Boxershorts_Pendelverkehr_(Workshop_Cologne_'06)Boxershorts. Nicht von mir. Ich erwarte des Abends noch eine Abbildung eines Schlafrockes. Bis dahin ist dieses rechtefreie Bild Platzhalter. Vielen Dank für Euer Verständnis. Getragene Boxershorts von mir gibt es ab kommender Woche im neuen seppolog-Shop.

Interessanterweise ist ein Schlafrock ja etwas, das man eben nicht beim Schlafen im Bett trägt. „The Big Lebowski“ läuft im Grunde den ganzen Film über in einem Schlafrock durch die Gegend, was ihn sehr sympathisch macht. Er strahlt aus: Mehr hab‘ ich nicht nötig.

Ich hingegen schon, Kleider machen ja Leute, wie wir wissen. Im Schlafrock, was bei Männern meist synonym mit „Bademantel“ gebraucht wird, wird man mich nie antreffen. (Habe mir heute Morgen sagen lassen, dass Schlafröcke für Frauen gewisse Vorteile haben, was meine Fantasie schwer angeregt hatte, sodass ich etwas später zur Arbeit kam als geplant …). Schlafröcke sollen nach dem Duschen oder Baden getragen werden, damit sie die Feuchtigkeit des Körpers aufnehmen. Offenbar wurde das Handtuch erst nach dem Schlafrock erfunden, denn ich setze voll auf Handtücher, wenn es um die Trocknung meines gestählten Körpers geht.

Im Bademantel liefe ich allein deshalb nicht rum, da es ja an der Tür klingeln könnte. Abgesehen davon, dass ich höchst selten auf die Türklingel reagiere, da man mir meist an der Tür irgendeinen Heiland verkaufen will, der es mit mir nur schwer aufnehmen könnte, würde ich nie inakkurat gekleidet jemandem in Erscheinung treten. Zuhause trage ich das, was ich inzuhause auch trage.

Meine Mitbewohnerin, die es vermag, aus jedweder Stoffvorlage Abendkleider zurechtzunähen, hat mir mal vor Jahren eine so genannte „Gemütlichkeitshose“ genäht. Sie, die Hose, kam in einem Bübchen-Blau daher und hatte eine übertrieben große Aussparung für den Genitalbereich, sodass ich mir die Frage stelle, wen sie da als Model-Vorlage vor Augen hatte. Für eine Erektion wäre sicherlich noch ausreichend Platz gewesen, doch das Bübchen-Blau in Kombination mit dem Frottee-Stoff wirkt eher wie ein Keuschheitsgürtel. Aber die Hose war so verdammt gemütlich und hielt angenehm warm! Dass der Schritt zwischen den Fußknöcheln hing – geschenkt, ein optischer Preis der Gemütlichkeit.

Im Laufe der Jahre allerdings platzten die Nähte, hinten offenbarte sich ein durchaus praktischer Riss, der ein Herunterziehen der Hose in gewissen Situationen eigentlich überflüssig gemacht hatte. Doch sobald es an der Tür klingelte, musste ich mich erst umziehen, was die Hose und ähnliches Kleid für mich unattraktiv gemacht hat. Bis heute. Denn dann rennt man ins Schlafzimmer, das bei uns auch das Ankleidezimmer ist, kramt eine Hose aus und sucht auch noch das dazu passende Hemd, damit man einen guten Eindruck erweckt. Während man also verschiedene Outfits zum Öffnen der Tür testet, klingelt es ein zweites Mal und man ruft „Moooment! Komme!“ und verzichtet auf die Krawatte, denn man öffnet ja lediglich die Wohnungstür.

Und das Umziehen lohnte oft. Einmal war es die Polizei, die mich als Halter des Fahrzeuges ausgemacht hatte, das gerade auf der Straße ausgeräumt worden war. Ohne Zeitverzögerung konnte ich sie sofort zum Auto begleiten und mich über Autos ausräumendes Drogenpack aufregen. Meine Rolle als Dealer stellte ich natürlich für keine Sekunde in Frage.

