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Hier geht es zum ersten Teil des alternativen „Bachelors 2017“, der mit normalen Menschen stattfinden soll. Lassen wir uns entführen in eine visionäre Utopie, in eine utopische Vision mit Seppo als der Bachelor, der auf ganz normale, liebenswerte Durchschnittsfrauen trifft, aus denen eine sehr wahrscheinlich herausstechen wird. Für welche der fünf Kandidatinnen wird sich Seppo entscheiden? Stimmen die Klickzahlen, werden wir es irgendwann einmal erfahren. Doch jetzt tauchen wir ein in das Geschehen. Sie Szenerie:

Vor dem Reihenhaus

Wer die Erfolgssendung „Der Bachelor“ kennt, weiß, dass sie mitnichten eine Erfolgssendung ist. Ich stoße mich an dem Überdurchschnitt, der dort repräsentiert oder zumindest scheinbar dargestellt wird. Warum nicht mal mit Durchschnittstypen? Wie mir. Und normalen Kandidatinnen.

Wegen meines miesen Namensgedächtnis‘ hat RTL die Zahl der Kandidatinnen auf fünf reduziert, damit ich nicht den Überblick verliere und nicht versehentlich die Falschen mit einer Rose oder im Bett beglücke. Und wer die Misserfolgssendung kennt, weiß auch, dass in der ersten Folge der „Bachelor“ stets vor einer Villa steht und nacheinander die Damen, die schon vorab wissen, dass der Bachelor ihr Traummann ist, in Empfang nimmt. Kleiner Gag von RTL ist die stufenreiche Treppe vor dem Eingang der Villa, da gewitzte Redakteure hoffen, dass zumindest eine Kandidatin mit zu hohen Absätzen die Treppe hinunter stürzt. Beziehungsweise herauf.

Ich erbat mir allerdings, dass das Geschehen vor einem Reihenhaus stattfindet, in einem Reihenhaus wie dem, in dem ich selber aufwuchs. Zwei Stufen führen zur Eingangstür, ich stehe davor, trage einen Anzug mit Fliege und sehr viel Pomade in Haupt- und Barthaar.

Beim Bachelor 2016 fuhr noch eine Limousine vor, der die Damen entstiegen, in meinem Fall ist es ein VW Golf.

Thorsten ist der hauptverantwortliche Redakteur für dieses Abenteuer, er versteckt sich während der Aufnahmen hinter einem Buxbaum, der die Auffahrt zum Haus ziert. Er kommuniziert während der Aufzeichnung mit mir über einen kleinen Lautsprecher, den ich im Ohr trage und den wir hier ab sofort „Ohr“ nennen, was verwirrend, aber nicht zu ändern ist.

Die Aufzeichnung beginnt. Thorsten:

„Denk‘ daran, dass du jetzt sehr aufgeregt bist. Weil du nicht weißt, wer da kommt.“

„Aber ich hab‘ die doch schon auf Fotos gesehen!“

„Das weiß der Zuschauer aber nicht. Sei aufgeregt und überrascht!“

„Gleichzeitig oder in einer noch zu bestimmenden Reihenfolge?“

„Sei permanent aufgeregt, und wenn die Frauen kommen, zusätzlich überrascht!“

„Also punktuell überrascht während einer grundrauschenden Aufgeregtheit? Bin ich überrascht, weil sie kommen oder ob ihrer optischen Erscheinung?“

„Seppo, sei überrascht, weil sie dich sofort faszinieren. Vergiss darüber aber nicht, aufgeregt zu sein.“

„Jetzt bin ich wirklich aufgeregt, weil du zwei Gefühle gleichzeitig von mir verlangst. Ich kann immer nur eines gleichzeitig.“

Es geht los, der VW Golf kommt in die Straße gefahren. Der Bildregisseur schaltet ins Auto, wo die ersten beiden Kandidatinnen auf der Rückbank aufgeregt sitzen. Sie haben mich noch nicht gesehen und erwarten die Art Bachelor, die sie aus den Vorjahren im Fernsehen kennen. Lauschen wir der Unterhaltung zwischen Mareike, 35, und Kathrin, 20.

Mareike: „Ich kann ihn noch nicht sehen! Wie aufregend! Ich hab‘ ganz nasse Hände! Ich hoffe, er ist groß, dunkelhaarig und gut gebaut!“

Kathrin: „Hoffentlich nicht zu alt. Ich glaube, ich bin hier das Küken!“

Mareike: „Sieht er nicht. Du siehst echt nicht aus wie 20!“

Kathrin: „Was soll das denn jetzt heißen?!“

Mareike: „Sorry, aber ich bin echt nicht hier in der Show, um Freundinnen zu finden!“

Mareike wurde vorab angewiesen, diesen Satz öfter fallen zu lassen und danach grimmig zu gucken. Das würde dann später mit entsprechender Musik unterlegt, während das Bild schwarzweiß eingefärbt würde.

Kathrin soll zwischendurch laut aufquieken, damit der Zuschauer erkennt, dass es sich bei ihr um das junge Küken handelt. Kathrin darf als erste aussteigen.

