze Angelegenheit deutlich teurer wurde als geplant. Wie gerne würde ich unseren Kleiderschrank „Carmen“ noch ersetzen. Er ist hässlich und Folge einer vorschnellen Entscheidung meinerseits. Allerdings ist der riesige Spiegel nicht zu verachten, der es mir erlaubt, meine Mitbewohnerin von allen Seiten sehen zu können … „Carmen“ bleibt.

Für den nächsten Teil dieser heiteren Serie sollte ich mir sehr schnell Macken ihrerseits ausdenken, denn sonst wird es dünn für mich. Und da sie mitliest, kann es ja nur unentschieden enden, denn ich will ihr ja kein Kanonenfutter bieten! Ich kann ihr nicht jeden Abend meine Vorteile predigen! Allein aus Zeitgründen nicht!