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Die Magazin-Beilage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ widmet sich in diesem Monat dem Mann. Dem Mann als solchen. Als Mann. Dem Mann als Mann eben. Bei diesen Magazinen ist es immer dasselbe, ob dem der „Süddeutschen Zeitung“ oder dem der „Zeit“: Einmal pro Jahr gibt es ein Männerheft. So wie es auch mindestens jährlich ein Uhren-Spezial gibt, da in diesen Magazinen seltsam gerne Uhren-Hersteller ihre Werbung schalten. Und dabei geht es um Uhren, die mindestens 5.000 Euro kosten, was mich als Uhren-Liebhaber in eine tiefe Depression stürzt, denn es sind unfassbar tolle Modelle dabei, für mich aber unerschwinglich, da ich für eine Uhr meine Grenze bei sagen wir mal 500 Euro gesetzt habe.

Heute aber ist bei der „F.A.Z.“ ein Männer-Spezial an der Reihe und dazu passt, dass die Urheberin dieses Gastbeitrages im seppolog mir heute zu bedenken gab, dass der Mann es grundsätzlich leichter habe als die Frau. Und sie brachte nicht einmal die Last des Gebärens ins Spiel, ein immer wieder von Frauen vorgebrachtes Todschlagargument.

Übrigens: Vor Todschlagargumenten muss man sich nicht fürchten, denn es gibt ein immer gleiches Gegentodschlagargument. Das nämlich, dass in einer ordentlich geführten Diskussion Todschlagargumente nichts zu suchen haben!

Es beginne bei der Beinrasur, die dem Manne erspart bleibe. Warum verlange man von der Frau, dass sie immer glatte Beine habe und vom Manne nicht?! Jene Freiheit von Stoppeln beziehe sich freilich auch auf den Intimbereich. Und dann kam etwas, das mich wirklich erstaunt hatte: Manch Frau, sagte sie, ohne sich selbst damit zu meinen, ziehe den Verzicht auf eine Intimrasur vor Rendezvous in Erwägung, um nicht in Versuchung zu kommen, mit dem entsprechenden Typen zu schlafen. Dahinter wiederum (verwurschtelte Frauenlogik, die ich nur unter großen Schwierigkeiten niederschreiben kann) steckt die Annahme, dass es mancher Frau peinlich sei, un- oder halbrasiert mit einem Dödel in Kontakt zu treten. Denn der Mann verlange nach vollendeter Glätte. (Ich gebe hier nur wieder, postuliere selber erstmal gar nichts.)

Auch ich wurde einmal Testperson einer Beinrasur.

Zurück zu jener Freundin (die mir im obigen Video brünett die Haare entfernt). Zunächst machte ich den Fehler, diesen von ihr angeprangerten Missstand kleinreden zu wollen, aber ich habe vor einiger Zeit gelernt, dass man Frauen zunächst einmal nur zustimmt. Mehr wird oft gar nicht erwartet. Zudem fürchte ich, hat sie in dieser Problematik durchaus Recht, sodass es mir eher darum ging, die Mehrarbeit, die Frauen in ihre Optik stecken müssen, schönzureden. Ich bin großer Fan der Frau an sich, halte sie mitunter für die besseren Menschen, obwohl es auch unter ihnen fiese Bestien gibt, bei denen ich einen Tötungsdrang verspüre, und verdeutlichte ihr, dass die Frau eben das ästhetischere Wesen sei und Ästhetik nun einmal ein wenig Mehrarbeit erfordere. Aber auch jetzt, während ich das niederschreibe, merke ich, die Argumente verfangen nicht. Es stimmt somit, es ist eine Ungerechtigkeit, vermutlich geboren heraus aus dem Patriarchat.

„Ihr dürft sogar Haare auf den Füßen haben!“, sagt sie.

Ja, das ist so eine Sache. Da bin ich selber auch kein Freund von. Ich habe – und das gebe ich hier erstmals öffentlich zu (mit dem Wissen um Männer, die sich ihre Beine rasieren) – mir vor Jahren stets die Füße rasiert. Es war in Irrweg, zweifellos, der aber zeigt: Auch der Mann macht sich Gedanken um das Mannsein.

