lara22Zum ersten Teil!

„Die wollen, dass ich Geheimnisse lüfte, Seppo! Wir müssen den zweiten Teil neu schreiben!“, schrieb mir gestern Abend Lara, meine Nachbarin und gute Freundin, die aber auch eine gute Nachbarin ist. Zweimal „gut“. Ist wie „sehr gut“. „Sehr gut“ durch zwei: „gut“. Sie wirkte also etwas zerknirscht, weil sie natürlich etwaige Erwartungen gar nicht erfüllen konnte, denn sie kennt keine Geheimnisse von mir. Erst das macht es ja zu Geheimnissen. Zu den „Leichen im Keller“. Die habe ich natürlich, aber die bleiben auch im Keller.

Lara hat das große Vergnügen, die zweite Gastautorin im seppolog zu sein. Das hat sie mir zur Bedingung dafür gemacht, dass ich weiterhin über sie schreiben darf. Das obige Foto zeigt Lara, die im wirklichen Leben so ähnlich heißt (zumindest stimmt die Anzahl der Silben im Namen überein), die aber nicht gezeigt werden möchte aufgrund mieser Erfahrungen, die sie mit ihrem hinreißenden Aussehen und dem Internet gemacht hat. Die Effekte „Filmkörnung“, „Unschärfe“ sowie „Fischauge“ meines Grafik-Programmes haben etwas aus Lara gemacht, das die Anmutung einer Brust hat, wie ein treuer Leser gestern konstatierte. Und ich wünschte, dieser Nebeneffekt wäre gewollt gewesen. War er aber nicht.

„Die reduzieren mich jetzt alle auf eine Brust!“, meinte Lara zu mir und ich versicherte ihr, dass zumindest ich sie auf zwei Brüste reduziere und merkte direkt an, dass es sich dabei um einen Scherz handele, wie es ein Abkommen zwischen uns verlangt. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Menschen erst ab dem 17. Lebensjahr Ironie verstehen. Ich nehme an, dass ich das falsch erinnere und es sich eher um das siebte Lebensjahr handeln muss. Bei Lara jedoch könnte es auch das 27. Lebensjahr sein. Mal sehen, wann ich diesen Satz tilgen muss. ;)

Ich beobachte bei meinem Neffen/meiner Nichte, beide sechs, da nahezu zeitgleich zur Welt gekommen, dass das Ironieverständnis mit sechs noch nicht unbedingt vorhanden ist, sie aber bei mir durchaus inzwischen alles hinterfragen, was ich von mir gebe. Ich bin ihnen ein guter Lehrer, was Ironie angeht, würde ich mal behaupten. „Du erzählst Pupse!“, sagten sie mir kürzlich, als ich ihnen mitteilte, dass der Düsseldorfer Weihnachtsmann wegen einer für ihn ungünstig verlaufenen Verkehrskontrolle dieses Jahr wohl nicht zu ihnen kommen werde. Das war ihnen allerdings auch in sofern egal, als das sie inzwischen ahnen, wer die Geschenke tatsächlich bringt. Und wenn da ein Fabelwesen im Spiel ist, dann ohnehin eher das Christkind.

Achja, weil ich es anders nicht unterbringen kann, würde ich an dieser Stelle gerne das inhaltsloseste Video veröffentlichen, das ich je gemacht habe. Zu meinem eigenen Schreck wurde es auf meiner Facebook-Seite 9.703 Mal aufgerufen. Ich dachte bis gestern, ich hätte Facebook verstanden. Doch dieses verwirrt mich. Aber da es gerade regnet, passt es hier hin:

Den folgenden zweiten Teil Laras Textes habe ich ebenfalls auf ihren Wunsch hin formal verfeinert, wobei ich inhaltlich alles hingenommen habe. Doch eigentlich ist dieses Laras Bühne. Nein, es ist meine. Die ich kurz ausleihe. An Lara, die Seele eines Menschen.

