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Ich lehne es ab, bestimmte Menschen großartig zu verehren. Mich interessieren beispielsweise Autogramme überhaupt nicht, ob von Künstlern egal welcher Art, von Sportlern oder anderen aus der Gesellschaft herausragenden Personen. Ich finde den ein oder anderen sicherlich ganz toll, aber ich müsste ihn deswegen nicht direkt persönlich treffen. Das Verehren von anderen hat auch immer etwas sich selbst Erniedrigendes. Es liegt mir persönlich völlig fern, andere mir gegenüber zu überhöhen. Nicht etwa, weil ich mich so toll finden würde, sondern einfach, weil ich mich niemandem erniedrigen möchte.

Anhimmeln ist nicht meine Art. Anhimmeln ist peinlich. Mir könnte jetzt, keine Ahnung, Leonardo DiCaprio über den Weg laufen und mir anbieten, seinen Oscar zu streicheln, ich würde weitergehen und unter gar keinen Umständen ein Selbstporträt mit ihm machen wollen, um es dann am besten noch irgendwo zu „posten“. Ich finde das für mich persönlich – es muss ja nicht für andere gelten – leicht peinlich. Gut, ich müsste natürlich damit rechnen, dass er mit mir abgelichtet werden will; in dem Fall würde ich mich freilich erbarmen. Übrigens finde ich DiCaprio toll. Filme wie „Aviator“ (extrem gut), „The Wolf of Wall Street“ (tolle Koks-Szene!), oder „Hanging in the Tree“ (botanisch interessant) finde ich sensationell und habe sie auch alle hier im Regal rumstehen.

Aber ich bin ja auch cain konsequenter Typ, auch wenn ich das gerne wäre. So gesehen gibt es etwa drei Menschen, in Teilen tot, die ich unfassbar verehre. Und weil das so grandiose Menschen sind, beziehungsweise waren, ist mir dieser eklatante Widerspruch zu den vorangegangenen Absätzen völlig egal. Dass der eine natürlich Vicco von Bülow ist, ist gar keine Frage. Würde ich den Mann treffen, was sehr wahrscheinlich unwahrscheinlich ist, ich würde auf die Knie fallen und mich mit einer unfassbaren Lust der Selbsterniedrigung hingeben, wie es mir bislang nur bei Frauen passiert ist. Was für ein Gott! Was für ein genialer Geist und gleichzeitig so angenehm spießig, so normal und vielleicht eben doch nicht spießig.

Den zweiten will ich hier verschweigen. Denn ich komme da in einen Konflikt. Nicht nur lehne ich Götzenverehrung ab, ich lehne auch den Versuch ab, an Vorbilder heranzukommen. Ihnen also nachzueifern. Aus zwei Gründen: Zum einen ist es ganz klar vermessen. Würde ich also versuchen, an „Loriot“ heranzukommen – es wäre peinlich, das auch nur in Erwägung zu ziehen, es wäre unerträgliche Selbstüberschätzung und so anmaßend kann nicht einmal ich sein. Zum zweiten wäre es schlicht bloßstellend, jemanden zu kopieren. Man muss sich schon selber finden und wenn dieses „Selbst“ eben nicht so genial ist wie das Vorbild, dann muss man eben damit leben.

Zwischen mir und meinem zweiten Idol allerdings sehe ich massive Parallelen, ohne freilich dass ich an ihn heranreichte. Siehe oben. Beobachte ich mich selbst mit einigem Abstand, dann sehe ich, wie sehr ich Eigenarten jenes Vorbildes angenommen habe, da jahrelang konsumiert. Die Ähnlichkeiten sind nicht zu übersehen. Und dann würde man mir eben unterstellen, ihn aktiv zu kopieren, seine Größe erreichen zu wollen. Aber exakt das würde ich mir ja eben nicht anmaßen, aber wer würde mir das dann noch glauben?! Das ist der Grund, warum ich es nicht an irgendeine große Glocke hänge.

