pakren

(Update unten)

Ich habe mal gelesen, dass das Parken mit Damenbegleitung in den USA auf Sex auf der Rückbank des Autos hinausläuft. Diese Absichten hatte ich gestern Abend nicht, als ich mit meiner Freundin Lara einen Parkplatz suchte. Nicht nur der romantische Holzverschlag ist Legion, auch meine allabendliche Parkplatzsuche, die inzwischen sich zum Problem entwickelt, das Kosten verursacht. Und auch Lara ist Legion, dem werten Leser hinlänglich bekannt. Lara hat mich gestern zur Weißglut getrieben, was sonst nur zwei weitere Frauen in meinem Leben schaffen. Wie zum Beispiel meine Kollegin Emily, die mir jüngst einen Tipp zur Parkplatzsuche an die Hand gab:

Ich müsse mir den freien Platz nur vom Universum wünschen. Da ich an die unterschwellige Kraft der Gedanken, auch zerstörerischer, durchaus glaube, habe ich mir also allabendlich gewünscht, dass da ein Parkplatz frei sei. Dreimal hintereinander hat das funktioniert, sodass ich auch am vierten Abend in Folge der absoluten Überzeugung war, dass da wieder ein Parkplatz nur so auf mich warte.

Fehlanzeige. Das Universum hatte versagt, ich musste einige Kilometer weiter weg in meinem Ausweichquartier parken. Weiter weg zwar, was ich stets verfluche, aber immer mit freien Stellplätzen.

Seit einigen Tagen verhält es sich zu meiner Trübsal nun leider so, dass ich weder in Wohnungsnähe noch im Ausweichquartier einen Platz finde. Was mich zu einer ganz wesentlichen Frage bringt: Warum zur Hölle ist an manchen Tagen viel frei, an anderen hingegen absolut nichts? Ich erkenne keinen Zusammenhang mit den Wetterverhältnissen, Schulferien oder besucherreichen Veranstaltungen in meiner Nähe. Es gibt Stauforschung, es muss doch auch Parkplatzforschung geben!

Einigermaßen publikumswirksam machte ich Emily darauf aufmerksam, dass die Universums-Wünsch-Dir-Was-Nummer nicht funktioniere. Ich sah alle Argumente dafür auf meiner Seite. Emy versteht es aber fantastisch, mich zu widerlegen:

„Wenn es nicht funktioniert, dann nur, weil du nicht daran geglaubt hast!“

„Aber ich habe daran geglaubt!“

„Dann hatte das Universum einen Grund dafür, dich keinen Parkplatz in Wohnungsnähe finden zu lassen. Vielleicht wärst du sonst zu früh in deine Wohnung gekommen und hättest deine Mitbewohnerin mit ’nem anderen erwischt!“

Das geht schon in Richtung Theodizee, nur eben nicht auf Gott, sondern auf das Universum bezogen. Ich also:

„Aber dann ergibt das doch alles keinen Sinn, wenn sich das Universum meinen Wünschen widersetzt!“ (Diese Aussage muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, merke ich gerade beim Korrekturlesen!)

„Du musst deinen Wunsch auch exakt ausformuliert einreichen. Immerhin hattest du ja auch einen Parkplatz gefunden. Nur eben nicht in Wohnungsnähe. Du hattest dir einen Parkplatz gewünscht, du hast ihn bekommen!“

Emily und ich kommen da nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Emy, ich bin großer Fan von dir, aber diese Parkplatz-Geschichte entzweit uns.

Lara, sie ist Freundin und meine Nachbarin. Gestern holte ich sie auf meinem Heimweg vom „Savoy Theater“ ab, wo sie nebenbei arbeitet. An der Bar. Ich hatte ihr vorab angekündigt, dass sie zu Fuß schneller zuhause sein würde, als wenn sie mit mir noch ’nen Parkplatz suchte, freute mich aber über ihre Gesellschaft.

Und ich war guter Hoffnung, was den Parkplatz anbelangte, denn Emy hatte mir noch einmal geraten, meinen Wunsch sehr genau zu formulieren. Ich instruierte auch Lara, die übrigens nicht wie vereinbart vor dem Theater auf mich gewartet hatte, sondern im Theater, was sie mit dem Regen begründete. Was mich aber in Schwulitäten brachte, denn ich fand sie nicht und musste nun auch vor dem „Savoy“ einen Parkplatz finden, was ein Ding der Unmöglichkeit ist. Und ich wollte keinesfalls das Universum zweimal an diesem Abend wegen profaner Parkplätze behelligen.

Zumal es vorgestern so gar nicht funktioniert hatte, was ich spätestens bemerkte, als ich das Knöllchen über 25 Euro unter meinem Scheibenwischer fand. 25 Euro statt 15, da ich zusätzlich zur Straße noch einen Schulweg blockiert hatte. Ich führe einen einsamen Kampf gegen die Stadt Düsseldorf.