Bislang hatte lediglich unsere Nachbarin Frau Fahrenscheit das Vergnügen, halbnackt von mir an der Tür empfangen zu werden. Also ich, gottseidank nicht sie war zur Hälfte hautfreizügig! Ich neige dazu, morgens noch ein wenig Kraftsport auszuüben. Nicht im Schlafrock, sondern im Grunde halbnackt. Es klingelte. Ich weiß nicht mehr, warum ich die Tür öffnete, am wahrscheinlichsten scheint mir, dass ich den Paketdienst erwartet hatte. Denn in freudiger Erwartung von Konsumgütern mache ich stets eine Ausnahme, was meine Empfangsbekleidung angeht. Ich öffnete also die Tür und da stand Frau Fahrenscheit, die einen verschwitzten halbnackten Nachbarn vor sich hatte. Es musste so aussehen, als hätte sie gerade krampfhaftes, unkontrolliertes Onanieren unterbrochen, aber ich klärte sie auf:

„Pardon, ich habe gerade wenig an. Komme vom Sport.“

Wenn sie richtig tickt, hat es sie sogar erregt. Aber da will ich mir keine Einschätzung anmaßen. Wie dem auch sei, seitdem gehe ich nicht mehr an die Tür, wenn ich nicht standesgemäß bekleidet bin. Und das ist natürlich ausgesprochen spießig, wofür ich mich feiere.

Den Schlafrock verschmähe ich also zu jeder Tageszeit und anders als tagsüber lege ich während der Nacht keinen Wert auf meine Bekleidung. Hier sticht das Argument, dass mich bis auf meine Mitbewohnerin niemand sieht, da ich nicht in der Öffentlichkeit schlafe, was mir ähnlich sieht. Und sie fackelt ohnehin nicht lange und reißt mir die Klamotte vom Leib, ohne groß zu fragen. So etwas löse ich eben bei gescheiten Frauen aus. Ich beschränke mich also, um solche Vorgänge zweckmäßig zu gestalten, auf eine simple Kombination aus Boxershorts und T-Shirt, wobei ich das T-Shirt am Oberkörper trage, was sich im Laufe der Jahre als dienlich erwiesen hat. Überhaupt ist es bei T-Shirts ja völlig klar, welchen Teil des Körpers sie bedecken sollen. Bei Kleidungsstücken für Frauen ist mir das hingegen durchaus nicht selten ein Rätsel. Ich stelle das immer wieder fest, dass wenn ich gewaschene Wäsche aufhänge, ich große Textillappen zwischen meinen Händen finde, von denen ich lediglich weiß, dass sie meiner Mitbewohnerin zuzuordnen sind, aber nicht welchem Teil ihres wohlgeformten Körpers. Das sind dann so Dinger, die aus zwei Schichten Stoff bestehen, beim Aufhängen mir aber auseinander fallen und ich nur noch zwei Meter Stoff in der Hand habe, die ich irgendwie über den Wäscheständer friemeln muss. Bei Männern ist es einfach: Sind da zwei Ärmel, ist es für obenrum. Bei Damenbekleidung sind die Ärmel teilweise so lang, dass es auch Beine sein könnten. Oder es sind eben ganze Kleider, die aber nur bis zur Hüfte gehen – ob von oben gestartet oder von unten, ich weiß es selten.

Kürzlich kamen mir Stulpen entgegen. Ich hielt sie für eine seltsame Abart von Schal. Nur, weil dieser Schal im Paar auftrat, kombinierte ich messerscharf, dass es etwas für zweifach vorhandene Gliedmaßen sein muss und bei Stulpen frage ich nicht weiter, ob sie für Arme oder Beine gedacht sind, denn vermutlich können sie beides. Zu allem Überfluss lese ich gerade, dass Hutkrempen auch Stulpen sein können. Ich wünschte, ich hätte dieses heiße Eisen erst gar nicht angefasst.

Stellt sich abschließend die Frage: Sind Männer vielleicht einfach zu doof? Klares Nein. Sie machen es eben nicht unnötig umkompliziert. Ich sowieso nicht. Selten einen so unkomlizierten Menschen wie mich getroffen. Wenn ich ich wäre, würde ich mich gerne mal nackt an der Tür antreffen. Aber das bleibt ein Traum.