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Lampentechnisch sind wir bestens ausgestattet, meine Mitbewohnerin und ich. Als wir vor geraumer Zeit zusammenzogen, stand die Anschaffung von ausreichend Leuchtmitteln ganz oben auf unserer Liste, denn ein befreundetes Paar von uns kann sich schon seit Jahren nicht auf die Lampen-Ausstattung in seiner Wohnung einigen, sodass dort nach wie vor ausschließlich Glühbirnen an der Decke baumeln. Was durchaus Stil hat, wie ich finde, doch langfristig finde ich Lampen schöner. Und Stil ist was für Stillose.

Unsere Lampen bezogen wir von „Poco“, „Bauhaus“ und „Ikea“ (soviel zu „Stil“), es sind somit eher pragmatische Leuchten, nicht unbedingt von gehobener Qualität. Was uns immer wieder unsere Lampe im Wohnzimmer unter die Nase reibt. Im besten Fall sechs umweltschädigende Halogen-Birnen spenden uns Licht im Wohnzimmer, aber selten gleichzeitig. Und da beginnt unser Leiden unter Leuchtmitteln.

Stimmungsschwankungen sind das eine und nur sehr schwierig zu behandeln. Spannungsschwankungen in der häuslichen Elektronik sind das andere und zumindest für den Laien nicht in den Griff zu bekommen. Eine Folge dieser Schwankungen in den Leitungen ist das häufige Durchbrennen unserer Glühbirnen – unabhängig davon, ob sich Halogen- oder Energiespargedöns in den Fassungen befindet. Die EU-Birnen halten bei uns maximal ein Jahr, danach kommen sie zur Sammelstelle. Zur Sammelstelle bei uns im Keller. Ich kann unmöglich jedes Mal, wenn eine solche angeblich die Umwelt schonende Lampe (Wir wissen es ja inzwischen besser und ich gehe hiermit die Wette ein, dass sich die meisten Kommentare unten auf diese Passage beziehen werden.) zum Wertstoffhof fahren, um eine Birne abzugeben. Zunächst hatten wir daher eine Sammelstelle bei uns innerhalb der Wohnung. Da mir nach einigen Monaten allerdings die Anhäufung von Quecksilber unheimlich geworden ist, haben wir im Keller ein illegales Zwischenlager eingerichtet, das in den nächsten Jahrhunderttausenden im besten Fall von keinem Menschen entdeckt wird. Oder aber ich warte, bis die Fahrt zum Recyclinghof lohnt.

Manch Lampe ist deshalb so billig, weil sie außergewöhnliche Glühbirnenfassungen mit sich bringt für ganz außergewöhnliche Glühbirnen, die man nirgendwo bekommt. Nun haben wir aber vor einiger Zeit einen Online-Händler gefunden, der uns mit den Birnen versorgt. Doch vor dem Versorgen steht stets das Bestellen, eine alte Händlerweisheit, die uns durchaus geläufig ist. Aber irgendwie bestellen wir nicht.

Vor etwa sechs Wochen verabschiedete sich mit einem lauten Knall, wie sich das in einem spannungsreichen Haushalt gehört, die erste Glühbirne von sechs. Fällt kaum auf, lediglich meine heilige Atlanten-Sammmlung ist nicht mehr angestrahlt, was aber kaum ins Gewicht fällt. Die Welt im Schatten. Finsternis. Verderben. Tod. Naja, es sind nur Atlanten. Der neueste mit Süd-Sudan. Juba.

Vor drei Wochen schaltete ich den Staubsauger ein. Das nahm Glühbirne Nummer zwei zum Anlass, sich schwarz einzufärben und nicht mehr zu leuchten. Ob es einen Knall gab, weiß ich nicht, denn der Miele-Staubsauger ist recht laut im Saugen. Sind zwei Birnen kaputt, steht eigentlich für uns fest, dass wir handeln müssen, denn es hat Tradition, dass Birne drei Birne zwei stets auf dem Fuße folgt. Und dann sitzt man im Lau-Hellen. Und ich sitze gerne im Licht. Alle Strahler auf mich.

Vergangene Woche meinte ich, möglichst viele Haushaltsgeräte gleichzeitig in Aktion sehen zu müssen. Die Waschmaschine wusch, die Spülmaschine spülte, beide Rechner liefen und luden legale Daten runter und illegale hoch (kleiner Scherz, bitte niemanden alarmieren), der Staubsauger saugte im Schlafzimmer – und zwar alleine, da er sich an einer Socke verschluckt hatte, was mich veranlasste, wütend den Raum zu verlassen, um Sauger und Socke ihrem nun gemeinsamen Schicksal allein zu überlassen -, der Wasserkocher kochte (noch) kaltes Wasser, beide Fernseher strahlten aufregende Programme aus und als ich dann noch das Bügeleisen aktivierte, war das Anlass für unseren Hauptschalter, sich nach unten zu bewegen, um uns temporär von der Zivilisation zurück in die Steinzeit zu befördern. Sauger und Socke konnten aufatmen, auch wenn es für die Socke schon zu spät war, da zerfetzt, Bügeleisen stellte das Atmen und Dampfen ein und tropfte stattdessen auf den Boden, Waschmaschine pausierte vom Schleudern, Spülmaschine vom Einweichvorgang, Rechner fuhren hart, sehr hart!, herunter, Wasserkocher schaffte es nur bis 60 Grad und „Das Erste“ sowie „RTL“ verloren zwei Zuschauer.

Alles Routine. Ich hole also schnell die Holz-Wäscheklammer, um den Hauptschalter nach Abschalten letztgenannter Geräte wieder nach oben zu stellen (Ich habe Angst vor elektrischen Schlägen, daher wage ich es nicht, den Hauptschalter zu berühren, zumal er immer Funken von sich gibt, bewegt man ihn.). Und es ward wieder Strom. Aber es ward nur noch drei Sechstel Licht im Wohnzimmer. Birne Nummer drei war jüngstes Opfer meines exzessiven Daseins.

Krisensitzung am Abend. Im Halbdunkel.

„Wir müssen aktiv werden. Nur noch drei Glühbirnen spenden uns wohliges warmes Licht“, setze ich meine Mitbewohnerin in Kenntnis über die angespannte Situation.

„Ich könnte neue bestellen.“

„Warum tun wir das erst immer, wenn wir schon im Halbdunkel sitzen?“

Gut, dass ich für Notbeleuchtung gesorgt habe. Ich aktiviere die Energiesparlampe am „Ikea“-Regal. Die fand ich damals bei der Anschaffung ganz toll, doch es stellte sich heraus, dass sie es mit dem Sparen von Energie sehr ernst nimmt und kaum Energie in Licht umsetzt. Doch in der Not frisst der Teufel Fliegen. Zusammen mit der Schreibtischlampe rennen wir zumindest nicht mehr vor den Tisch. Das Sofa haben wir mit Fluorit behandelt, es leuchtet also von selbst im Halbdunkel, sodass wir es nicht verfehlen können.

„Ich bestelle neue. Morgen.“

Dieses „morgen“ ist eine Woche her. Wir lieben die Gefahr, das Abenteuer, das Risiko. Auch bekannt als die „GAR“-Formel des Lebens. Wer nach ihr lebt, lebt nicht lange. Oder eben im Dunkeln.

Und nur, weil ich gerade schreibe über die Lampe als ersten Artikel nach einer kleinen Verschnaufpause, wird sich heute Birne Nummer vier verabschieden. Und da stellt sich dann die Frage, ob ein Umzug in eine neue Wohnung nicht lohnender wäre.