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Ich habe in zwei Wochen einen Zahnarzttermin. Da ich bar eines Kalenders bin, notiere ich mir den Termin mal eben hier: 26.04., 10.30 Uhr.

Das Schlimmste, was mir passieren kann, sind Krankheit und Tod. Das trifft auf so ziemlich jeden von uns zu. Insofern freue ich mich, dass gerade nur der zweitschlimmste GAU (Kann es per definitionem einen zweitschlimmsten GAU geben?!) eingetreten ist: Mein Internet-Anbieter hat das Anbieten eingestellt, ich bin nun ohne Netz. Aus Erfahrung weiß ich, dass das bis zu zwölf Stunden und länger dauern kann.
Das hat enorme Auswirkungen auf mein befristetes Dasein:

Zum einen war mein Plan, mich nun in ein Atem beraubendes Krafttraining zu stürzen. Das geht auch ohne Netz, allerdings wollte ich es heute wieder mit meinem neuen Freund „The Big Brandon Carter“ tun. Weil er nicht extra wegen mir aus den USA anreist, besucht er mich via Youtube. Er ist ein wunderschöner, gut gebauter Mann mit einem denkbar hohlen Lachen, das mich wiederum beim Verausgaben zum Schmunzeln bringt. Ich sehe zwar nicht so toll aus, dafür lache ich nicht so albern. Vielleicht anders albern. Aber eben nicht hohl.
Brandon wird heute auf mich verzichten müssen und auch diesen Text schreibe ich nun bei „Open Office“, um ihn dann später, wenn alles wieder gut wird, online zu stellen.

Selbst wenn ich ohne Brandon gleich den „Bergsteiger“ gepaart mit der „Planke“ ausführe, so ließ ich mich doch gerne dabei durch „Netflix“ berieseln. Auch das geht nun nicht, zumal ich mein mageres Handy-Datenvolumen dafür nicht anzapfen möchte. Es wäre nach wenigen Sekunden verbraucht.
Herkömmliches Fernsehen meide ich inzwischen vollständig, bediene mich da wenn überhaupt der Mediatheken, die nun natürlich auch offline sind.

Das Büro meiner Mitbewohnerin ist zufällig beim selben Netz-Anbieter wie wir hier privat. Das Unternehmen ist hervorgegangen aus der „Citykom Münster“, einem ehemaligen Betrieb der Stadtwerke meiner Heimatstadt. Nur aus alter Verbundenheit bin ich dort noch Kunde, auch wenn es nicht zu mehr als 16 Mbit gereicht, was für meine Zwecke aber genügt. Nur aus Angst vor der Telekom, Unitymedia und Vodafone bleibe ich ihnen auch trotz dieses Ausfalls treu, denn möglicherweise ist eh der Bruch einer Telekom-Leitung wieder einmal verantwortlich für dieses Desaster.

Nicht auszudenken, ich lebte in einem „Smart Home“. In dem Fall würden nun sämtliche Lebenserhaltungssysteme hier kollabieren. Die Rollladen würden schließen, die Heizung auf Hochtouren laufen und der Kühlschrank Butter in einer Endlosschleife nachbestellen. So gesehen hält sich der Schaden in Grenzen.

In meiner Verzweiflung habe ich unser Gästezimmer hergerichtet, da wir einen Gast erwarten. Nachdem ich fertig war, fiel mir auf, dass der Gast nicht diese, sondern nächste Woche anrückt, was meine Übersprunghandlung nun erst recht obsolet gemacht hat.

Immer wieder blicke ich zum Router, den ich natürlich schon zweimal neu gestartet habe. Da ist dieses eine Licht, das leuchten muss, es aber nicht tut, was eben den Ausfall der Daten-Infrastruktur signalisiert. Kein Licht-, ein Nicht-Signal.

