Zu den Teilen I und II.

12291811_1103313303027277_8053010823517567627_o

07.30 Uhr

Pervers müde. Laut redende Menschen „draußen vor der Tür“ (mein Beitrag zum Todestage Wolfgang Borcherts) haben mich aus dem Schlaf gerissen.

„Schon wieder Auto kaputt gemacht?“

„Kann man nichts machen.“

Na toll, sie haben in der Nacht wieder Autos demoliert. Hoffe einfach mal, dass meines dieses Mal nicht dabei war. Zuletzt wurde die Heckscheibe eingeschlagen, bevor man mir die Radkappen geklaut hat.

6

Meine Nase sitzt zu. Das liebe ich ja an Erkältungen, wenn man morgens mit offenem Mund erwacht und nach Luft ringt, zunächst aber erst einmal eine Hustenattacke der vergangenen folgt. Nach etwa 15 Minuten sind meine Atemwege wieder in beide Richtungen nutzbar, sodass ich aufstehe, um meine Sonntagszeitung reinzuholen, die hoffentlich nicht auch geklaut wurde.

Sie ist da. Ich lese sie morgen. Denn heute lese ich die Samstagszeitung. Ich lebe in der Vergangenheit. Was mich regelrecht nervt, wenn ein Thema die Nachrichtenlage bestimmt: Zumindest das Hauptbuch wird voll sein mit Terrorartikeln. Seehofer nur mit 87 Prozent wiedergewählt. „Nur“. Aber es ist eine Klatsche für ihn. Komischer Verein im Süden. Mal ehrlich, wer bei klarem Verstand ist, würde doch nicht CSU wählen! Allein Söder. Der den Terror für seine „Flüchtlingspolitik“ missbraucht und damit die Opfer. Man möchte brechen. Gestern Artikel über die „AfD“ gelesen, von der ich ja geglaubt hatte, sie würde nach Luckes Abgang zugrunde gehen. Sie liegt bei zehn Prozent?! Was sagt das über unser Land? Uninformierten, unreflektierten Menschen sollte man das Wählen verbieten. Puh. Die „AfD“, die nun wirklich caine Alternative ist, wird aber über kurz oder lang untergehen. Die zerlegen sich selbst. Laut Artikel werde die Partei bis dahin aber männlicher, pessimistischer und ostdeutscher. Im Süden CSU und im Osten „AfD“.

Mein Internetversorger ist „Versatel“. Seit dem Jahr 2000. Ich bin treuer Kunde. Der gestern Abend einen Internetausfall hatte und es gehört zu „Versatels“ Firmenpolitik, nicht groß über Störungen zu reden. Ungefähr sieben Stunden betrachtete ich das Blinken der „DSL“-LED am Modem, um festzustellen, dass ich ohne Netz nichts bin. Denkbar ungünstiger Zeitpunkt für so etwas. Kam dadurch in die Verlegenheit, lineares Fernsehen zu gucken. Wollte eigentlich „The Walking Dead“ bei „Amazon“ weitergucken. Ging natürlich nicht. Auf „ProSieben“ lief etwas, was „DWDL“ gerade als würdigen Nachfolger von „Schlag den Raab“ bezeichnet. Nur mit dem Haken, dass dort Joko Winterscheidt rumlief, den ich leidenschaftlich hasse, seit ich ihn mal habe schauspielern gesehen. Jeannine Michaelsen hieß die Moderatorin, die mich zum Abschalten brachte, als sie den Mund aufmachte. Sie stellte die Teams vor: „Das war Team 3 und folglich gibt es auch ein Team 4.“ Da musste selbst Team 3 aus Sasha und einem Niemand bestehend lachen. Sie haben sie offen ausgelacht! Gefiel mir. Und wenn es Team 4 gibt, gibt es dann auch Team 5?! Und dann Team 6?! Es gibt so viele fähige Menschen da draußen, aber warum darf sie moderieren?! Da steckt vermutlich Joko dahinter.

Ich schaltete weiter. Und es war bis auf „Krömer“ durchweg nur ein ganz großer Kackhaufen zu sehen. Ich hoffte auf einen Münster-Tatort in den Dritten. Die laufen doch permanent dort. Aber nicht an diesem Tag. Doch an einem Samstagabend sollte man auch besseres zu tun haben. Allein, ich bin krank und Strohwitwer. Ich hatte letztens 35,9 Fieber!!!!

Ich tat mich sogar in der „Unitymedia“-Videothek um, bei der es mir schleierhaft ist, wie der bestellte Film ohne Netz in meinen Fernseher kommt, da ich nur ein bloßes Antennenkabel habe, ohne Datenanschluss. „Unitymedia“ konnte es mir mal, als ich sie anrief, selber nicht erklären, eigentlich gehe das nur mit so einer Datenbuchse, die ich aber nicht habe.