Ich reihte mich gestern also ganz gegen meine Art in die Taxischlange vor dem Theater ein, ließ mich behupen, was zu ersten Aggressionen führte, die ich beiseite wischte, da ich mir meiner Untat bewusst war. Es dauerte nicht lange, bis der erste Taxifahrer bei mir an die Scheibe klopfte.

„Kannst hier nicht parken! Ist Taxi!“, informiert er mich relativ freundlich.

„Notfall, ich muss meine schwangere Frau hier abholen.“

„Ah, dann kein Problem. Ich kann dich ins Krankenhaus fahren!“

„Ne, ich hab‘ ja selber ein Auto.“

Diesen perfiden Plan hatte ich mir vorab zurecht gelegt, dann schnell Lara angerufen, die für ihre Verhältnisse recht zügig aus dem Theater kam und zustieg. Steige zu, Lara, steige zu!

Der Taxifahrer ruft „Alles gut!“ ins Auto, Lara guckt verwirrt und will schon was sagen, da fahre ich ihr über den Mund: „Wird ein Junge!“

Lara: „Was?!“

„Ich musste dich temporär schwängern.“

„Ich verstehe dich nie.“

„Wir erwarten ein Kind. Fahren jetzt aber nicht ins Krankenhaus, sondern nach Hause.“

„Krankenhaus?!“

Fünf Minuten Fahrweg. Mehr nicht. Wenn man denn einen Parkplatz findet.

Sobald ich in meine Straße fahre, ahne ich, wie gut die Chancen darauf stehen. Wenn bereits einfahrts die ersten Autos in zweiter Reihe parken, weiß ich, dass ich sehr fest an das Universum glauben muss.

„Lara, wir müssen uns nun vom Universum mit genauer Wegbeschreibung einen freien Parkplatz wünschen. Auch wenn das Universum gegen mich ist, für dich wird es vermutlich wie so viele Männer jeden Wunsch erfüllen.“

„Du denkst, das Universum ist ein Mann?“

„Habe ich nicht gesagt.“

„Und würdest du mir auch jeden Wunsch erfüllen?“

„Bis zu einem gewissen Grad werde ich sehr schnell schwach und verliere jegliche Kontrolle über mich. Gerade bei ansehnlichen Frauen.“ Ja, ich diskriminiere da, weise aber daraufhin, dass ich mich keineswegs auf irgendein Schönheitsideal verlege.

„Weiß deine Mitbewohnerin das?“

„Ja. Und sie kennt die Knöpfe, die sie drücken muss. Und sie glaubt, es liege dann an ihr, aber es liegt daran, dass ich ihr gerne jeden Wunsch erfülle.“

Und so philosophieren wir noch etwas über die Frau-Mann-Sache, während mich die nächste Aggressionswelle überkommt. Es fängt mit den pseudofreien Parkplätzen an, auf die Lara mich aufmerksam macht:

„Da, rechts. Freie Lücke!“

„Lücken sind per se frei. Und das ist ’ne Einfahrt. Bin ich die ersten Male auch immer drauf reingefallen.“

„Aber da! Links!“

„Tatsache! … Nein, verdammt. Diese kack ‚Smarts‘! Man sieht sie erst nie. Machen einem Hoffnung, um sie dann zu zerstören.“

Zudem fährt vor uns noch ein weiterer offensichtlich Parkplatzsuchender. Ich nenne sie „Parkplatzkonkurrenten“. Hat man die Spackos vor sich, weiß man, es bedarf zweier freier Plätze, um selber noch einen abzubekommen.

Parkplatzforscher warnen vor der Aggression, die Autofahrer aufbauen, suchen sie vergeblich einen Stellplatz. Dauerhaft erhöht sie den Blutdruck. Und auch ich spüre meinen Herzschlag, was ausnahmsweise mal nichts mit der zauberhaften Lara zu tun hatte. Verkehrsforscher weisen auch auf den Umstand hin, dass man die Schuld für das Nicht-Auffinden eines Platzes stets auf andere schiebt, nie aber auf die Umstände. Die Forscher haben Recht. Ich schiebe es auf den Typen vor mir, der aber nichts dafür kann, was ich durchaus weiß, mir aber egal ist.

„Warum fährt der Asi denn so quäääälend langsam?! Arsch! Jetzt blinkt er, biegt aber nicht ab. Bieg doch ab! Wie kann man so langsam fahren?! Parkt er schon, oder was?!“

Das ertrage ich wirklich nicht. Ich weiß ja, er hat einen guten Grund dafür, akzeptiere es dennoch nicht. Und zack, er findet eine Lücke und parkt ein.

