schalf

Derzeit trage ich mich mit dem Gedanken, unser Schlafzimmer umzugestalten. Meine Mitbewohnerin ist zwar mit dem Status quo zufrieden, aber ich werde mein Vorhaben diktatorisch durchsetzen. An mir ist ein guter Diktator verloren gegangen, aber es gibt möglicherweise bald wieder bedarf, wenn sich Teile des deutschen Volkes nicht endlich berappeln. Mir schwebt für die bislang eher weiße Wand ein Braunton vor. Nicht das Braun einer NSDAP-Uniform, sondern eher ein wohnliches, gediegenes. Ohne genau zu wissen, was „gediegen“ genau bedeutet. Ein modernes Braun.

Wenn es um BraunRaumgestaltung geht, ist eine gute Freundin eine gute Ansprechpartnerin. Das gilt nicht für jeden, das gilt aber für mich und Sabrina USA. Sabrina ist Deutsche, hatte aber genug vom „Netto“ in der Düsseldorfer Ellerstraße, was man ihr nicht verübeln kann. (Ich selber traute mich bislang da noch nicht rein.) Aber deswegen gleich auswandern?! Konsequent. Mag ich. Sabrina ist auch in ihrer Raumgestaltung sehr konsequent, derzeit sprüht sie ihre Möbel alle weiß um. So ist jedenfalls mein Eindruck. Ich glaube, auch weiße Möbel sprüht sie noch mal weiß an, um sicherzugehen. Sie ist im Wahn. Bei uns wiederum ist bereits alles an Holz weiß. Sie selber hat unseren Fernseh-Schrank von „Ikea“ übrigens in einem Braunton. Vermutlich wird auch der weiß gesprüht.

Sabrina USA hat schlechte Erfahrungen mit Wandtatoos gemacht. Zurecht. Darum werden etwaige Muster bei ihr an die Wand gemalt. Vielleicht auch gesprüht, da müsste ich noch mal nachfragen, denn für unser Schlafzimmer ist ebenfalls ein Muster vorgesehen. Wir sprechen hier nicht von Blümchen oder anderen filigranen Dingen, sondern eher von geometrischen Formen. Sie hat nun ein breites Streifenmuster in einem Grauton. Das sieht auch meiner Meinung nach so gut aus, dass ich mit einer exakten Kopie ihres Werkes liebäugel‘. Allerdings sind bereits unsere neuen Schlafzimmer-Vorhänge braun und ich wage nicht, einen dritten Farbton neben dem Weiß ins Schlafzimmer zu bringen. Unruhiger Schlaf könnte die Folge sein. Braun, grau und weiß – mir schon zu bunt.

Als ich vergangene Woche grippebedingt einige Cait hatte, mir unsere Wände anzugucken, hatte ich medikamentenbedingt ausgesprochen tolle Muster an eben diesen gesehen. Leider hielten sie nicht still, sodass ich mir keines wirklich merken konnte. Aber ich habe ja eine Designerin im Hause, meine Mitbewohnerin. Ihr Design-Studium zahlte sich unter anderem bereits bei der Gestaltung des Wohnzimmers aus. So etwas geht aber nicht schnell, wenn sie aus Fotos des entsprechenden Raumes ein 3D-Modell zusammensetzt und dort verschiedene Deko-Konzepte virtuell umsetzt. Damit das deutlich wird: Die Konzepte entstammen meinem Hirn, die Umsetzung liegt eher in ihren Händen, wobei meine helfend dabei stehen. Es beginnt ja schon beim Abkleben der Wände, um die Muster vorzuzeichnen. Dabei sind ruhige Hände und Geduld gefragt.

Ruhige Hände: Habe ich nicht. Das Klebeband in meinen Händen bleibt an Stellen kleben, wo es nicht zu kleben hat. Beim Abreißen der Fehl-Klebung reiße ich die ersten Stücke der Tapete mit ab.

„Kann man drüberstreichen.“

Geduld: Habe ich nicht. Ich wäre gerne bereits fertig, bevor ich angefangen habe. Der Übergang zwischen Idee und Umsetzung ist ein mir qualvoller und langwieriger. Ich trinke dann gerne einen Wein dabei, damit mir subjektiv die Zeit kürzer erscheint. Das verträgt sich aber überhaupt nicht dem Anbringen von Markierungen, die insbesondere waagerechte oder lotgerade Linien vorgeben sollen. Hier muss also meine Mitbewohnerin ran, der das allen Ernstes auch noch Spaß macht! Und zwar ohne Wein. Während sie also auf der Leiter steht und meine Konzepte umsetzt, stehe ich mit einem Weinglas auf dem Boden der Tatsachen und kommentiere delegierend. Manchmal reiche ich die Wasserwaage oder eine weitere Rolle Klebeband.

