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Die Zahl „11“ spielt in diesen Tagen eine nicht unbedingt kleine Rolle in meinem Leben. Vielmehr in unserem Leben, dem meiner Freundin und mir. Denn seit einem langen, sich nun jährenden Zeitraum teilen wir unser Dasein.

Ich war 25, als wir uns kennenlernten und sah vor allem auch so aus. Gestern erst sah ich mir Fotos aus jenen Tagen an (ganz oben sehen wir unser allererstes Foto) und dachte „Mein Gott, wir waren echt jünger!“ Aber ich sah auch scheiße aus, so gesehen geht das klar, wenn ich jetzt älter, dafür unfassbar besser aussehe. ;) Sie hingegen – und das ist mein völliger Ernst – sieht noch so aus wie damals. Was aber nicht daran liegt,

dass Du damals schon so aussahst wie heute.

Kürzlich wurde ich wieder einmal ungläubig gefragt, wie es denn sein könne, dass wir uns nie streiten. Nicht ein einziges Mal gestritten haben. Ich gebe da inzwischen immer eine Standard-Antwort: „Wir beide wollen keinen Streit.“ Doch gestern beim Duschen wurde mir bewusst, dass die Antwort unzureichend und billo ist, denn die wenigsten wollen Streit. Der tatsächliche Grund hat vielmehr mit Glück, mit wahrem Glück, zu tun. Klar, wir wollen beide keinen Streit, doch entscheidend ist, dass Du jemand bist, der die Dinge anspricht, bevor es zum Konflikt kommt. Und ich weiß natürlich, wie ich manchmal reagiere. Aber immerhin so, dass es letztlich wirklich nie zum Streit kommt. Unser Glück ist schlicht unsere Konstellation. Möglicherweise würde es mit jedem anderen Partner nicht so ohne Reibungen funktionieren.

Ich weiß, dass ich mich im seppolog wiederhole. Dennoch gehört hier hin, dass ich oft höre: „Streit gehört aber dazu.“ Dann sage ich stets dieses: „Ich kann keinen Streit erzwingen.“ Unter der Dusche fiel mir dann noch ein, dass ich das Argument oft von Menschen höre, die, sagen wir mal, in einer nicht ganz so günstigen Beziehung leben. Also ist Streit vielleicht doch nicht immer so gut. Letztlich ist es aber unser Glück. Das wie jedes Glück dennoch zerbrechlich ist. Da mache ich mir nichts vor.

Glück war vor allem unser Zusammentreffen. Das ist so eine Geschichte, die man Leuten erzählt, obwohl sie diese gar nicht hören wollen. Wie Urlaubsfotos. Dia-Abende. Ich tu’s dennoch, denn dieser Artikel ist für Dich.

Es war die Weihnachtsfeier (Klassiker!) vom Campus-Radio der Uni Münster. Wir kannten uns zu dem Zeitpunkt gar nicht. Ich sah Dich an diesem Abend das erste Mal, als ich (wie immer viel zu früh als erster Gast) im reservierten Raum saß, während Du mit Deinen Freundinnen kurz mal reingeguckt hattest. Deine Freundinnen waren mir sofort aufgefallen. Kleiner Scherz. Ihr seid mir alle nicht aufgefallen. Das ist ja der Witz. Ich war vielmehr mit der Überlegung beschäftigt, ob ich im richtigen Etablissement sitzen würde, da ich der einzige war.

Ich war am richtigen Ort. Und wie richtig dieser Ort für die kommenden elf Jahre sein sollte, wurde erst später deutlich. Glück spielte hier schon eine große Rolle, denn zunächst saßen wir an unterschiedlichen Tischen. Ich baggerte gerade an einer blonden Kollegin rum, die sich als unerwartet humorlos erwies. Das sind immer so Situationen, in denen man einen Scherz nach dem anderen zum Besten gibt und statt der verdienten Lacher lediglich ungläubiges Staunen erntet uind selber plötzlich als der Dumme dasteht. Und nun konnte ich ja nicht sagen „Pardon, du bist irgendwie dumm, ich muss mich woanders hinsetzen“, sodass ich galant sagte: „Ich muss zum Schont, gleich wieder da.“ Natürlich kam ich nicht zurück, opferte mein Getränk und setzte mich – wieder Glück! – an den einzig freien Platz: Dir gegenüber.