Das Problem bei einem Angebot ist das Überangebot. Von null Uhr an habe ich eine halbe Stunde damit verbracht, mir Trailer von potenziellen Filmen anzusehen. „Tribute von Panem“ 3 scheint eine bloße Materialschlacht zu sein und die ersten beiden Teile fand ich schon eher kurios. „Honig im Kopf“ kam in die engere Auswahl, habe aber ein Problem mit Til Schweiger, dachte aber, Dieter Hallervorden macht ihn wett. Dann fiel mir aber ein, dass ein Kollege mir in dieser Woche sagte, bei dem Film habe er weinen müssen. Da ich das auch für meine Person nicht ausschließen kann, sah ich von dem Film ab und dachte noch, dass Dieter Hallervorden wirklich lange verkannt worden ist. Übrigens, was wirklich lustig ist, ist diese Szene, in der Dieter Hallervorden einen Lachkrampf bekommt:

Traf Dieter Hallervorden nie, dafür aber Harry Wjinvoord in den Münsteraner Arkaden. Er lebt ja bei Münster. Quer durch die Halle rief ich: „Harrrryyyyy!“ Was Harry natürlich nicht wissen konnte, ist, dass ich mal einen „SoWi“-Lehrer hatte, der „Harry“ hieß, den wir folglich immer mit „Haaarrryyy!“ begrüßten. Herr Wjinvoord fand das überhaupt nicht lustig und regte sich auf. Mir war es zurecht unfassbar peinlich.

Stieß dann auf einen Klassiker: „Quiet Earth“. Steht in meiner DVD-Sammlung im Keller. Warum also bestellen?! Dann ein Film, der um Stalin spielt. Die Stalin-Ära fasziniert mich ja, aber der Film hat ’ne miese Bewertung und ich musste befürchten, mir menschliches Elend ansehen zu müssen, was Stalin nun einmal so mit sich bringt. Ich finde also nichts. Stelle dann aber fest, dass ich vorgestern „Robocop“ 2 und 3 aufgenommen habe von einem Sender, der sich „AXN“ nennt und bei mir nie stattfindet. War das beabsichtigt?! Gucke in die Inhaltsangabe, um festzustellen, dass „IMDb“ den Film mit mageren 5,7 Punkten oder Eiern bewertet, sodass ich den Film von meiner Festplatte lösche. Teil 1 sicher ein Klassiker, aber die Fortsetzungen wohl Mist. Zwischenzeitlich lese ich einen Blog (Über mein Handy-Internet!), dessen Urheber offenbar gerade „Tele 5“ guckt, einen Film mit Riesenwürmern oder -schlangen mit Brüsten. Oder so.

Aus Langeweile ändere ich das Titelbild meiner Facebook-Seite. Das ist sehr kompliziert, wenn man kein Netz hat. Transferiere via Datenkabel fertiges Bild aufs Handy, lade von dort hoch, kann mir aber die Vorschau nicht ansehen, da keine Desktop-Ansicht verfügbar. Ich verfluche „Versatel“ und besuche zum x-ten Mal an diesem Abend per Handy die Seite „allestoerungen.de“. Für Düsseldorf und „Versatel“ ist keine Störung gemeldet. Vielleicht sollte ich sie ja melden. Lese dann aber irgendwo, dass zwischen Bielefeld und Düsseldorf ein Glasfaserkabel zerstört wurde. Glas ist zerbrechlich. Das genügt mir als Erklärung, dennoch schalte ich mehrfach das Modem aus und wieder ein und fummele in den Systemeinstellungen herum. Dabei lohnt immer ein Blick in das W-Lan-Menü, wo aufgelistet wird, welche Geräte gerade das W-Lan benutzen. Ist ein Nachbar dabei?, frage ich mich und schmeiße eine IP raus, die mir unbekannt erscheint. Um dann festzustellen, dass es meine Überwachungskamera war, die ich nun heute neu einrichten muss, was unfassbar kompliziert ist. Mit dynamischer IP und so ’nem Gedöns. Ich habe viel kaputt gemacht an diesem Samstag.

08.30 Uhr

Meine Mitbewohnerin, die in den Tiefen Ostwestfalens weilt, lässt mir dieses Bild zukommen, das auf einer 80er-Jahre-Party entstanden war. Ich kann mich der Aufnahme gar nicht mehr entsinnen. Übrigens war ich der einzige nicht Verkleidete.

wpid-2015-11-22-08.26.03.jpg.jpeg

Ich überlege, mir wieder den Kopf zu rasieren. Vielleicht heute.

08.40 Uhr

Eine Leserin hat mir geschrieben, sie wolle sich mit mir treffen. Mir wird unwohl.

08.45 Uhr

Leserin schickt ein Foto von sich. Mir wird wohl.