„Das ist schief!“, sage ich, wenn ich etwas Schiefes vorfinde. Es ist immer gut, wenn jemand danebensteht und auf Fehler aufmerksam macht.

„Ja, dein Konzept sieht aber exakt dort eine 10°-Steigerung vor!“

„Ach?“

Das geschieht dann auch gerne; dass ich mein eigenes Konzept vergesse. Das allerdings wird dieses Mal etwas einfacher, denn ich klaue ja das von Sabrina USA, die nichts dagegen wird ausrichten können, denn sie ist ja weit weg. Vielleicht baue ich ihre komplette Wohnung eins zu eins nach. Dann fühlt sie sich hier wohl, wenn sie mal wieder hier nächtigt.

Streichen kann ich. Das kann ja jeder Idiot. Hat meine Mitbewohnerin also die geometrischen Muster „vorgeklebt“, schwinge ich Pinsel und Rolle, wobei nicht wenig Farbe auf den hoffentlich abgedeckten Boden fällt. Ich kann heute noch sehen, welche Schuhe ich beim Streichen (dunkelrot) der Küche trug, da ich so etwas wie „alte Schuhe“ für Werkarbeiten nicht besitze. Ich überlege bereits, welche Schuhe ich beim Bemalen des Schlafzimmers trage. Am besten braune, sollten wir uns auf den Braunton festlegen. Das entscheidet allein die Simulation am Rechner, die einige Tage in Anspruch nehmen wird. Und so verabschiede ich mich von dem Anspruch, das Schlafzimmer bereits am kommenden Wochenende umzugestalten, denn die Simulation braucht ihre Zeit.

Zum Eklat kam es vor Kurzem wegen des Bildes, das über unserem Bett hängt und wohl auch hängen bleiben wird. Wir kauften es vor Jahren in einer Kunstgalerie bei Ikea. Es war ein Missverständnis. Ich hab’s eh nicht mit Bildern, wenn nicht gerade ich selber darauf abgebildet bin. Jenes Bild zeigt „Die Schlafende“ oder „Die Tote“, ich weiß es nicht. Damals an der Kasse stellten wir fest, dass wir das Bild vergessen hatten. Meine Mitbewohnerin machte kehrt, um das zu holen, auf das wir uns geeinigt hatten. Als sie mit der Toten oder Schlafenden zurückkam, war mir klar, dass die Einigung zu meinen Ungunsten verlaufen sein musste. Und da ich keine Lust mehr auf Ikea hatte, ließ ich mir das Missverständnis nicht anmerken und teilte ihr erst vor wenigen Wochen mit, dass ich das Bild über unseren Köpfen abgrundtief verachte.

„Weil du nicht darauf abgebildet bist?“, fragte sie.

„Weil es hässlich ist.“

„Das wird aber jetzt nicht ausgetauscht. Auch nicht heimlich, wenn ich mal nicht da bin!“

Schade, das ist nämlich sonst immer mein Vorgehen. Habe schon mal ihr Zimmer umgestaltet, das kam nicht gut, was ich bis heute nicht verstehe, weil ich dem Ganzen ein tolles Wohnkonzept zugrunde legte.

Möglich, dass ich versehentlich das Bild überstreiche, aber auch auf diese Tricks ist sie gefasst. Aber sie wird unruhig, wenn sie diese Zeylen lesen wird. Denn sie wurde schon unruhig, als ich ihr andeutete, dass mir die blauen Vorhänge im Schlafzimmer nicht gefallen. Sie wurde zurecht unruhig, denn ich tauschte sie in ihrer Abwesenheit aus. Das allerdings ging gut, sie hat sich noch nicht beklagt.

Oder sie hat sich bereits von mir getrennt. Aber ich brauche sie noch. Für die 3D-Simulation.

Gerade werde ich informiert, dass es sich bei der „Toten“ um „Meerjungfrauen“ von Gustav Klimt handelt. Lag ich wohl daneben.


Auch die Umgestaltung des Schlafzimmers werde ich auf meiner Facebook-Seite begleiten.

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