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Ein nicht ganz uninteressantes Wochenende liegt hinter mir. Am Sonntagmorgen stolperte Gott in meine Wohnung, was ich zugegebenermaßen etwas unhöflich fand, denn mit ihm rechnet man am wenigsten. Aber okay, es war Sonntag, es war sein Tag. Ich hätte darauf vorbereitet sein müssen. Teile meiner streng gläubigen Familie erwarten ihn jeden Sonntag aufs Neue. Ausgerechnet bei mir klappt es.

Ich musste heute Morgen früh raus wegen eines Arzttermines. Es ging da um eine Nachkontrolle nach meiner für mich inzwischen legendären Leistenbruch-OP. Den Termin bekam ich vor Wochen und ich hatte damals bereits gehofft, dass ich den Termin vergesse. Wenn nichts mehr wehtut, wird schon alles gut sein. Leider stieß ich am Freitag beim Aufräumen auf den Terminzettel, sodass ich heute Morgen in entsprechenden Apfel biss. Das übrigens fand Gott deplatziert, er reagiert noch immer etwas angepisst, wenn jemand in einen Apfel beißt. Vielleicht daher tat ich es nur sprichwörtlich, zumal ich kein Apfel-Freund bin.

„Schätze ich an Dir“, so Gott. Und:

„Ich kann ja mit zum Arzt kommen!“, schlug er vor und was will man dann sagen!? Er fuhr sogar und ist ein extrem mieser Autofahrer, der übrigens Spaß daran hat, Tauben über den Haufen zu fahren. Ich werte das nicht. Es obliegt mir nicht, Gottes Verhalten zu moralisieren. Ich stelle nur Tatsachen dar. Ich selber habe nichts gegen Tauben! Sie sind halt da.

„Tauben waren in meiner Schöpfung nicht vorgesehen. Ich werde noch lange mit ihrer Beseitigung beschäftigt sein, fürchte ich.“, erklärte er sich.

„Aber gleich überfahren?!“

„Du bist so vermenschlicht, Seppo!“

Rote Ampeln kannte er nicht und ich muss gestehen, dass ich finde, dass wenn einer bei Rot fahren darf, dann ja wohl er. Was mir für diesen einen Fußgänger aber im Nachhinein sehr leidtut. Soll ich nun Gott verpfeifen?! Soll ich bei der nächsten Polizeidienststelle anrufen und sagen „Es war Gott, ich saß daneben“?! Man würde mich für unzurechnungsfähig erklären, womit man derzeit nicht ganz so falsch läge.

In der Praxis angekommen fragte ich Gott im Wartezimmer beiläufig, warum es überhaupt nottat, mir einen Leistenbruch zu verpassen. Ich hätte fragen können, warum es menschliches Leid bedarf, aber nein, ich frage nach meinem persönlichen Leid. Wenn man die Chance schonmal hat, wer kann sich das von einem gewissen Eigeninteresse freisprechen?!

„Ich amüsiere mich immer, wenn ich sehe, wie Menschen sich vor Schmerzen nicht auf die Toilette setzen können und als einzigen Ausweg sehen, ins Waschbecken zu pinkeln. Hast Du das schon gebeichtet eigentlich?“

„Ja, meiner Mitbewohnerin. Aber ich hatte es ja nachher sauber gemacht; sie hatte vollstes Verständnis.“

„Aber warum Du nicht einfach im Stehen in die Toilette statt ins Waschbecken gezielt hattest, kannst Du nicht erklären, oder?“

„Nein. Das ist in der Tat kurios. Möglicherweise, weil ich schlaftrunken und wenig treffsicher war. Und im Waschbecken kann man seinen Penis recht praktisch ablegen und muss nur laufen lassen.“

„Bist Du zufrieden mit dem Penismodell, das ich Dir gegeben habe?“

Wir wurden jäh unterbrochen, ich wurde ins Behandlungszimmer gerufen. Dort erwartete mich Frau Doktor Jäger, die zumindest so tut, als würde sie mich wiedererkennen. Ich trage ja nun mein Haar lang ;)

„Wie geht’s, Herr Flotho?“

Ich ließ bereits die Hosen runter, wie ich es so gewohnt bin. Etwas voreilig.

„Oh, Sie kommen schon zur Sache. Dann legen Sie sich mal hin. Irgendwo noch Schmerzen?“

„Das nicht, aber zwischen Hodensack und Oberschenkel ist eine taube Stelle.“

Das hatte sie mir aber angekündigt, gelegentlich werden bei den OPs Nervenstränge durchtrennt, bei mir ist es wohl passiert. Nicht der Rede wert, ich spüre es nur bei der Rasur. Vor der ich übrigens rund sieben Wochen Angst hatte, da ich den operierten Bereich weitestgehend dort mied, wo es nicht um sexuelle Befriedigung ging.

Also alles bestens, kein Rückfall, denn auch das hätte passieren können, dass das eingesetzte Netz wieder reißt und die Leiste dadurch abermals bricht. Die volle Belastung kann also kommen, da wird also gerummst.

Ich ging zurück in den Warteraum, um Gott abzuholen, der gerade vertieft war in ein Frauenmagazin.

„Ich lese gerade, was Frau im Bett will! Es ist toll, dass Frauenmagazine ihren Leserinnen sagen, was sie zu wollen haben. Dabei weiß nur ich, was Frauen wollen. Du übrigens nicht, Seppo, fiel mir mal auf.“

„Das müssen wir vertiefen.“

An dieser Stelle würde ein „folgendes“ folgen, ich aber beschränke mich auf:

folfin4s: Anhand von Facebook-Nachrichten konnte man am Samstagabend meinen geistigen Verfall beobachten. Das würde ich gar nicht erwähnen, wenn Gott es nicht angesprochen hätte. Grüße, S.! Aber bei der Gelegenheit erfragte ich bei Gott, warum ich eigentlich kein Bier mag.

„Du solltest ursprünglich eine Frau werden, Seppo.“

„Oh.“

„Jetzt ist es raus.“

An dieser Stelle wird es gefährlich für mich, denn es könnte sich lesen als Hilferuf, Leser könnten dieses interpretieren als Äußerung meines inneren Wunsches, lieber Frau geworden zu wären. Dem ist nicht so, ich bin absolut zufrieden, dass ich es als Mann auf die Welt geschafft habe.

„Kommt das oft vor?“

„Ja. Übrigens, wusstest Du, dass alle Frauen entweder lesbisch oder bisexuell sind?“

Das deckte sich mit einer Studie, die ich jüngst las. Die mir aber lungo ist, da mir bi völlig ausreicht, um nicht aus dem Rennen zu sein. Ich hakte nach:

„Welchen Zweck hast Du damit verfolgt?“

„Ich wollte Euch damit die Legitimation geben, Arschlöcher sein zu dürfen!“

Auf der Rückfahrt schwiegen wir, weil ich beim besten Willen keine Ahnung hatte, worüber ich mit Gott noch reden sollte. Sowas reizt sich schneller aus, als man meinen möchte. Eines interessierte mich aber:

„Wo verbringst Du Weihnachten?“

„Soweit plane ich nicht im Voraus.“

„Bei uns ist ein Platz frei, ich feiere ohne meine Mitbewohnerin. Bei meiner Familie huldigen wir auch noch dem Christkind, nicht dem Weihnachtsmann!“

„Was ein Fehler ist. Den gibt es nämlich. Spiele oft mit ihm Poker, er hat die Zeit übers Jahr.“