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Gastbeiträge müssen stets gut überlegt sein, da ich mir ungern meine glänzende Blog-Statistik versauen lasse. Beim ersten hat es geradezu vorbildlich geklappt und auch bei diesem habe ich mir zunächst keine Sorgen gemacht, stammt er schließlich aus der Feder meiner (platonischen) Freundin Lara, der hier schon einige Artikel gewidmet wurden. Lara, was wären meine feuchten Träume, was wäre mein seppolog ohne Dich? Doch dann kam der Tag, an dem Du mir, sagen wir mal, nahegelegt hast, nicht mehr über Dich zu schreiben. Da Du Dir dann aber plötzlich Deines Ruhmes bewusst geworden warst, gabst Du mir doch wieder grünes Licht – unter der Bedingung, dass Du einen Gastbeitrag schreiben darfst – über mich. Dem Leser sei nun gesagt, dass Du mich batest, den Beitrag mehrfach zu überarbeiten, und zwar formal, nicht inhaltlich, was mir zugegebenermaßen leicht schwer fiel. Wir haben uns dann nach Wochen des Schreibens auf diese Version geeinigt und ich sage Dir hier nochmal: Du kannst doch schreiben!

Auf ein Foto von Lara müssen wir jedoch verzichten, alles Betteln meinerseits führte nicht zu Erfolg. Wir einigten uns auf eine stark verfälschte Variante, auch wenn ich Dir nochmal sagen muss: Du kannst Dich absolut sehen lassen! Aber Lara scheut generell soziale Medien, nachdem sie Stalking-Opfer war, was ihre Entscheidung verständlich macht, und nachdem ich sie hier und da bereits als pornös beschrieben habe, möchte sie nun erst Recht kein Foto von sich hier veröffentlicht sehen. Ich hatte ihr sogar Geld geboten. Kein Scherz. Ich halte Frauen für käuflich. Das war ein Scherz. 

Aus Laras Feder: Mein neuer Nachbar Seppo

Ich kenne Seppo seit September letzten Jahres. Seitdem ich seine Nachbarin bin. Lange Zeit hat er mir verschwiegen, dass er eine Mitbewohnerin hat, die ich hier auch nur so bezeichnen darf, obwohl er mit ihr schläft, was man übrigens hören kann. Er brüllt wie ein Gorilla, obwohl ich nicht genau weiß, wie ein Gorilla brüllt. Er beteuert allerdings, dass er manchmal nachts orgasmusunabhängig brüllend aufwacht, weil er offenbar einen tiefen seelischen Konflikt abbauen muss. Ich habe mich bereits als Psychologin an ihm probiert, halte ihn aber für nicht therapierbar.

Uns trennen zwei Etagen, dennoch war er der erste Nachbar, den ich hier beim Einzug traf. Er fiel mir auf, als er mir mit einem „iPod“ in Ohr und Hand im Treppenhaus entgegen kam, aus dem etwas dröhnte, was er „Wizo“ nannte. Er läuft recht häufig und ich fragte ihn direkt, ob ich mal mitlaufen könne, was bis heute nicht geschehen ist, obwohl er da jetzt offener geworden ist.

Er ist zweifellos nett, was aber keineswegs bedeutet, dass ich ihn durchschaue. Ich verstehe ihn nicht mal. Er sagt oft Dinge, die er wohl nicht ganz so ernst meint, aber das zu unterscheiden, gelingt mir nicht immer. Wir haben uns darauf geeinigt, dass er Ironisches ab sofort immer als solches kennzeichnet, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.

Beim Einzug in meine neue Wohnung hier half er mir, zumal vorher hier sein bester Kumpel Pavel gewohnt hat, der eine Kopie von Seppo ist; ich habe ihn kurz kennengelernt. Oder Seppo ist die Kopie von Pavel. Nur zwei Tage in ihrem Geburtsmonat September desselben Jahres trennen sie, kennen sich seit Kindertagen in Münster und haben wohl eine teilweise bewegte, gemeinsame Vergangenheit, über die sich Seppo aber ausschweigt.

Offiziell stellte ich mich ihm vor, als ich seine Hilfe brauchte, da der Telekom-Techniker Zugang zum Hauptanschluss brauchte und ich nicht wusste, wo genau der ist. Seppo öffnete mir halbnackt die Tür, was ich seitdem leider nicht mehr erleben durfte; er kam offenbar gerade vom Sport. Er begrüßte mich mit „Endlich!“, weil er eigentlich seine Mitbewohnerin erwartet hatte und umso verstörter guckte er, als er mich sah. Und ich weiß, wie Männer gucken, wenn sie gucken. Er hat mir tatsächlich in die Augen gesehen, aber danach direkt eine Etage tiefer.