Aus Laras Feder: Mein neuer Nachbar Seppo

Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich diesen penetranten Ordnungssinn von Seppo gut finden soll. An einem Raclette-Abend bei ihm bestand er darauf, dass ich mein Glas auf einen Bierdeckel abstelle. Immerhin kein Glas-Untersetzer, sondern „Duff-Beer-„Deckel der „Simpsons“. Diese strenge Vorschrift verlor aber im Laufe des Abends schnell an Bedeutung, zumal er sie selber brach, nachdem die Hälfte des Sekts beim Öffnen der Flasche von ihm sich über den Tisch ergoss. „Das klappt sonst besser“, log er mich an, was ich dem Blick seiner Mitbewohnerin entnahm. „Außerdem trinke ich nur Wein und der hat meist ’nen Drehverschluss.“ Ich glaube, es war ihm peinlich, da er eigentlich auf eine Seppo-Show vor zwei Frauen eingestellt war. Seine Mitbewohnerin meinte allerdings, dass das durchaus auch Absicht gewesen sein könnte. Das ist halt das, was ich an Seppo nicht verstehe, was ich nicht durchschaue. Darum nutze ich diesen Beitrag dazu, ihn direkt zu fragen: Was ist Show, was ist nicht Show, Seppo?

Nun betrete ich also doch wieder die an Lara verliehene Bühne, da ich offenbar antworten muss. Hm. Das bringt mich in eine unangenehme Situation. Vielleicht lüge ich einfach. Also das mit dem Sekt war natürlich keine Absicht. Ich kann durchaus Sekt-Flaschen so öffnen, dass man noch etwas davon hat, aber damals sollte es eben nicht sein. Und wenn man schon hier und da keine gute Figur macht, dann sollte man zumindest aus solchen Ereignissen eine Show machen. Das begann bereits im schulischen Sport-Unterricht. Körperliches Geschick ist meine Sache eben nicht. Ich habe in Teilen gelitten im Schulsport, aber eben auch das Beste daraus gemacht, sodass ich immerhin nicht das wurde, was die jungen Menschen heute „Opfer“ nennen. Bevor sich andere über Dich lustig machen, mach‘ es selbst. Und verweise auf einen, der noch mehr Opferpotenzial hat ;) Und noch heute lehne ich Dinge ab, die körperliches Geschick erfordern. Das übrigens ist eine Freiheit, die ich mir mit 36 oder 37 Jahren absolut zugestehe. Wann, wenn nicht jetzt?!

Seppo hat zwei große Themen. Das eine ist sein Joggen, das man nicht so nennen darf, weil er ja lieber von „Laufen“ spricht. Ich jogge selber zwei, drei Mal pro Woche, was er belächelt, obwohl er selber mich wieder auf die Idee gebracht hat. Er erzählt gerne davon und wollte ja ursprünglich ein Lauf-Weblog schreiben, aber offenbar liegt ihm die Seppo-Show mehr, womit er kokettiert, weil er sich dessen durchaus bewusst ist. Obwohl er privat eher das Gegenteil ist. Er hat ein ganzes Regal voll mit Büchern zum Thema Joggen. Er hat ohne Scheiß jede Auflage eines bestimmten Buches, das „Die Lauf-Bibel“ oder „-Fibel“ heißt. Steht in jeder das Gleiche drin, aber er muss sich ja jede neue Auflage kaufen. Eine hat er mir geschenkt. Die älteste natürlich. Und er hat Sachen in dem Buch unterstrichen! Und Lesezeichen. Er macht keine Eselsohren, er hat Lesezeichen! Und ich wurde angewiesen, keinen Kaffee auf das Buch zu stellen und auch kein Eselsohr reinzumachen. Obwohl es geschenkt ist, das Buch! Im Kapitel über sportgerechte Ernährung ist nichts unterstrichen, ich vermute, er hat es nicht gelesen. Aber die Tabellen mit dem Maximalpuls hat er durchgearbeitet. Seiner lag zumindest damals bei 187. Ich hab‘ keine Ahnung, was es bedeutet.

Beim Thema Joggen blüht er auf und erzählt einem Dinge, die man gar nicht hören will. Wie auch bei seinem zweiten Lieblingsthema, dem Tod des linearen Fernsehens. Er arbeitet beim linearen Fernsehen. Diesen Widerspruch hat er aber auflösen können. Habe ich auch nicht verstanden, aber er biegt sich die Realität so zurecht, bis sie passt. Er hat mir mal erklärt, warum es gut ist, dass wir – trotzdem wir keine Drogenkonsumenten sind -, an einem Drogenumschlagplatz wohnen. Und warum es schade ist, dass die Rocker-Kneipe nebenan dicht gemacht hat. Egal, wegen ihm (hier soll ich schreiben „wegen seiner“, aber das hört sich noch falscher an) muss ich mir „Netflix“-Serien ansehen wie „Jessica Jones“, die er mir gestern empfohlen hat. Bei Veröffentlichung dieses Textes dürfte er mir schon zehn weitere Serien empfohlen haben.