Mareike: „Oh, ich sehe ihn. Naja. Normal groß. Hat er blonde Haare?! Oder ist das Rot? Was hat der da im Haar?“

Kathrin: „Sieht aus wie ein Helm!“

Mareike: „Ne, könnte Gel sein. Viel zu viel Gel. Was ein Schmierlappen.“

Kathrin: „Er sieht aufgeregt aus.“

Mareike: „Und irgendwie überrascht. Ne, jetzt wieder nur aufgeregt.“

Kathrin: „Er sieht aus wie 40. Könnte mein Vater sein. Den such‘ ich gerade übrigens bei ‚Vermisst‘. Ist er das?! Ist das eine Überraschung für mich?!“

Kathrin stürzt aus dem Wagen auf mich zu und ruft: „Papaaaa!“

Nun fällt es mir nicht schwer, Überraschung zu zeigen, denn ich bin es wirklich. Überrascht.

Ich: „Papa?! Was?“

Thorsten springt hinter dem Buxbaum hervor und ruft: „Abbruch! Abbruch!“

Kathrin schreit auf, nicht wegen der entsprechenden Anweisung, sondern weil sie nicht mit einem Mann hinter einem Buxbaum gerechnet hatte.

Thorsten: „Kathrin, du bist raus. Sorry, aber du musst schon wissen, in welcher Sendung du dich gerade befindest. Wir setzen an mit dem Aussteigen von Mareike.“

Alles sortiert sich, ich tue wieder aufgeregt und lege meinen Ausdruck der Überraschung wieder ab und bedauere das Ausscheiden von Kathrin, denn mit ihren jungen 20 hat sie zumindest so etwas wie einen Beschützerinstinkt bei mir geweckt. Allerdings fürchte ich, dass sie nur einen Vaterersatz sucht. Ich drücke ihr die Daumen, auf dass sie ihren Vater findet.

Mareike steigt aus dem Auto. Sie ist ein bisschen kleiner als ich und hat des Wahnsinns Haare. Dunkle Haare. Schon einmal gut, denke ich, und entscheide, das auch einfach mal zu sagen, vergesse aber nicht, überrascht zu sein.

„Hey! Moinsen! Wahnsinnshaare! Und dunkel! Schokobraun?“

„Ja, supi, dass du das siehst! Wo ist der Bachelor? Wo muss ich hin?!“

Ich überlege und frage mich, ob das ein Scherz ist.

„Hehe.“

Keine Reaktion. Also nochmal:

„Hehe?“

Es dämmert ihr, dass ich der Bachelor bin. Und mir dämmert, dass ihr nicht gefällt, was sie sieht. Also mache ich auf dicke Hose.

„Ich bin der Seppo. Hab‘ ein Start-Up-Unternehmen. Was mit Internet. B to B. Und B to C. Und C to B. Ich bin Gründer. Finanziell unabhängig und kann Krawatten binden. Und Fliegen.“

Mareike lächelt freundlich und erzählt irgendwas von Reiten, vermutlich auf Pferden, und dass sie meine Augen toll finde.

„Ja. Sind meine Augen. Augen sind ja …“

Ich weiß nicht weiter. Es hängt etwas. Thorsten schreitet über mein „Ohr“ ein:

„Umarme sie doch endlich mal!“

Schwieerig. Ich umarme an sich nur Menschen, die ich kenne und mag. Aber nun gut, um die Situation zu entspannen hebe ich meine Arme auf etwa Brusthöhe, strecke sie dabei leicht gebeugt aus. Und zwar so, dass Mareike nun dazwischen passt. Weil sie keinen Schritt auf mich zugeht, erledige ich das eben auf Anweisung Thorstens, trete ihr dabei, wie es leider mir wirklich oft passiert, auf ihre übertrieben hohen Schuhe, was sie aber nicht kommentiert, ein Kameramann aber aufmerksam einfängt. Will meinen Kopf auf ihre linke Schulter legen, was sie aber vereitelt, weil sie sich auch auf meine linke Schulter lehnen will. Wir stoßen kurz mit dem Kopf zusammen, bevor wir uns dann für unterschiedliche Schultern entscheiden, um die Umarmung formzuvollenden. Sie flüstert mir mit bestimmtem Ton ins Ohr: „Runter von meinen Schuhen!“

„So, dann sind wir aber nun alle gespannt“, sage ich holprig. „Darf ich dich die Treppe hoch begleiten?“

„Die zwei Stufen? Schaffe ich auch allein.“

Mareike zieht los, bleibt aber leider unter meinem Fuß hängen, den ich vor lauter Aufregung vergaß, von ihr herunterzustellen, sodass Mareike auf die erste Stufe kracht. Lautes Lachen ertönt hinter dem Buxbaum. Ich, ganz Gentleman, verkneife mir das Lachen und hebe das zarte Geschöpf auf.

„Ich hebe dich kurz auf“, kommentiere ich das und überlege, ob in der fertig geschnittenen Sendung der Off-Sprecher sagen wird: „Seppo hebt Mareike nun auf.“ oder ob das der Audio-Deskription für Gehörlose vorbehalten bleibt. Nein, für Sehbehinderte. Sehlose.

Mareike geht schließlich ins Reihenhaus und gibt ein erstes Interview zu ihrem ersten Eindruck von mir, dem Bachelor 2017:

„Ja, also der Beppo muss mit Charaktereigenschaften überzeugen. Schwieriges Zusammentreffen. Er schien mir punktuell überrascht zu sein. Die Chemie scheint nicht so zu stimmen. Und ich bin ja nicht hier, um Freundinnen zu finden. … Was? … Falscher Satz? Falsche Stelle? Wo ist der Sekt?“


Leute, wollte eigentlich hier alle Kandidatinnen vorstellen. Wir müssen das vertagen, weil ich gleich Karneval feiern muss. Ja, also wir gucken mal, was da morgen noch so geht. Bleibt mir gewogen!

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