Es wird alles so unfassbar gewichtet. Vermutlich liegt es an der Omnipräsenz sozialer Medien, dass viel Dahergesagtes plötzlich eine unverdiente Aufmerksamkeit erfährt. Auch ich werde gleich wahllos irgend etwas in GROSSBUCHSTABEN kommentieren. Man muss also aufpassen, mehr denn je, was man in der Öffentlichkeit stehend so von sich gibt. Ich erzähle inzwischen auch nicht mehr überall von meiner sonntäglichen Robbenjagd. Es würde empörte Kommentare hageln.

Und darum gewichte ich auch die Äußerung Henriette Rekers, der Kölner Oberbürgermeisterin also, nicht so sehr, dass ich mich daran stoßen würde. Ich finde sie nur sehr lustig, die Äußerung, in der sie in einem Interview mit dem „Spiegel“ (2/2016) auf Seite 23 vom „erweiterten Mann“ spricht, zumal es in dem Gespräch ja um viel wichtigere Dinge ging, als darüber, den emanzipierten Mann von heute als „erweitert“ zu bezeichnen.

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Aber das ist eben bei mir hängengeblieben. Ich lag heute Morgen im Bett und realisierte zunächst gar nicht, wie humorig das eigentlich ist. Ich rege mich nicht darüber auf, dafür ist es zu nichtig, aber was für ein Denken steckt dahinter, sich über den Mann zu erheben und ihn gönnerhaft als „erweitert“ zu bezeichnen, wenn sie eine „neue Generation von Männern [meint], für die Gleichberechtigung eine Selbstverständlichkeit ist“?! Harter Tobak. Und was ist das überhaupt für eine Wortwahl? Belegt sie uns Männer mit einem solchen technischen Begriff! Mann 2.0. Mann reloaded. Mann enhanced.

Ich las die Stelle ein zweites Mal und erinnerte mich an das Interview mit Franz Beckenbauer, in dem dieser freimütig erzählte, was er alles ungelesen unterschrieben habe, als es um die WM 2006 ging. Scheinbare Nebensächlichkeiten in diesen in Deutschland stets post autorisierten Interviews, die man beim ersten Lesen gar nicht begreift, die aber plötzlich als Essenz hängen bleiben.

Beim dritten Lesen war ich erheitert und sah sie als eine Frau, die zufrieden damit ist, was frau aus Mann in den vergangenen Jahrzehnten geformt hat. Gönnerhaft auf der einen, abschätzig aber auf der anderen Seite. Der Mann war offenbar ein Mangelwesen und bedurfte der Erweiterung. Und freilich stellte ich mir die Frage, ob ich denn auch zu den guten, zu den erweiterten Männern, gehöre und bemühte meine hochemanzipierte Freundin und Nachbarin Lara via Facebook. Auch dieses im folgenden dokumentierte Gespräch wurde autorisiert, ich darf es veröffentlichen.

hallo! lara, folgende frage. online? da?

nein, du bekommst keine fotos

ich will keine fotos! also zumindest nicht jetzt. wobei, doch. aber mich würde mal interessieren, aus rein journalistischem interesse, ob du mich für erweitert hältst

???? wird das jetzt schweinisch? bist du betrunken?

haha, nein. vorgestern abend. ja. ich entschuldige mich für das ein oder andere. „erweitert“ im sinne von emanzipiert

sind nicht nur frauen emanzipiert?

nein. jetzt auch männer. bin ich eine männliche emanze?

ein emanzer ;)

:) bin ich in deinen augen ein mann, der die gleichberechtigung lebt?

der schwul ist?!

nein! verdammt. lara. anders. findest du, ich bin ein macho? oder altmodisch? findest du, dass ich finde, dass frauen an den herd gehören?

findest du das denn?

die frage ist, ob du mir das zutraust.

du hast kürzlich eine suppe gekocht. auch wenn ich icht weiß, was drin war, sie schmeckte nach irgendwas. keine ahnung ob du macho bist. manchmal. so gut kenne ich dich nicht

verdammich.

du hast mirletztens die autotür aufgehalten. macho!

dann bin ich schon macho?! ich nehm dich nicht mehr mit

ka. was heißt denn nun erweitert?

lara, das wird nichts. du bist vielleicht nicht emanzipiert genug.

kochst du heute wieder suppe?

nein, morgen. haben noch reste vom wochenende.