Und nun lese ich im Magazin der „F.A.Z.“ wieder einmal, dass der Mann in der Krise sei.

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Weil sich offenbar zunehmend viele Männer fragen, wie sie sich zu verhalten haben (als Mann), gibt es allen Ernstes in beispielsweise Wolfsburg eine Männerberatungsstelle! Dass es die gibt, ist noch kein Zeichen für eine Männerkrise. Aber dass dort Männer tatsächlich hingehen, ist eine absolute Krise. Denn Freunde, als Mann geht man natürlich nicht zu einer Beratungsstelle. ;)

Im Stuhlkreis sitzen sie also zusammen und sprechen über Identitätszweifel und das unübersichtliche Rollengefüge. Und zeigen laut diesem Artikel von Constanze Ehrhardt ihre sensible Seite, die sie sonst eher verbergen. Ist das denn so?! Ich verberge sie nur in bestimmten Rahmen, wo sie auch nichts zu suchen hat. Woanders geht sie durchaus klar, ich brauche da keinen Stuhlkreis. Offenbar bin ich der Prototyp eines wahnsinnig modernen Mannes, worauf ich mir zumindest bis heute Abend einen einbilde.

Langsam würden Männer erkennen, dass sie auch eine weibliche Seite haben (dürfen). Puh, mag sein, wurde mir schon nachgesagt. Finde ich aber keine bahnbrechende Erkenntnis, die man sich auf die Stirn tätowieren muss. Ich kenne Frauen mit männlichen Seiten, die dadurch nicht weniger Frau für mich sind.

Und dass ich alle zwei Wochen vor’m Spiegel stehe und mir Augenbrauen zupfe, hätte es vor fünfzig Jahren vermutlich nicht gegeben. Aber täte ich das nicht, würden meine zwei Brauen zu einer zusammen wachsen, worauf offenbar nur Ernie bei Bert steht. Es ist reiner Pragmatismus.

„Und Eitelkeit!“, lässt meine Mitbewohnerin an dieser Stelle ausrichten.

Sie hat Recht. Mache ich aber auch keinen Hehl raus. Denn nicht viele Frauen wünschen sich einen Mann mit einer durchzogenen Augenbraue. Somit haben auch sie, die Frauen, einen gewissen Anspruch. Panta rhei … Vor dreißig Jahren haben die wenigsten Männer überhaupt ein Deo benutzt. Heute jeder und ich sogar eines, das mir vor einigen Monaten die Achselhaut weggeätzt hat, weil ich wieder einmal dem Motto „Viel hilft viel“ folgte. Dabei fällt mir ein, dass gerade eine frische Flasche in der Packstation auf mich wartet.

Dass wir männlich sein wollen, unterstreichen wir in diesen Jahren offenbar wieder mit Gesichtsbehaarung. Das ist ein Trend. Ich lese überall, dass es ein Trend ist. Mag sein. Ich lasse ihn mir stehen, weil ich natüüüüürlich merke, dass er bei der Masse der Frauen gut ankommt. Und Männer tun vieles auch aus einem ganz simplen Grund: weil’s geht. Und so fühlen sich immer mehr Männer unter Druck gesetzt, sich einen Bart stehen zu lassen. Auch die, die gar keinen Bartwuchs haben. So. Und nun beschweren sich Frauen über den Rasurzwang? Das ist wie Lebensmittel wegzuwerfen, wenn andere hungern. Puh. Das gefällt mir. Kleiner Aufreger am Schluss. Völlig unzulässiger Vergleich! Ich will nur eines sagen: Auch Männer, die es scheinbar einfacher haben (sie haben es im beruflichen Bereich mit Sicherheit, zumindest hier und da), stehen unter einem gewissen Druck. Ich meine: Stuhlkreis! Geht’s noch?! Seid Mann und ignoriert es einfach! Hat immer geklappt!

Übrigens findet meine Mitbewohnerin es befremdlich, dass die „F.A.Z.“ ausgerechnet Mario Götze auf das Titelbild eines Männer-Spezials hievt!


In diesem Artikel zitiere ich aus „Frankfurter Allgemeine Magazin“, Oktober 2015. Rechtlich sollte ich nun auf der sicheren Seite sein. Tolles Magazin, sofort kaufen!


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