2016-02-23-09.44.02.jpg.jpeg

In meiner Apotheke kennt man mich und in aller Regel weiß man dort auch, nach was ich verlange, wenn ich dort aufschlage. Es ist entweder „Almased“, was ich aber gar nicht mehr „esse“

Mitmenschen sagten immer zu mir: „Du hast Almased doch gar nicht nötig! Du bist so schlank!“ Doch dahinter steckt ein Denkfehler. Denn als Schlanker bin ich der beste Beweis für die Wirkung Almaseds. Weil ich es nehme, bin ich schlank!

oder eine Kollektion aus bewährten Erkältungsmitteln, die alle nichts bringen, mitunter aber immerhin betäuben. Gestern war ich im Auftrage meiner Mitbewohnerin in der Apotheke, wo ich namentlich begrüßt wurde.

„Hallo, Herr Flotho!“

Beim Re-Gruß versuchte ich, besonders gesund zu wirken, um deutlich zu machen, dass es unnötig ist, dass Herr G., ein freundlicher Türke mit einer noch freundlicheren Tochter, die mich ebenfalls gerne bedient, nach hinten geht und meine Kollektion zusammensucht.

Vergeblich, er ging in das Lager, wo er stets „Hexoral Spray“ für mich zurückstellt, denn seinen Angaben zufolge sei das Medikament derzeit schwer zu bekommen. Aber ein Fläschchen halte er immer für mich zurück.

„Nein, nein! Ist heute nicht für mich!“

Ungläubig sah er mich an.

„Ich nehme zur Zeit sehr viel Zink, möglicherweise bleibe ich deshalb so gesund!“

Das Zink hatte er mir selber verkauft und damit seinem einträglichen Geschäft erheblichen Schaden zugefügt, denn unter 50 Euro verließ ich nie seine Apotheke, die gottseidank noch auf das grüne, leuchtende Kreuz verzichtet, das international Apotheken kennzeichnet, das aber auch nicht geschützt ist. Die „Fördergesellschaft Grünes Kreuz“, die es wirklich gibt, kämpft derzeit mit dem Vorurteil, dass das Grüne Kreuz das Logo von „DocMorris“ sei. Das ist es nicht. Doch als „DocMorris“ unseren Markt überschwemmte, und das gar nicht mal so erfolgreich, setzten auch die klassischen Apotheken auf das Grüne Kreuz.

Im heimischen Münster eröffnete dereinst eine DocMorris-Filiale nebst meiner damaligen Stamm-Apotheke. Ich habe DocMorris natürlich boykottiert, während meine Stammapotheke mit einer für sie schmerzhaften Aktion konterte: Sie unterbat die DocMorris-Preise um grundsätzlich zehn Prozent. Schwere Verluste waren die Folge – und die Insolvenz dieser einen DocMorris-Apotheke, die bald darauf wieder schloss. Die heimische Lokalpresse hat das gefeiert! Was für ein Sieg! Aber das Grüne Kreuz blieb.

Zurück zu meiner Schiller-Apotheke hier am Schiller-Platz, der auch ein bekannter Drogenumschlagplatz ist. Ich orderte die Medizin für meine Mitbewohnerin, die mir einen liebevollen Zettel geschrieben hatte. Aus dem Hinterzimmer kam unterdessen Herrn G.s Tochter dazu:

„Hallo, Herr Flotho!“

„Nabend!“

Sie ging zum Regal, in dem „Almased“ steht, holte routiniert eine Dose hervor und stellte sie auf den Tresen.

„Äh, nein, heute kein Almased. Ich hab‘ ’ne Suppendiät hinter mir und bräuchte jetzt eher etwas, was wieder dick macht. Als Kind bekam ich so einen Saft, weil ich damals noch kein Fett ansetzte und zu verhungern drohte. Gibt es das noch? So ein widerlicher Sirup war das.“

Irritiert stellte Herrn G.s Tochter das Almased zurück und blickte mich fragend an.

„Ja, war ein Scherz!“, sagte ich.

Herrn G.s Tochter holte also wieder das Almased und stellte es auf den Tresen. Nun wurde es unangenehm für mich:

„Nein, also der Teil war nicht Scherz. Nehme wirklich kein Alamsed.“

„Achso.“ Herrn G.s Tochter verzog keine Mine mehr, stellte das Almased zurück und ging wieder ins Hinterzimmer. Ich nahm an, sie erledigte dort Schreibkram und ich überlegte, ob es nicht einfacher für alle Beteiligten gewesen wäre, hätte ich das Almased einfach gekauft.

Nachdem auch die gratis Packung Papiertaschentüchter eingepackt war, verlasse ich die Apotheke betont gesund und beschließe, noch in den anliegenden Kiosk zu gehen, um mir Artikel des alltäglichen Bedarfs zu besorgen. Es regnet.

