doom(Screenshot: http://store.steampowered.com)

Warum erinnert man sich an seine Kindheit? Weil man sich an Vergangenes erinnert und nichts ist ab einem gewissen Alter vergangener als die Kindheit. Alzheimer-Patienten, mit denen ich zu tun hatte, als ich im Altenheim schaffte, aber nicht schuf, erinnern sich als letztes noch an die Kindheit, wohingegen alles danach verblasst.

Das seppolog wurde von einem Team aus zehn Leuten konzipiert und war ursprünglich angelegt als „Gamer-Blog“. Viele wissen das nicht, doch waren die ersten Artikel noch Pre- und Reviews von Klassikern wie „Crystal Caves“ oder „Doom“ 1 und 2. Ich selber stieß in das Entwickler-Team aufgrund meiner Kompetenz in der Welt von „Wolfenstein“ und „Doom“, beides Spiele, die ich um 1993/94 rum das erste Mal spielte. Und hier kommt mein bester Kumpel, Pavel, ins Spiel. Ich weiß nicht mehr, wie, aber er kam immer an Raubkopien dieser Spiele, zumal zumindest „Wolfenstein 3D“ damals in Deutschland noch verboten, beschlagnahmt und indiziert war, was wohl mit der Thematik des Klassikers zusammenhängt (Ballern auf Nazis inklusive Hitler, der sich verabschiedete mit einem „Eva, auf Wiedersehen!“, wenn man ihn killte). Es ging damals das Gerücht herum, dass selbst Games-Magazine den Namen nicht einmal schreiben durften und daher auf „Wolkenheim 2B“ statt „Wolfenstein 3D“ zurückgriffen. Auch meine Eltern waren nicht erbaut darüber, dass, wenn sie das Zimmer betraten, Pavel und ich vorm Rechner saßen, der mit pixeligen Hakenkreuzen übersät war. Also nicht der Rechner selber, sondern das auf dem Monitor Gezeigte! Ziel war das Entkommen aus der Burg Wolfenstein mit eben dem finalen Abknallen von Adolf.

Grafisch war das aus heutiger Sicht natürlich rudimentär, damals war die dreidimensionale Darstellung jedoch eine Revolution und der Grundstein für alles, was da folgte und was da auch in diesem Mai folgen wird …

„Multiplayer“ gab es damals noch nicht. Das sah bei Pavel und mir so aus, dass der eine die Cursor-Tasten bediente, während der andere mittels Leertaste die Türen der Burg Wolfenstein öffnete, die nichts anderes als ein riesiges Labyrinth war. Damit hatten wir ganze Nachmittage verbracht.

Pavel kam nicht nur immer an die neuesten Spiele, er hatte auch immer den neuesten Rechner. Doom, 1993 veröffentlicht, lief auf meinem nicht, also konnte ich es zunächst nur bei ihm spielen. Im Vergleich zu Wolfenstein war Doom ein grafischer Orgasmus. Beide wirken heute natürlich lächerlich, dennoch spiele ich sie nach wie vor. Aus Gründen der Nostalgie. Ich hatte ein interessantes Erlebnis in Münster. Es muss im Jahr 2004 gewesen sein, als ich in meiner Erdgeschoss-Wohnung bei offenem Fenster recht laut Wolfenstein spielte. Plötzlich guckte jemand durch das Fenster und sagte:

„Krass, der spielt Wolfenstein!“

Ein Kenner wie ich, der das Spiel an seinen charakteristischen Sounds wieder erkannte.

Es gab viele weitere Doom-ähnliche „Shooter“ in der Folgezeit. Zu den besseren gehört wohl die Reihe „Half-life“, auf deren Fortsetzung ich ebenfalls warte. Bei den meisten Ballerspielen wird man belästigt von einer „Story“ und dem Lösen alberner Rätsel im Spiel. Bei Doom ging es nur darum, Türen zu öffnen und Gegner zu erledigen. Diese übersichtliche Komplexität kommt meinem simplen Geist sehr entgegen. Und so versprachen auch die Doom 4-Entwickler, dass man sich auf diese Grundzüge der frühen „3D-Spiele“ zurückbesinnen wolle. Darauf ruhen nun meine ganzen Hoffnungen. Ich würde ungern beim Spielen nachdenken müssen.