Gut, ich bin nicht wirklich schlauer daraus geworden, also kontaktierte ich meine Mitbewohnerin, die während ihrer Mittagspause online war. Bei „Threema“ übrigens.

findest du mich „erweitert“?

ich gehe heute nicht zum sport.

das hab ich nicht gefragt. warum gehst du nicht zum sport?

wird spät hier. haben wir noch suppe?

ich koche morgen neue, wir haben noch einen rest.

was war eigentlich in deiner letzten suppe?

das willst du nicht wissen. sie hat doch geschmeckt, oder?

Mittagspause zuende. Und kein Stück schlauer. Die letzte Suppe wird noch zum Problem für mich, wenn rauskommt, was drin war …

Eine Leserin kommentierte heute passenderweise zu diesem Artikel, dass ihr Vater Probleme mit der Bedienung einer Waschmaschine hätte. Dachte dann an meinen Vater, der vor kurzem Strohwitwer war. Vor kurzem ist gut, vor einigen Jahren für einige Wochen. Es war für ihn das erste Mal, dass er selber seine Wäsche waschen musste. Und er brauchte tatsächlich eine Einweisung in die Funktionsweise von Waschmaschinen. Ich glaube, er hat letztlich nur mit einem „Pflegeleicht“-Programm gearbeitet, da kann man selten was falsch mit machen.

Eine Generation später. Ich. Ich habe gestern meine Mitbewohnerin in die Geheimnisse unserer neuen Waschmaschine eingeführt. Heute Morgen beispielsweise war sie völlig konsterniert, da unsere Maschine scheinbar über kein 95 Grad-Programm verfüge. Weit gefehlt, ich konnte sie aufklären. Denn die Bedienung der Maschine ist mir, dem erweiterten Mann, bereits nach einem Tag völlig klar. Und dann habe ich Wäsche aufgehängt. Klassische Frauen-Arbeiten. Beruicht Euch, aber traditionell war das ja Aufgabe der Frau. Das ist ja nur eine Feststellung, ich werte das ja gar nicht. Übrigens sind es oft Emanzen, die klassische Frauentätigkeiten abwerten und die der Männer per se aufwerten. Ein Grundproblem, das mich immer wieder in den Wahnsinn treibt. Aber ich bin ja erweitert und wasche Wäsche und sauge das Wohnzimmer. Gestern mehrfach, da wir den massiv nadelnden Weihnachtsbaum entsorgt haben. Und überhaupt, bei uns kann man vom Boden essen, weil ich dafür sorge. Der Umkehrschluss, dass meine Mitbewohnerin eine Chaotin sei, ist nicht gültig. Allerdings, im direkten Vergleich mit mir …

Grundsätzlich …

Jetzt war ich kurz weg. Was wollte ich schreiben? Grundsätzlich. Achso.

Es ist ja so: Dass Männer und Frauen unterschiedlich sind, macht es doch erst erträglich und reizvoll. Natürlich sollten beide gleichberechtigt sein, der Mann halt eben etwas gleicher. Somit ist das Tragen von Krawatten durch eine Fraue völlig albern, weil es Gleichmacherei ist. Außerdem ist die Krawatte ein Penis-Symbol, was hat es an der Frau zu suchen? Das Bemalen der Lippen ist übrigens ein Vagina-Symbol. Es werde wohl die Farbe bevorzugt, die die Vagina im erregten Zustand aufweist. Sage nicht ich, sagen irgendwelche Studien, von denen ich jüngst las. Kein Grund für mich, meine Lippen zu bemalen. Obwohl es mir absolut stehen würde. Ich probiere es noch heute Abend aus.

Vorher probiere ich die WordPress-Erweiterung für meinen Browser aus. Denn den kann man wirklich erweitern.


Ich verweise in diesem Zusammenhang ungern auf meine Facebook-Präsenz.

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