Ich bin ein absolut zurückhaltender Mensch. Doch alle paar Jahre treffe ich einen Menschen, mit dem ich innerhalb kürzester Zeit warm werde. Bei uns war das so. Wir kamen ins Gespräch und sparten uns diese beschissene Small-Talk-Nummer, die ich weder beherrsche noch beherrschen möchte.

Denn es ist doch grotesk: Mit jemandem über etwas Belangloses sprechen, nur um über irgend etwas zu sprechen, während beide/alle Beteiligten wissen, man spricht gerade über Belangloses, nur um über etwas zu sprechen, ist albern. Dabei kann man doch unmöglich ernst bleiben. Ich halte das nie durch, weil es bizarr ist. Ich verweigere das.

In unserem Gespräch taten wir so, als würden wir uns bereits seit Schulzeiten kennen. Und erfanden unabhängig voneinander wirre Lehrer-Geschichten, sodass unsere Sitznachbarn wirklich glaubten, dass wir uns kennen.

Offenbar fällt es mir leichter, über etwas Ausgedachtes zu reden, als über Small-Talk-Themen.

Dann wurde gewichtelt. Du hattest einen Eierstecher erwichtelt, mit dem wir noch heute keine Löcher in unsere zu kochenden Eier stechen. Ich erwichtelte den Globus, der mich noch die ganze Nacht durch die Münsteraner Altstadt begleiten sollte. Leider habe ich das Teil bereits vor Jahren entsorgt, weil ein Globus ohne Südhalbkugel irgendwie albern aussieht.

Möchtest Du meine Südhalbkugel sein? (Joa, bisschen albern, oder?)

Wir fuhren dann noch weiter in die Altstadt, damals noch alles mit dem Fahrrad, weil ich erst 2004 betrunken auf dem Rad vor’s Auto geraten sollte, und in fortgeschrittener Nacht sollten sich dann unsere Wege trennen. Und hier kommt meine Tölpelhaftigkeit ins Spiel, die mich für Dich, nur für Dich, so liebenswürdig macht: Zum einen habe ich nicht kapiert, dass wir im Grunde denselben Rückweg hatten, zum anderen habe ich nicht eine Sekunde realisiert, dass Du ein gewisses (und völlig nachvollziehbares) Interesse an mir hattest. Ich schwang mich auf mein Rad und fuhr von dannen. Und nun, dieses Mal kein Glück, sondern Deine Klugheit: Du fuhrst mir hinterher. Das übrigens kannte ich bis dahin nicht: dass Frauen mir hinterherfahren. Bislang war ich immer völlig erfolglos hinter irgendwelchen Mädels her. Und auch deshalb hatte ich überhaupt nicht mit dieser Trendwende in meinem Leben gerechnet. So verabredeten wir uns auf einen Kaffee im „Café Uferlos“. Und erst dort, bei unserem zweiten Treffen, wurde mir klar, was sich da gerade entwickelte. Ab da wurde ich auch nervös. Meine Gelassenheit bis dorthin war lediglich Folge einer naiven Doofheit. Doch nun: ging es um etwas. Um Dich. Darum, Dich zu erobern.

Was relativ schnell ging, was sollen wir uns vormachen?! ;)

Ich also nicht mehr Single. Und auch Du hast Dich relativ entschlossen von einem Nebenbuhler losgesagt, dem „Argentinier“. Toll, gegen so einen Typen hatte ich mich durchsetzen können! Gab mir ein gutes Gefühl und heute, elf Jahre später, gibst Du mir noch immer ein gutes Gefühl. Und ich schätze gute Gefühle sehr. Ich schrieb Dir mal eine Liste von 100 Dingen, die Dich ausmachen. Listen sind ohnehin meine Sache. Und ich fürchte, Du könntest eine Liste über 200 Dinge schreiben, die mich für Dich zu einer – positiv ausgedrückt – Herausforderung machen. Und trotz dieser 200 Dinge wirst Du auch heute Abend, sofern Dich kein rechtsabbiegendes Auto abermals mitnimmt, mit strahlenden Augen wiederkommen und vermutlich den frisch gewischten Boden verdrecken, was Du hier schon einmal als dezenten Hinweis verstehen kannst. Aber Du wirst eben nicht widerwillig reinkommen, sondern gerne. Und deshalb frage ich Dich auf diesem Wege:

Haha, wohl kaum. Es war auch genug Geschwafel bis hier hin. Die besten elf Jahre meines Lebens liegen direkt hinter mir. Und vor mir.


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