Was soll ich sagen. Erst massiv Sport, dann nichts essen und dann den ein oder anderen Wein trinken. Das geht durchaus. Man darf sich nur dann nicht irgendwann wundern, wenn man auf einer imaginären Ölspur auf einer Treppe „ausgleitet“ und sich schwarzfahrend in einer Straßenbahn wiederfindet, die plötzlich und unerwartet links abbiegt, obwohl sie doch jahrelang immer geradeaus gefahren ist. Zu mir. Zu meiner Mitbewohnerin. Die mir eine sehr große Stütze ist.

In Bahnen ist meist nicht günstig stehen. Da wackelt man schon mal ein wenig. Und mit entsprechender Wein-Bestückung wackelt man ohnehin schon. Ich stand da also in der Bahn mit Tunnelblick und hielt mich hochkonzentriert an einer Stange fest, um sehr souverän und vor allem: nüchtern! zu wirken. Und unternahm den Versuch, meine Mitbewohnerin anzurufen und über die Sachlage zu informieren. Dass ich nämlich vermutlich die Wohnungstür nicht selbständig werde öffnen können und eben auf ihre Hilfe von innen angewiesen sei.

Das Anrufen war so eine Sache. Ausgerechnet die Telefon-Funktion meines Handys ist die mir fremdeste. Ich tippte auf das Gesicht meiner Mitbewohnerin, aber irgendwie wurde keine Verbindung zum Amt hergestellt.

„Ich höre kein Amt!“

Mir gelang es zweimal, Kollegen Bunki anzurufen, den ich gar nicht sprechen wollte. Mir gelang es aber nicht, meine Mitbewohnerin auf ihrem Handy zu erreichen. Ich wählte ihre Nummer dann aus dem Kopf, nur um festzustellen, dass auch entsprechende Gehirnzellen gerade schwer erreichbar waren. Was mich wahnsinnig machte, war die Tatsache, dass immer wieder ihr Bild aufploppte, aber kein Telefonhörer darunter, den ich hätte antippen können.

Ich wählte dann unsere Festnetznummer. Die wähle ich nie, kann sie aber auswendig. Die ist wirklich äußerst lang, aber auch im Dämmerzustand kein Problem für mich. Und sie ging ran, meine Mitbewohnerin! Meist ist unser Festznetz auf „lautlos“ gestellt, was es für viele schwierig macht, uns zu erreichen. Aber: Sie ging dran!

„Folgende Situation: Leitungswasser hat mich schrittfähig gemacht. Doch dann machte die Bahn unerwartet einen Schlenker. Und auf der Treppe war Öl, ich wäre da so oder so ausgerutscht.“

„Öl?!“

„Ja, Seltsam. Warum eigentlich Öl? Vielleicht Speiseöl!“

„Wo bist du?!“

„Ja, die Frage ist berechtigt. Da die Bahn vielleicht wegen des neuen Liniennetzes neuerdings einen Schlenker nach links machte, war ich kurzzeitig verloren. Dann sah ich aber die Bilker Kirche. Und da bin ich jetzt.“

„Warum gehst du zu Fuß?“

„Weil die Bahnen heute alle unerwartet links abbiegen. Und einem Taxifahrer wollte ich mich nicht zumuten.“

„Warum gehst du an solchen heiteren Abenden immer zu Fuß?!“

„Weil das Leitungswasser es möglich gemacht hat! Ich saß eben eine halbe Stunde einfach nur da, weil ich mich etwas indisponiert fühlte. Dann hielt ich es für eine gute Idee, nicht mehr die Altstadt als Ziel ins Auge zu fassen.“

Um die Zeit während des Spazierganges totzuschlagen, entschied ich, Kontakt zu Sabrina, einer Freundin in den USA, aufzunehmen. Via Facebook. Nach drei Versuchen, ihren Namen zu schreiben und zwei Liebeserklärungen später setzte ich sie über meinen Zustand in Kenntnis, den sie aber schon erahnt hatte:

sabina

Sabrina war also nun im Bilde und hatte vermutlich Spaß an den Tippfehlern, die aber auch das Ergebnis der Tatsache sind, dass ich eine sehr claine Tastatur-App benutze. Das hatte nun mit den ein, zwei Gläsern Wein überhaupt nichts zu tun. Ich bin ja schon glücklich, dass ich nicht dem oder der falschen geschrieben hatte, wie es mir auch gerne passiert. Das ist dann immer ausgesprochen peinlich und kann ganze Katastrophen auslösen. Ich darf da gar nicht drüber nachdenken.

Die Unterhaltung mit Sabrina blieb kurz, da ich technische Probleme hatte und überdies feststellte, dass ich mich gar nicht mehr bewegte, sondern an einer Hauswand lehnte, was mich weder im Leben noch an diesem Abend weiterbrachte. Aber eine vernünftige Entscheidung, die mein Körper da ganz autark getroffen hatte.

Es folgte eine Nacht, in der mir das Unglück dieser Welt sehr deutlich wurde. Ich weckte meine Mitbewohnerin, um sie über verschiedene Missstände und mögliche Szenarien in Kenntnis zu setzen. Sie ist sehr verständnisvoll, wenn ich sie nachts wecke, weil mir etwas auf der Seele brennt. Meist erinnert sie sich am nächsten Morgen ohnehin nicht daran, ich glaube, sie stellt sich oft einfach wach, während sie schläft. Teufelsweib!

Überdies kamen wir zu dem Schluss, dass sich aber vieles doch sehr positiv entwickeln würde. Ich nutzte die Wachphase noch, um einen halben Liter Fanta zu trinken, die irgendwie meinen Magen angriff, was ich aber einfach überschlief. Wenn man nur schnell genug einschläft, merkt man etwaige Magenschmerzen gar nicht.

Heute Morgen entpuppte sich die Fanta als „Schwip-Schwap“. Geht auch, aber für solche Nächte brauche ich eigentlich Fanta. Ist ja in Schwip-Schwap drin. Ich weiß gerade gar nicht, ob es Schwip-Schwap heißt. Ist eben „Mezzomix“ von Pepsi. Eigentlich widerlich süßes Gedöns. Leider alles ausgetrunken.

Gallo!!!

Perspektivisch gestaltet sich das nun so, dass ich mich in eine Sportorgie stürze und hernach kalt dusche. Kaltes Duschen ist bei mir probates Mittel gegen alles. Gerädert? Kalt duschen! Kater? Kalt duschen! Kopfschmerzen? Kalt duschen! Grippe? Kalt duschen! Kummer? Kalt duschen! Kalt? Kalt duschen!

Mittels Kalender informiere ich mich nun darüber, welchen Wochentag wir haben. Ich lege nicht meine Hand dafür ins Feuer, dass heute Donnerstag ist.

Katastrophen im Leben gilt es stets mit einer geballten Ladung blinden Optimismus‘ zu begegnen. Hier zeigt sich der wahre Charakter, die tatsächliche Stärke einer Persönlichkeit. Und bei vielen Dingen ist man dann sehr froh, nicht alleine zu sein.

Und ich schwöre, auf dieser Treppe war eine Ölspur!


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