Bekannt wurde auch Doom insbesondere für seinen Soundtrack, der allerdings nur Ergebnis einer Notlösung war. Höre ich ihn heute, diese irgendwo schnöde, dann aber doch sensationelle „midi“-Musik, bewege ich mich ruckartig mehr als 20 Jahre zurück in meinem Leben und doch ist es mir so präsent. Ganze Tage haben wir damit ohne Unterbrechung verbracht, Doom 1 und 2 am Stück durchzuspielen, wonach man sich übrigens körperlich sehr schlecht fühlt. Noch heute habe ich gelegentlich einen Ohrwurm vom Klassiker aus Level 1, Episode 1!

Mir ist klar, dass dieses ein eher untypischer Artikel für das seppolog ist. Aber die Tatsache, dass am 13. Mai der vierte Teil von „Doom“ erscheint, ein Remake!, versetzt mich seit der heutigen Eröffnung der „Doom Open Beta“ in eine unfassbare Vorfreude. Und in Angst: Schafft meine Grafik-Karte Doom 4?! Egal, für Doom 4 wird ein neuer Rechner gekauft, Doom 4 ist eine Wegmarke in meinem Leben, denn auf diese Fortsetzung nach Doom 3 habe ich zwölf Jahre warten müssen!

Doom 3 war ein massiver Flop, vielleicht auch, weil es die Zeit war, in der Pavel und ich aufgrund einiger Differenzen nichts miteinander zu tun hatten. Vielleicht aber auch, weil es einfach schlecht war. Miese Level-Gestaltung, keine Abwechslung, einfach lahm. Ein Trauerspiel.

Doom 4 wurde bereits vergangenes Jahr vorgestellt, auf der E3 beispielsweise. Der Hype um Doom ist faszinierend: Vor Publikum wurden erste „Gameplay“-Szenen gezeigt und auch ich konnte nicht an mich halten, als ich sah – hörte! -, dass das Öffnen der Türen im Spiel untermalt ist mit jenem Türen-Sound aus Doom 1 und 2! Ich raste förmlich aus vor Freude, wenn ich diesen Sound höre, der auch in vielen Filmen und Serien verwendet wird, da sich alle gerne mal derselben Sound-Blibliothek bedienen. Und auch das Publikum rastete aus. Es ist Wahnsinn! Das gilt auch für die Kettensäge, mit der im Spiel Köpfe abgesägt werden. Doom hat die Kettensägen erst in unsere Gärten, in unsere Wälder gebracht. Ein Aufschrei des Jubels, als die Neuauflage der Kettensäge gezeigt wird. Doom 4 ist eine Reminiszenz an unsere Jugend!

Der typische seppolog-Leser hat sich schon lange an dieser Stelle verabschiedet. Vollkommen zurecht und ich bitte um Nachsicht. Doch diese Doom-Nummer ist eine ganz große für mich. Das wird auch meine Mitbewohnerin zu spüren bekommen, die sich darüber freut, dass ich beispielsweise kein Fußball-Gucker bin. Sie kennt es nicht, dass ich sie des Raumes verweise, um irgend etwas zu konsumieren, was sie gnadenlos langweilt. Das wird sich Mitte Mai temporär ändern, wenn die Neuauflage Dooms, die zumindest angesichts der ersten Trailer extrem gelungen scheint, auf den Markt kommt, die ich mir gestern bereits für knapp 60 Euro vorgeladen habe, um auch an der offenen Beta-Phase teilnehmen zu können. Meine Mitbewohnerin wird mich nicht ansprechen, nicht stören dürfen, wenn ich im verdunkelten Zimmer zum Nerd mutiere, der bei voll aufgedrehten Lautsprechern mit der BFG um sich ballert, die natürlich auch wieder im Waffen-Arsenal zu finden sein wird. Auch wird der Sex für eine Weile eingestellt werden müssen, da mein Körper sehr wahrscheinlich einem Verfall anheimfallen wird, da ich für die Stunden des Spieles alle das Leben erhaltende Funktionen massiv einschränken werde. Auch auf Schlaf wird verzichtet.

Wenn ich das Spiel dann mehrere Male durchgespielt haben werde, komme ich nach etwa einer Woche wieder zurück ins Leben. Gealtert, grau und langbärtig, die Haare zu einem wirren Zopf gebunden. Sie wird mich aufpäppeln müssen, damit ich fit bin für „Doom 5“, das dann wohl 2028 erscheinen wird. Dann bin ich knapp 50. Und werde wieder in meiner Jugend schwelgen.

IDDQD, IDSPISPOPD, IDKFA, IDBEHOLD-, IDCLIP, IDCHOPPERS, IDCLEV, IDDT, IDCLIP, IDFA.


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