imageGroßer Gott. Es ist nichts für mich. Der Start. Leicht feuchte Hände, neben mir ein sehr entspannter, älterer Herr. Er hat sein Leben ja schon eher hinter sich als ich. Ich sehe hingegen noch Großes vor mir. Aus diesem Grunde bringt mich auch das Ruckeln gerade aus der Ruhe. Blick zur Stewardess. Keine Regung bei ihr. Gutes Zeichen. Mitbewohnerin liest im Reiseführer und bietet mir Baldrian an.

Der Flieger ist kleiner als ich gehofft hatte. Gott, jetzt dreht er nach rechts. Nichts für mich. Haltung bewahren. Mir fehlt eben Flug-Routine. Urlaubsseppo™ ist noch knapp drei Stunden entfernt. Warum sitze ich immer mit Blick auf die Triebwerke? Müssen da Funken rauskommen?! Hat vermutlich seine Richtigkeit.

Die kleinen Monitore fahren aus. Schock. Notfall-Instruktionen? Nein, puh. Fluginfos. Dort steht:

„Begrüßen Sie an Bord einen unbekannten Fernsehstar.“ Die meinen mich. Sehe hier ansonsten nur bekannte TV-Stars.

„Sebastian Flotho gibt gleich auf der Toilette Autogramme.“

Na gut, dafür fliege ich ja auch kostenfrei. Wir sind über Frankfurt. Die Richtung stimmt somit. Aber auf dieses Ruckeln war ich nicht vorbereitet.

Mein Eindruck ist, dass ich hier der mit Abstand Unentspannteste bin. Äußerlich verberge ich das natürlich gekonnt. Blicke starr auf mein Handy und ärgere mich, dass mein Laptop derzeit unerreichbar ist.

Noch 1.600 Kilometer. Da läuft ein Countdown, auf den ich nun permanent starren werde.

Warum tue ich das? Wie wäre es mal mit einer schönen Bahnreise?! Sie haben das Licht eingeschaltet. Warum? Ich sollte schlafen.

Eine Durchsage. Undefinierbare Sprache. Muss eine neue sein. Was sagt man uns? Höre das Wort „Snacks“ raus. Ja, wer kann denn jetzt an Essen denken?! Ich denke an Cocktails im Hotel.

„Wir fliegen doch nur zwei Stunden.“, informiert mich gerade meine Mitbewohnerin. Die naive, sie rechnet fest mit einer Landung. Ich hingegen stelle hier die Frage, warum wir 40 Minuten früher als geplant die Motoren abstellen! Sofern wir dann am Boden sind, soll es mir aber Recht sein.

„Smoking is not allowed on this flight“, mahnt mich gerade eine Stewardess. Ich werde mich also nun umziehen gehen müssen, um dann ein Nickerchen zu versuchen.

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Thunfisch-Brötchen. Trifft eher nicht meinen Geschmack. Verfehlt ihn sogar völlig. Freut meine Mitbewohnerin. Sie markiert zuhause ihr Essen immer mit Thunfisch, denn da kann sie sicher sein, dass ich es nicht anrühre. Dass „Air Malta“ sich dieses billigen Tricks bedient, empfinde ich als Ohrfeige. Wenn die Stewardess gleich zurückkommt, ohrfeige ich sie zurück. Wenn der Sky-Marshall, der hoffentlich an Bord ist, nicht hinsieht.

„Wir suchen den Schalta von ‚Air Malter'“, sagte ich heute öfters im Flughafen. Ausgeburt eines nervösen Humors. Meiner Mitbewohnerin war es peinlich.

„Ist das jetzt normal?“

Habe ich sie jetzt schon viermal gefragt. Sobald es ruckelt.

„Ja, das war ein Luftloch.“
„Achso. Na dann … Sind aber viele Luftlöcher.“
„Joa.“

1.300 Kilometer noch. Der Flieger stinkt nach Thunfisch.  Zehn Kilometer Flughöhe. Das ist ein Euphemismus für „Fallhöhe“.

Ich werde mir den Toilettengang hier oben sparen. Ich befürchte, dass das Flugzeug ins Schwanken kommt, wenn ich jetzt aufstehe. Das sorgfältig austarierte Gleichgewicht könnte gestört werden. Weil der feine Herr mal muss. Er muss aber gar nicht.

Meine Mitbewohnerin liest jetzt seit einer Stunde den Reiseführer. Wir kommen gleich an und sie hat dann im Grunde schon alles gesehen. Mir entgleitet massiv Einfluss auf die Urlaubsgestaltung, wenn ich nicht nachziehe. Aber momentan denke ich nicht sehr weit in die Zukunft. Tue ich allerdings eh nie.

Ich habe gerade meine Jacke ausgezogen und dabei ungeschickt meinen älteren Sitznachbarn ins Gesicht geschlagen, da sich mein Ärmel und mein Daumen miteinander verheddert hatten. Dabei hatte der Mann so entspannt geschlafen.

„Pardon, ich bin etwas nervös in diese Höhe. Mein Daumen blieb im Innenfutter …“

„Zuhause kann ich nicht schlafen, weil meine Frau unentwegt redet und hier muss ich mir ins Gesicht schlagen lassen!“

„Ja, das war etwas ungelenk. Sie fliegen auch auf Malta?“

„Nein, ich springe über Rom ab.“

„Ach? Achso. Natürlich.“

Mit dem werde ich nicht mehr warm.

Turbulenzen. Turbo-Lenz bedeutet in Münster soviel wie „Turbo-Frühling“. Hier oben bedeutet es, dass mir nun unwohl ist. Ich war gerade entspannt. Die Monitore zeigen nun schicke Landschaftsaufnahmen von Malta. Langsam, aber sicher spüre ich, wie der entspannte Urlaubsseppo™ zum Vorschein kommt.

Der Malta-Werbefilm macht endlich wieder Platz für die Flug-Infos. Knappes halbes Stündchen noch. Unter uns Palermo, und da wir dort nicht zwischenlanden, gehe ich davon aus, dass noch ausreichend Treibstoff an Bord ist. Auf Malta erwarten uns 23 Grad. Und ein Cocktail.


Angekommen. Es ist warm hier. Schon mal gut. So ein Flug ist ja ein Kinderspiel. Ich sitze neben dem Busfahrer, der unter Umständen mir etwas erzählt in dieser Fantasie-Sprache. Das blaue Licht im Bus soll uns vom Fixen abhalten, nehme ich an. Lag mir aber auch fern. Ein rasanter Fahrstil. Nur Fliegen ist schöner. Wir steigen als letzte aus; wir sind am östlichsten, nein, Nie Ohne Seife Waschen, am westlichsten. Hier könnte man mal Urlaub machen.


Um das mal ganz klar zu sagen: Fliegen ist mir nicht sympathisch, anders als diesem lauten Kind  hinter mir, das ständig fragt, ob wir schon in der Luft sind. Man sollte es ans Fenster setzen. Die hier beschriebene Angst meinerseits ist natürlich dezent übertrieben. Aber geheuer ist es mir nicht.