Seppo flirtet massiv. Er sagt zwar immer, dass er das an sich nie tue, aber ich nehme es ihm nicht ab oder er weiß einfach nicht, was er tut. Ich fürchte, letzteres trifft zu. Zuletzt schrieb er seiner Mitbewohnerin einen Artikel, in dem er eines vergessen hat: zu erwähnen, dass er jahrelang erfolglos hinter Frauen her war (was ich übrigens nur teilweise nachvollziehen kann, vermutlich hat er sich blöd angestellt) und dann, als er mit seiner Mitbewohnerin zusammenkam, sich eines gewissen Druckes entledigen konnte, entspannter mit Frauen umging. Weil er alles hatte, was er wollte. Das hat er mir mal erzählt. Er hat offene Momente.

Anfangs wusste ich wenig über Seppo, nicht einmal, was er beruflich tut. Offenbar etwas mit angenehmen Arbeitszeiten, da ich ihn vormittags immer erfolgreich antreffe. Wollte aber auch nicht direkt fragen, ob er arbeitslos sei, was man heute „arbeitssuchend“ nennt, obwohl das ja nicht dasselbe sein muss. Diese Stelle hat mir Seppo in den Text diktiert. Als ich aber mal wieder bei ihm war, hing an einer Postkarten-Wand eine Art Autogramm von ihm. Ich sprach ihn darauf an und er sagte verlegen:

„Das ist eher ein Gag. Die Auflage betrug 15 Stück und warme Semmeln gehen besser weg.“

Er arbeitet beim Fernsehen, allerdings empfange ich das Programm nicht. Ich googelte ihn und stieß dann auf diesen Blog. Und las. Und las plötzlich von einer Lara, deren Beschreibung zwar recht blumig war, aber letztlich auf mich passte. Mein Bild von Seppo bekam hier erste Risse. Sehr, sehr tiefe Risse und es herrschte Funkstille, bis ich ihn zur Rede stellte, wie arschig er denn sein könne, über mich zu schreiben, wobei er nur meinen Namen verändert hatte.

„Das ist der Grund, warum ich eigentlich nicht über Bekannte schreibe“, meinte er und betonte, dass ich doch sehr gut wegkommen würde. Leider nur sehr dumm. Und die Mutmaßung, dumm ficke gut, verzeihe ich ihm nicht. Das weiß er. Und was er hier nie geschrieben hat: dass er sich mit Blumen bei mir entschuldigt hat.

Auch seine Mitbewohnerin versuchte, gut Wetter zwischen uns zu machen, aber das Wetter zwischen ihr und mir ist zumindest bewölkt, was allein Seppos Verdienst ist, denn ich schätze, dass sie sehr nett ist. Sonst könnte sie ihn wohl kaum ertragen.

Inzwischen ist das Verhältnis zwischen mir und ihm wieder gut, sogar sehr gut, und er hat mich bereits zweimal bekocht, wobei das zweite Mal lediglich eine Suppe mit ungewissem Inhalt war. Und mir macht Angst, dass er mir nicht verrät, was in der Suppe war, die an sich ganz gut schmeckte. Ihm beim Kochen zuzusehen, macht Spaß. Er kocht nach Anleitung, also nach Rezept, wobei ihn Mengenangaben wie „Prise“ in den Wahnsinn treiben, da ja die Größe einer Prise von der Größe der kochenden Finger abhänge. Habe ich nicht verstanden, aber er schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein. Er buk einmal, wobei er etwas „anrühren“ musste. Hilflos stand er da und fragte mich nach dem Unterschied zwischen „Rühren“ und „Anrühren“. An dieser Stelle soll ich schreiben, sagt er, dass er dabei rührend aussah. Es sieht nicht immer appetitlich aus, was er kocht, er verzichtet auch auf Dinge wie „Gemüse abwaschen“ mit der Begründung, es verkoche doch eh alles. „Bio“ ist ihm auch egal, er ist da sehr pragmatisch und verweist auf das hohe Alter seiner Ahnen und zitiert dann gerne Zeitungsartikel, die „Bio“ kritisch betrachten. Da mir „Bio“ auch egal ist, ging das klar. Die Küche ist ein Schlachtfeld, wenn er kocht, was auch den Boden der Küche mit einbezieht. „Warum bereite ich nicht direkt alles auf dem Boden vor?“, fragte er mich und – riesen Gag – er tat es einmal und kam sich ulkig dabei vor. So dreckig auch alles wurde, noch vor dem Essen setzt er die Küche wieder instand. Er wollte schon einmal bei mir aufräumen, mir sein Ordnungskonzept nahelegen. Seine Mitbewohnerin erzählte mir mal, wie Seppo in ihrer alten Wohnung, als die beiden noch getrennt, aber in der gleichen Straße – Südstraße – in Münster wohnten, aufräumte und putzte. Er putzt allen Ernstes Lichtschalter!


Bis hier hin, denn es wird einen zweiten Teil geben, schlucke ich die zahlreichen Gegendarstellungen runter, die mir auf der Zunge liegen, denn ich muss diese Einzelmeinung akzeptieren, sie ist Teil meines Ganges nach Canossa. Aktuelle Suppenrezepte findet Ihr übrigens auf meiner Facebook-Seite.


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