„Lara, das wäre unsere Lücke gewesen, wenn ich dich nicht noch hätte schwängern müssen! Eine Minute früher und wir wären jetzt glücklich!“

Ich biege in die Venus-Straße ein. Sie ist unsere letzte Chance. Sie ist eine Einbahnstraße und ist man sie erstmal bis zum Ende gefahren, muss man unweigerlich das Wohngebiet über die Hüttenstraße verlassen, um eine große Runde zu fahren, die schließlich wieder zu meiner Wohnung führt. Das ist also die Straße, bei der ich final ausraste, sobald ich ihr Ende erreicht habe. Und wir erreichen ihr Ende. Und Lara sieht einen Parkplatz:

„Seppo, da!“

„Lara, nein, viel zu klein. Ich kann nicht einparken, ich ramme gerne unbeteiligte Autos dabei. Soviel Fahrerflucht wie ich kann man gar nicht in einem Menschenleben begehen!“

„Jeder Idiot käme in die Lücke rein!“

„Lara, auch wenn ich wie jeder Idiot bin, das wird zu eng.“

„Seppo, lass mich!“

„Oh Lara, ich kenne deine Fahrkünste.“

„Was soll das jetzt heißen?!“

„Dass ich deine Fahrkünste kenne. Es gibt einen Grund dafür, warum ich dich gerade abhole!“

Doch den muss ich hier verschweigen. Hat man mir sehr nahe gelegt.

Also fahren wir an die Düssel, nach der Düsseldorf ganz offensichtlich benannt ist. Von da aus ist es allerdings ein kleiner Fußmarsch zurück zur Wohnung.

Ich will es wider Erwarten kurz machen. Auch mein Ausweichquartier, wo bislang immer etwas frei war, ist seit einigen Tagen verstopft. Unerklärlich. Also fahren wir wieder zurück. Ich bin nahe der Verzweiflung und im Grunde gerne bereit, mein Auto wieder dort zu platzieren, wo es mich 25 Euro gekostet hatte. Aber täglich den Eingang zur Gesamtschule blockieren, kommt vermutlich nicht gut an, zumal dort jeden Morgen der Verkehrspolizist die Schüler über den Zebrastreifen lotst, dem ich das Knöllchen auch zu verdanken habe. Hinzu kommt, dass selbst alle anderen Halteverbotsplätze schon von anderen verzweifelten Verkehrsteilnehmern blockiert sind.

„Lara, wenn du jetzt hier nicht neben mir sitzen würdest, würde ich hier mit hochrotem Kopf hysterisch rumschreien. Ein ganz ärmliches Bild.“

„Mach‘ mal. Will ich sehen.“

„Nein, ich müsste mich dann schämen. Es widerspräche auch meinem Image.“

Mein Fahrweg von der Arbeit nach Hause dauert 13 Minuten. Wir haben gestern ungelogen 45 Minuten nach einem Parkplatz gesucht. Letztlich stellte ich mich mitten auf die Straße, da ich generell Lust hatte, irgendwann nach Hause zu kommen. Es war mir, es war uns, egal.

Ich überlege derzeit, auf den ÖPNV umzusteigen, was wesentlich langwieriger wäre, aber nicht so nervenaufreibend. Meine Mitbewohnerin hat heute Morgen in aller Frühe das Auto dankenswerter Weise umgeparkt, sodass zumindest heute kein weiteres Knöllchen zu meiner Sammlung hinzu kam.

Düsseldorf hebt gerade die Bindung von Wohnraum an Parkplätze auf. Das wird die Situation verschärfen. Die „Deutsche Bahn“ plant einen Lämrschutzwall an der Venus-Straße, was einen Wegfall aller dortigen Parkplätze bedeuten würde.

Ich unterrichtete gerade Emily darüber, was sich gestern zutrug. Schob aber aus Gründen der Bequemlichkeit alle Schuld auf mich, nichts aufs Universum, weil ich weiß, Emy würde ohnehin das letzte Wort behalten. Und das hat sie gerade:

und genau DAS habe ich mir vom Universum gewünscht

, sagt sie mir gerade via Facebook.

Update

Emily war so freundlich, mich auf drei Fehler hinzuweisen:

„Das Problem liegt auf der Hand:
1. Du hast dem Universum nicht mitgeteilt, dass Du nicht direkt nach Hause fährst
2. Du hast einen Parkplatz bekommen, warst aber nicht in der Lage einzuparken (dafür kann das Universum gar nichts)
3. Wenn es nicht so gekommen wäre, hättest Du heute gar nicht gewusst worüber Du schreiben sollst.“


Eine immer aktuell gehaltene Karte mit freien Parkplätzen ist auf meiner Facebook-Seite zu finden, die auch Lara gelikt hat.

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