rosen

Hoerbar_haare

„Welchem Mann muss ich die Fresse polieren, weil er dir zehn Rosen geschenkt hat?“

fragte ich gerade meine Mitbewohnerin via Facebook. Die Antwort steht noch aus.

Hier auf dem Küchentisch stehen zehn Rosen. Zunächst einmal stelle ich fest, dass ein anständiger Gentleman stets eine ungerade Zahl an Rosen verschenkt. Gut, ich halte mich auch nie daran, aber nun bin ich ja in der Position des erbosten Mitbewohners.

Es sind keine roten Rosen, es ist mehr ein Pink, das sie am besten beschreibt. Was also will da jemand mit pinken Rosen sagen? Kleine Blumenkunde:

Pink steht für schöne, junge und jugendliche Liebe.

Aha. Da macht sich so ein Mittzwanziger an sie ran.

Rosafarbene Rosen werden gerne von jungen Menschen verschenkt, die sich das erste Mal verlieben.

Aha. Ein Anfänger also. Macht es für mich natürlich einfacher, ihm zu zeigen, wer hier wessen Hose auszieht.

Ob aus dieser jungen Liebe etwas wird, steht in den Sternen.

Nein, das tut es nicht. Dort steht ganz klar: Wird nichts. Denn der Jungspund müsste erst einmal an mir vorbei. Und das wird er nicht schaffen.

Meine Mitbewohnerin hat die Blumen bereits in unsere (einzige) Vase gestellt. Sonst sind dort immer die Blumen von mir drin. Kurz überlege ich, ob ich ihr die Blumen gestern aus der Altstadt mitgebracht habe. Aber ich würde mich ja daran erinnern. Sie steht auf Rosen. Die einen finden sie abgenudelt, die anderen stehen auf dieses klassische Gewächs. Sie ist „die anderen“.

Und was überhaupt ist ein Jungs-Pund?!

Verdammt, es sind wirklich gut gelungene Rosen. Ich denke darüber nach, irgend eine Chemikalie in das Rosenwasser zu gießen, damit sie binnen wenigen Stunden eingehen.

Sich an meine Mitbewohnerin ranzumachen ist – mit Verlaub – eine Unternehmung, an der man sich nur verheben kann. Ich weiß natürlich, dass jeder es durchaus genießt, sich umwerben zu lassen, ich beobachte das gelegentlich und freue mich auch sehr gerne, wenn ich der Umworbene bin, was lange nicht mehr der Fall war. Warum eigentlich nicht?! Geht’s noch?! Wobei gestern in der Altstadt, da hab‘ ich, glaube ich, mit meiner puren Anwesenheit eine Lesbe umgedreht. Kann aber auch nur Einbildung sein. Ich hab‘ mir mich selbst schön getrunken.

„Poah, sehe ich geil aus!“, sagte ich auf dem Klo vor dem Spiegel.

Und dann sieht man sich am nächsten Morgen.

„Puha, sehe ich scheiße aus. Was ist da denn passiert?!“

Aber nun gut, das sind Extreme, die Wahrheit liegt in der Mitte. Mit Drall zum „geil“.

Also, sicher, sie würde es genießen, wenn es denn der Fall ist, denn die Antwort, sie steht noch aus. Aber sie würde es natürlich nicht ansatzweise nur in Betracht ziehen, sich da einem Konkurrenten hinzugeben, denn mal im Ernst: Mich ausstechen?! Hahahaha. Bei aller Liebe, aber wir sollten auf dem Boden der Tatsachen bleiben.

Natürlich, sieht man diese Frau, ist Realitätsverlust die erste Reaktion angesichts dieser Schönheit. Aber als Mann darf man sich nicht verschätzen. Ich weiß, wovon ich rede, da ich mich immer verschätzt habe. Also überschätzt. Ich ließ mich stets von Frauen hinreißen, die nun wirklich mehrere Ligen über mir spielten. Aber was soll man gegen Gefühle tun? Man ist ihnen ausgeliefert und verliert dabei seine Würde. Der erfolglos werbende Mann verliert immer seine Würde. Er opfert sie einer Frau. Einer unerreichbaren.

Bei meiner Mitbewohnerin hatte ich es erst gar nicht versucht, als wir uns kennen lernten. Ich war bis dahin zwar schon ein, zwei Ligen aufgestiegen, aber sie spielte und spielt in der Oberliga. Ich war mehr so Regionalliga. Doch Amors Pfeil traf sie, als sie vor mir stand, sodass der Pfeil ihren Kopf vollständig durchbohrte, um auch mich zu treffen. In diesem Pfeil, nein, Fall, war sie es, die warb. Die es aber mit einem Idioten zu tun hatte, der ihr Werben gar nicht realisiert hatte. Sie musste handgreiflich werden, damit ich kapierte, was los war.

Doch nach mehr als elf Jahren darf man sich natürlich nicht ausruhen. Diese Rosen hätten also von mir sein müssen. Ich überlege gerade, ihr 21 Rosen zu schenken. Größere. Längere. In einem Eimer, den ich dann neben diese zehn Fremd-Rosen stelle, die dann natürlich etwas mickrig wirken. Tja, für diese Frau muss man schon größere Geschütze auffahren.

Aber natürlich freue ich mich auch, dass da jemand meint, sich die Zähne ausbeißen zu müssen, in mein Revier eindringen zu wollen. Spricht sehr für sie und ja, auch für seinen Geschmack.

An dem einen Rosenblatt ist etwas Schwarzes. Das hat er übersehen. So wichtig kann sie ihm also doch nicht sein. Wie unaufmerksam von ihm. Anfänger.

Peinlich wird’s, wenn ich gleich erfahre, dass es mit den Rosen etwas völlig anderes auf sich hat. Hab‘ ich den Jahrestag verpasst? Kann nicht sein, Daten vergesse ich nicht. Selbst dann nicht, wenn ich wollte. Wohnt hier noch eine andere Frau? Müsste ich ja eigentlich wissen. Das kann ich also ausschließen. Bin ich in der richtigen Wohnung? Na, das wäre jetzt aber wirklich peinlich, wenn ich eine Etage zu früh oder zu spät die Tür genommen hätte. Kann ich aber auch ausschließen, denn mir ist hier alles sehr vertraut, müsste schon ein kranker Zufall sein, würde sich ein anderer exakt so einrichten wie wir.

Ich werde an der Geschichte dran bleiben. Denn nach wie vor hat meine Mitbewohnerin auf meine etwas derbe formulierte Frage nicht reagiert. Ich hätte vielleicht einen Smiley dazu setzen sollen. Oder ein Rosen-Emoticon. Gibt es das? Mit Sicherheit. Schicke ich ihr gleich 21 von. Oder die Katze auf dem Moped. Die Katze auf dem Moped bei Facebook halte ich für das Größte, was der Mensch jemals hervorgebracht hat. Ich meine das völlig Ernst. Mondlandung hin oder her. Aber eine Katze auf einem Moped?! Was kommt als nächstes?

Ich selber saß genau einmal auf einem Moped. Raste in einen Busch und entschied für mich, Krafträder lebenslang zu meiden.


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