Ich habe für diesen Artikel Seppo nach seinen schlechten Eigenschaften gefragt. „Ich hab‘ keine. Ich weiß, es klingt unwahrscheinlich, aber ich bin vollendet“, sagte er darauf. Sehr ernsthaft sagte er das. Ich hakte nach und er druckste rum und sprach von einem gewissen Egoismus. Kann ich noch nicht beurteilen. Ich halte für eine sehr schlechte Eigenschaft die Tatsache, dass er nie ans Telefon geht. Deshalb klingel‘ ich immer direkt bei ihm an. „Es ist immer irgendwie lautlos“, meint er dann. Letztens sollte er jemanden anrufen und er fand nicht auf Anhieb die Telefonfunktion seines Handys! „Ich hab‘ nicht mal viele Nummern gespeichert. Die beruflichen. Die privaten lerne ich auswendig.“ Er hat immer sein Handy in der Hand, was das Ganze noch mysteriöser macht. Er begründet das aber mit seinem Blog, weil er irgendwelche Nachrichten dazu aufs Handy bekommt. Er wollte Weihnachten eine „digitale Pause“ machen, das misslang ihm völlig. Er ist immer online. Er verflucht die neuen Medien, nutzt sie aber extrem. Er hat mal in der Woche nachts um vier Uhr auf eine Nachricht von mir geantwortet, weil er nachts aufs Klo musste und dabei offenbar sein Handy mitnimmt. „Ich leuchte mir damit den Weg, weil ich sonst wo vor renne!“, rechtfertigte er sich. Reagiert er an manch Wochenenden um vier Uhr auf Nachrichten, sind das meist unleserliche, von Tippfehlern nur so wimmelnde, sodass ich auf seinen Geisteszustand schließen kann.

lara?! hlr dir msl lps placebps an!

was soll ich?

gfleich nicj altstadt?

Sowas klärt sich dann gerne samstagmorgens, wenn wir zusammen rätseln, was er gemeint haben könnte (In diesem Fall empfahl er mir die Ska-Band „Los Placebos“ und wollte dann noch in die Altstadt.). Dann folgen Entschuldigungsorgien …

Ich würde auch über seine besten Eigenschaften schreiben, aber das tut er selber genug. Vielleicht ist genau das seine schlechteste! Grundsätzlich sagt er immer: „Das müssen andere beurteilen!“ und wenn man es dann tut, kommt gerne: „Ich lasse mich nicht von Menschen beurteilen, die mich nicht kennen.“ Das nennt er dann „vermessen“. Letztlich kenne ich ihn noch nicht lang genug, was auch schwierig ist, weil er trotz aller Seppo-Show irgendwie dann doch völlig zurückhaltend ist. Als Nachbar aber kann ich ihn empfehlen. Zu Weihnachten gab’s immerhin ’ne Tüte Cookies an meiner Türklinke. Und ich schreibe „Cookies“ mit der Auflage, dass er das nicht durch „Plätzchen“ ersetzt. Genau. Das ist es! Ich hasse seinen Hass auf Anglizismen! Das Thema sollte man bei ihm meiden!


Danke, Lara. Es war ein schöner Akt, auch wenn ich mir einen anderen Akt mit Dir wünschen würde. Auch dieser Satz ist vakant … Hat Spaß gemacht. Es reizt mich ja, unsere Korrespondenz hier zu zu veröffentlichen. Beide Teile dieses Artikels entstanden zwischen November vergangenen Jahres und gestern. 

Und auch dieses möchte ich gerne loswerden: Ich bekomme per E-Mail sehr viele Anfragen dazu, wie man einen Blog gestaltet. Es ist mir nahezu unangenehm zu sagen, dass ich, was die Beantwortung dieser Mails angeht, sehr im Rückstand bin. Das Gleiche gilt für die Facebook-Nachrichten. Ich komme schlicht nicht hinterher. Ein angenehmes Luxus-Problem! Auch, was das Vernetzen angeht, selektiere ich natürlich. Für all diese Anliegen empfehle ich auch die von mir und dem Dampfblogger ins Leben gerufene Facebook-Gruppe: „Ich blogge – Wer liest?„.

Des weiteren wurden im Dezember etwa 100 Kommentare aus mir unerfindlichen Gründen nicht freigegeben. Ich hab‘ keine Ahnung, woran das lag, ich habe sie nun nachträglich „genehmigt“, wie es bei WordPress so schön heißt. Grundsätzlich lasse ich jeden Kommentar durchgehen, es sei denn, es werden aus unerfindlichen Gründen Schwule beleidigt. Mich kann man gerne beleidigen, auch das veröffentliche ich.


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