08.50 Uhr

Auf meiner Rekorder-Festplatte stieß ich gestern Abend auf eine Doku der BBC, die mit die besten produziert. Aber auch in Großbritannien ist das Öffentlich-Rechtliche großer Kritik ausgesetzt. Was ein Jammer ist. Es ging nicht um Eisbären auf Eisschollen, sondern um geplante Obsoleszenz. Und zwar bei Apple. Der „iPod“-Akku gehe nach eineinhalb Jahren unweigerlich kaputt. Und so weiter. Viel faszinierender war die Erkenntnis von Berliner Experten in Bezug auf Toner-Kartuschen: Ich wusste es wirklich nicht, aber wenn sie melden, sie seien leer, seien sie es gar nicht! Man müsse mittels eines Tricks den mechanischen Zähler an der Kartusche wieder zurückstellen und könne dann weiter drucken. Ich habe vergessen, welchen Hersteller das betraf. Nach 15.000 Seiten meldet der Zähler: „Toner leer“, obwohl noch voll. Ansonsten ist mir geplante Obsoleszenz egal, denn eines wurde auch sehr deutlich gemacht: Konsum ist leider der Motor unseres Wohlstandes, den man wohl kaum in Abrede stellen kann. In diesem System leben wir alle und die meisten von uns profitieren davon. Die meisten. Ich finde es immer arg kurzsichtig, so etwas anzuprangern. Es steht jedem frei zu gehen. Nach Nordkorea beispielsweise. Dort gibt es so etwas wie Konsum nicht. Viel Spaß.

Es wurden vor einem Apple-Laden Konsumenten befragt, warum sie gerade für das neueste „iPhone“ anstünden, das technisch kaum Vorteile gegenüber seinem Vorgänger böte. Die Antwort: „Weil’s neu ist.“ Ihnen war bewusst, dass das neue Modell nichts Neues zu bieten habe bis auf eine Zeitlupenkamera. Und es ist doch erfrischende Freiheit, wenn sie es dennoch sich kaufen wollen. Beide Seiten machen bei vollem Bewusstsein bei dem Spiel mit. Was ich nur nicht so ganz begreife: Warum stellt man sich zwei Tage vorher vor so einem Laden an? Kann man es nicht einfach online vorbestellen und bekommt es eben ein paar Tage später?!

Dann kam „Ikea“ dran. „Ikea“ warb irgendwann in Großbritannien einmal damit, dass man sein altes Sofa gefälligst vor die Tür stelle, also wegwerfe. Möbel haben nicht mehr die Langlebigkeit wie bei unseren Großeltern, da sie inzwischen Designobjekte seien, deren Design schnell in die Jahre komme, was ihren Wert verringere, sodass es alle paar Jahre zum Austausch komme. Das habe „Ikea“ bewirkt und ein ehemaliger Chefdesigner gibt zu, dass genau das der Plan „Ikeas“ war. Meine Oma ist praktisch in dem Bett gestorben, in dem sie geboren wurde. Das ist heute anders. Und ist das jetzt schlimm?! Ja, wegen des Mülls. Übrigens wollen meine Mitbewohnerin und ich uns bald ein neues Sofa zulegen. Wir machen bei dem Spiel mit. Mit einer Pizza habe ich gestern einen massiven Fettfleck auf unserem Sofa verursacht. Das ist jetzt aber nicht der Grund des Austausches. Aber der Grund dafür, dass ich künftig die Sofakissen anders arrangieren werde.

Ich bin in Sachen Konsum sehr pragmatisch. Der Deutsche regt sich gerne auf. Wie andere Völker auch. Nur belassen wir es beim Aufregen. Uns stört die CSU-Maut? Dann sollten wir mal in Massen vor dem Kanzleramt vorstellig werden, dann ist die ganz schnell vom Tisch. Aber wenn Flüchtlinge bei uns Unterschlupf suchen, wie es einige unserer Großeltern auch mal taten, dann kriegen es einige mit der Angst zu tun, fühlen sich bedroht und gehen auf die Straße. Und blockieren jeden Montag den Hauptbahnhof. Denen sollte man eine Maut abverlangen. „Montagsdemonstration“ stand einmal für Freiheit und nun für das Gegenteil. Geschichtsvergessene Arschlochwichser. Wird vergehen. Gab es nicht mal eine DVU im Landtag Sachsen-Anhalts? Stürzte von rund 13 auf drei Prozent ab. Ich gehe jetzt wieder ins Bett.


Natürlich darf jeder wählen, wen er will, das macht unsere Freiheit ja erst aus. Und klar, ich verallgemeinere, wenn ich sage, der AfD-Wähler sei uninformiert und unreflektiert. Es verhält sich natürlich gegenteilig! Außerdem stelle ich gerade fest, dass ich das gar nicht so geschrieben habe. Wer es aber so verstehen will, der tut das wohl.

Man kann nicht anders als verallgemeinern. Es ist wie das Vergleichen von unterschiedlichen Dingen. Man vergleicht ja gerade, um Unterschiede herauszustellen, denn Vergleichen heißt nicht Gleichmachen. Und man verallgemeinert – „ceteris paribus“! – um auf Sachverhalte aufmerksam zu machen. Nicht alle sind „Arschlochwichser“, zumal ich selber gar nicht weiß, was darunter zu verstehen ist. Aber es gehört auch zur Freiheit, so etwas mal einfach so sagen zu können, denn freilich kenne ich nicht jeden einzelnen.


Seppo_logo