Ich erwerbe eine „Milka“-Schokolade mit „Smarties“ und eine „RitterSport“mit Vanille. Ich unterstütze RitterSport, da es sich um ein anständiges, deutsches mittelständischen Unternehmen handelt, das einem Preiskampf mit Milka ausgesetzt ist. Ich unterstütze aber auch Milka. Wegen der Smarties. Halte das für eine sensationelle Mischung und außerdem will ich „Mondelēz International“ als Sponsor gewinnen, werde also in nächster Zeit unauffällig viel über Milka schreiben. Ich meine, lila Kuh! Darauf muss man erst einmal kommen. Super Produkt, gerade die Schokolade mit den „Oreos“, den Autoreifen-Keksen! Die Smarties allerdings heißen bei Milka „Bunte Kakaolinsen“, die nicht bunt, sondern streng genommen nur farbig sind. Massiert sind sie allerdings wieder bunt. Die Oreos-Variante wollte ich eigentlich haben, war aber nicht vorrätig. Schokolade muss ich derzeit heimlich essen, da meine Mitbewohnerin fastet. Und auch sie erfährt hier zum ersten Mal, dass ich gestern heimlich zwei Tafeln Schokolade aß. Das Schicksal des Fastens hat sie sich selber auferlegt, da nehme ich nur ungern Rücksicht. Esse aber immerhin heimlich. Übrigens habe ich in den ersten sechs Wochen dieses Jahres keinen Alkohol getrunken. Das ergab sich aber nur so, war keiner Zielvorgabe geschuldet und passiert schnell mal bei mir, da ich Alkohol nur dann trinke, wenn ich einen deftigen Rausch zum Ziel habe. Feierabendbier -bzw. bei mir dann eher -wein kenne ich nicht.

Beim Verlassen des Kiosks kam es zu einer Verlegenheits- oder auch Übersprungshandlung. Vor der Ausgangstür lag eine Fußmatte. Und da ich einigermaßen ordentlich erzogen wurde, putzte ich mir also die Schuhe ab und trat dann in den Regen. Und da dachte ich, wie albern es für den Kiosk-Mann ausgesehen haben muss, wenn ein Kunde sich vor dem Herausgehen die Schuhe abputzt. Es war mir sogar leicht unangenehm, fragte mich dann aber auf dem Weg nach Hause, warum dann da überhaupt eine Fußmatte liegt. 

Und wie sooft treffe ich in meiner Wohngegend den einen Fan, den ich habe. Dieses Mal erkenne ich „Kapuzzen-Ulli“, wie ich ihn wegen seines Kapuzzen-Pullis, den er immer trägt, nenne. Weiß aber nicht, ob ich ihn grüßen soll. Ich finde, es sollte immer erst der Fan grüßen. Es hätte sonst so etwas Anbiederndes. Also starre ich ihn an, damit er sieht, dass ihm gerade sein Idol über den Weg läuft. Aber er guckt regenbedingt nur auf den Boden. Da hat man schon mal einen Fan und er sieht einen nicht! Also räuspere ich mich, obwohl ich ja kerngesund bin wegen der Zinkeinnahme. Aber er weiß ja nicht, dass ich Zinkjunkie bin. Er reagiert nicht auf mein Hüsteln, sodass ich es mit einem Hustenanfall versuche, den er ebenfalls ignoriert. Also nehme ich einen 500-Euroschein aus meiner Tasche, lasse ihn fallen und sage:

„Du hast da was verloren!“

„Was? Ah! Du bist das! Der Typ von Center.TV!“

„Ja. Nein. NRW.TV.“

Ja. Und dann ist da Schweigen. Warum fragt er mich nicht etwas? Wann sonst hat er die Chance, einen Star so ganz privat zu treffen?! Gut, wir treffen uns häufig. Aber heute ist mir besonders langweilig. Warum nicht plauschen? Er sieht meine Apotheken-Tüte.

„Hast du Schokolade in der Apotheke gekauft?“, erkundigt er sich.

„Was? Achso. Ja. Ich hab‘ da ne Bonuskarte. Zu jedem zehnten Nasenspray gibt’s ne Schokolade dazu. Mit Smarties übrigens!“

„Achso. Du scherzt?“

„Ja. War im Kiosk. Achso, kurze Frage. Du weißt nicht zufällig, warum da vor dem Ausgang eine Fußmatte liegt? Warum sollte man sich die Füße vor dem Herausgehen abtreten?!“

„Ich würde sagen, dass man sich die Füße abtritt, wenn man hereingeht.“

Achso. Wie doof kann ich sein?! Die Funktion der Fußmatte ergibt sich also aus der Perspektive heraus. Um 500 Euro ärmer, die ich auch vorher nicht hatte, gehe ich wieder nach Hause und nehme hochkalorige Schokolade zu mir.


Ich möchte darauf hinweisen, dass die Nominierungsphase für die „Seppo Blog-Auszeichnung 2016“ begonnen hat. Infos dazu findet Ihr auf meiner Facebook-Seite und in der Blogger-Gruppe „Ich blogge – Wer liest?„, wo auch die Nominierungen entgegen genommen werden!

12779199_966553026713215_2561134489449631357_o