Anders als bei Vicco von Bülow würde ich mir aber nicht in die Hose machen, träfe ich jenes mysteriöse Vorbild. Ich habe mir eben nur viel abgeguckt von dieser Person, was bis hin zum Minenspiel gereicht. Es war keine Absicht von mir, es ist über rund 20 Jahre und länger einfach so passiert. Übrigens, es geht hier nicht um Stefan Raab. Bei aller Liebe …

Das dritte Vorbild ist nicht direkt ein Vorbild. Denn Ephraim Kishons Werk ist ja gar nicht zu übertreffen und auch das Ergebnis einer politischen und gesellschaftlichen Weltlage, die heute eine andere ist. Ich lese ihn gerne und das auch mit dem Wissen, selbstredend nicht an ihn heranzukommen. Der Gedanke daran ist bereits peinlich und sträflich. Daher lehne ich den Begriff „Idol“ ja letztlich ab. Ich will ja mein eigenes Ding machen. Aber hier und da lässt man sich inspirieren. Eben wurde ich im Rahmen eines Interviews gefragt, wie ich darauf kam, immer von meiner „Mitbewohnerin“ zu sprechen. Ich will die Antwort natürlich jetzt nicht vorweg nehmen, aber ich halte es für möglich, mich bei der „besten Ehefrau von allen“ bedient zu haben. Es beeinflusst einen natürlich und als ich vor einem halben Jahr alle Kurzgeschichten Kishons sowie einen leider miesen Roman aus seiner Feder konsumiert habe, blieb es natürlich nicht aus, dass ich beim Lesen oft dachte, „Geil, das mache ich auch!“ Ich habe aber auch schon Dinge getan, die ich erst später bei Kishon wieder entdeckte.

Am Wochenende machte mich Kollegin Natascha darauf aufmerksam, dass Kishon sich einmal selbst interviewt habe. Ich kannte dieses Interview nicht, musste aber sofort an mich denken. Hier im seppolog habe ich mich ebenfalls einmal selber interviewt. Ich muss es gerade mal suchen. Achja, hier. Also, vieles sind eben nicht originäre Ideen und das meiste war eben schon einmal da. Es ist schwierig, das Rad neu zu erfinden. Ich klaue nicht, aber ich lasse mich inspirieren. Davon abgesehen finde ich gekonntes Klauen völlig legitim.

Penetrantes Klauen, das Eins-zu-eins-Stehlen, trägt sich ohnehin nicht. Eine Kopie wird als solche sofort erkannt und kann im Übrigen nicht der Anspruch des Diebes sein. Ein Beispiel: Eine Leserin des seppologs hatte vor einiger Zeit eine Idee. Es ging da um die Frage nach mehreren Persönlichkeiten einer Person. Sie sah auf mich bezogen mehrere Seppos, die meine Persönlichkeiten repräsentieren, an einem Tisch sitzen und miteinander diskutieren. Die Leserin schrieb mir davon. Und verdammt, als ich es las, dachte ich, „Warum bin ich nicht darauf gekommen?!“ Und habe kurz überlegt – und tue es noch -, die Idee zu klauen, was mir jene Leserin auch durchaus erlaubt hat. Aber ich werde es lassen. Da es nicht meine Idee war. Verdammt, es lag so nahe. Fünf Seppos an einem Tisch, miteinander streitend. Ach, drauf geschissen, vielleicht mache ich es doch einmal. Es reizt mich zu sehr. Aber ich würde hadern. Damit, dass es nicht meine Idee war.

Ideen kommen. Von alleine. Das Angenehme an Ideen ist gleichzeitig ihre unangenehmste Eigenschaft: Man kann sie nicht erzwingen. Sie müssen von selbst kommen. Ich kann natürlich nur von mir reden, aber mir selber ist es unmöglich, mich hinzusetzen und auf eine Idee zu warten, diese zu erzwingen oder zu erarbeiten. Und das ist das Angenehme: Man muss für Ideen nichts tun. Weil man nicht kann. Sicherlich, die exogenen Bedingungen können beeinflusst werden, eine angenehme Atmosphäre fördert Ideen vermutlich schneller zutage. Mir kommen sie aber unvermittelt beim Duschen oder beim Sport. Aber nicht etwa, weil ich nach ihnen gesucht hätte. Sobald ich mich hinsetze und denke, „So, nun braucht es eine Idee“, kommt natürlich keine. Dieser Text beispielsweise ist das Ergebnis einer Ideenlosigkeit. Denn derzeit warte ich, wie alle paar Wochen immer mal wieder, auf einen Geistesblitz. Der wird kommen, keine Frage. Er kommt immer. Vielleicht noch heute Abend, vielleicht aber auch erst kommende Woche, was etwas ungünstig wäre. Aber das ist das Schöne: Ich muss nichts tun, damit er kommt, er tut es von allein.

Übrigens, einen Menschen verehre ich ganz sicher. Ich werde ihn heute Abend wiedersehen.


Ideenlosigkeit auf der ganzen Linie ist auch auf meiner Facebook-Seite nicht zu übersehen!

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