Was auch immer hilft, ist der Blick auf „allestörungen.de“, wo sich die Zahl der Meldungen unter den Stichworten „Düsseldorf“ und „[Netzanbieter]“ inzwischen vervierfacht hat. Allerdings für den Raum Berlin. Bei jedem Ausfall, der Düsseldorf betrifft, scheinen das Büro meiner Mitbewohnerin und ich die einzig Betroffenen zu sein. Und auch zu ihr brach der Kontakt vor einer halben Stunde ab, sodass ich ahne, dass sie in derselben Situation ist wie ich. Mit dem Unterschied, dass ihr Arbeitgeber lahmgelegt ist und sie samt Kollegen sich einer langen Mittagspause delektieren können.

Auf „allestörungen.de“ meldet nun ein Nutzer: „Velbert auch keine Verbindung. Servive telefonisch wie immer nicht erreichbar.“
Ich habe nie das Verlangen, meinen „Provider“ anzurufen, wenn etwas nicht klappt. Denn ich nehme nicht an, dass er sich mit der Reparatur sputet, nur weil ich anrufe.
Auch in Remscheid kein Netz mehr, erfahre ich gerade.
Mein „AirDroid“, also das Programm/die App, das/die mein Handy mit dem PC verbindet, warnt mich ebenfalls:

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Ich kann wichtige Nachrichten verpassen? Das ist vielleicht der einzige Vorteil dieses Debakels! Dass ich nicht erreichbar bin.

Auch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten werden die Konsequenten spüren. Denn eben wollte ich meinen monatlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung des Qualitätsfernsehen (nicht ironisch) leisten. Das kann ich nur online, analog kann ich das nicht mehr. Ich tue das übrigens gerne und werde auf Protest erst gar nicht eingehen, da selten fundiert. Nun aber ist damit zu rechnen, dass der WDR heute sein Programm einstellen wird. Das wiederum empfinde ich nicht als Verlust.
Übrigens sendet der „Bayerische Rundfunk“, also eher das „BR Fernsehen“, wie es nun auch im neuen Logo heißt, erstmals die 20 Uhr-Ausgabe der „Tagesschau“. Das ist in Bayern wie so vieles, was anderswo normal ist, eine Art Revolution. Die gerät nun natürlich nach Ausbleiben meines Rundfunkbeitrages in Gefahr.

Weitere Störungen in Dortmund, lese ich. Aber ich lese nichts von Düsseldorf.

20160412_120251.jpgTja, Brandon, das wird heute nichts mehr mit uns. Ich habe schon alle analogen Dinge erledigt, besuchte gar einen Gottesdienst mir zu Ehren. Ist der jeden Dienstag?!

Warum fällt eigentlich immer nur das Netz-Netz aus, nie das Festnetz-Netz?! Das ich so gut wie nie gebrauche, wenn ich nicht gerade mal einen Zahnarztterin ausmachen muss? Auch Kaffee geht nicht mehr, da meine Maschine netzbasiert ist. Man möchte meinen, das bloße Kochen könne sie auch ohne W-Lan. Aber sie ermittelt immer die günstigsten Strom- und Kaffeepreise und bezieht auch den Aspekt des fairen Handels mit ein. Liegt nun auch brach. Hoffentlich bricht nicht noch der faire Handel zusammen.

Vor etwa 16 Jahren war ich ganz ohne Internet und es war normal. Ich beklage aber keinesfalls die Abhängigkeiten von Technologien, denn das war der Mensch schon immer, also abhängig. Ob vom Fell, das er trug, vom Keil mit dem er Feuer schlug oder von der Post-Infrastruktur. Jetzt ist es eben das Netz der Netze.

Mein Plan war, diesen Text auf mein Handy zu mailen, um ihn von dort zu veröffentlichen. Geht natürlich auch nicht. Darum transferiere ich nun kompliziert über Datenkabel. Der Leser merkt, es hat irgendwie funktioniert!

Jetzt lese ich eine weitere Nutzer-Meldung: „Master-Störung im Großraum Düsseldorf.“ Master-Störung gefällt mir!


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