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Die HÖRBAR-Variante findet Ihr unter dem Text!

Lara ist nun für einige Wochen die Frau in meinem Leben. Meine Mitbewohnerin mag mir das verzeihen, aber während sie mit gleich drei (oder vier?!) Frauen loszieht, um Teile Asiens in Augenschein zu nehmen, beschränke ich mich mit Lara, meiner zwei Etagen über mir wohnenden Nachbarin, immerhin auf nur eine Frau.

Ich bin nun wieder einmal Strohwitwer (hier alle Strohwitwer-Geschichten) und damit in einem Zustand, den ich grundsätzlich sehr genieße, weil ich sehr viel Freude mit mir alleine haben kann. Und ich spreche hier nicht (ausschließlich) von Masturbation.

Ach, Seppo, muss das denn jetzt sein?!

Doch die Schnitzeljagd durch Asien wird etwas mehr als die sonst üblichen verlängerten Wochenenden an Zeit in Anspruch nehmen, soviel kann ich hier gar nicht putzen, dass ich ihre Abwesenheit gar nicht bemerkte. Reden wir nicht drumherum, gerade ist der von ihr gewählte Zeitpunkt, über Dubai nach Scenjoy zu fliegen, nicht unbedingt günstig gewählt. Zumindest aus meiner allerdings unerheblichen Sicht.

„Flieg‘ doch mit!“, haben mir viele geraten. Und klar, gerne verbringe ich die Nächte bei feuchten 36 Grad unter Moskito-Netzen, keine Frage, aber ihr Urlaub ist so eine Mädels-Sache, da habe ich nichts zu mädeln, nein, melden.

Gerade sehe ich, dass sie noch die Orchideen ins Wasser gestellt hat. Was zur Hölle muss ich damit jetzt tun?! Hat sie sie vergessen? Hat sie mir gar aufgetragen, sie da raus zuholen?! Wie lange müssen die im Wasser stehen? Da geht es doch schon los, diese Hilflosigkeit, der mann anheim fällt, ist die Mitbewohnerin keine fünf Minuten aus dem Haus.

Aber da ist ja zum Glück noch Lara, der ich aber bei allem Respekt keinen grünen Daumen zutraue, was ich an ihrer Kakteensammlung festmache. Die Autokorrektur will aus „Kakteensammlung“ „Aktensammlung“ machen. Über eine solche wiederum verfügt Lara allerdings nicht.

Meine Mitbewohnerin antwortet gerade via Facebook auf meine Frage zur Orchideen-Situation:

„Einfach aus dem Wasser nehmen, abtropfen lassen und dann mit den untersteuern wieder auf die Fensterbank“

„Untersteuern“. Auch wieder so eine Autokorrektur-Nummer. „Untersteller“ sind wohl gemeint. Ich wurde heute gebrieft, die Orchideen alle sieben Tage entsprechend zu verpflegen. Meine Überlegung ist nun die, die Blume eingehen zu lassen, aus Rache dafür, dass sie meinen königlichen Efeu hat verrecken lassen …

Nein, ich trug ihr wiederum auf, mich in sieben Tagen daran zu erinnern und wir waren uns beide einig, dass sie das sicherlich vergessen wird.

„Genieß‘ die Ordnung und die Sauberkeit!“, war das Letzte, das sie zu mir sagte, als sie die Wohnung verließ.

Waaaas?! Du bringst sie nicht zum Flughafen?!

Bin ich Taxi-Fahrer?! Nein, sie muss zum Bahnhof. Und der ist so gut wie nebenan und nichts hasse ich mehr als solch‘ Abschiede am Bahn- oder Flugsteig. Sie sieht das ähnlich, sodass das hier ein ganz emotionsloser Abschied war, was ich für eine gute Angelegenheit halte.

Und wenn Lara ohnehin schon zwei Etagen über mir wohnt, ist es doch ein Einfaches, dass sie sich nun als meine Mitbewohnerin verkleidet und sie so gut wie möglich ersetzt. Dazu habe ich ihr ein Skript an die Hand gegeben, das sie seit vier Wochen lernt. Da stehen so Sätze drin wie:

„Nichts passiert! Alles gut!“, was meine Mitbewohnerin immer dann ausruft, wenn irgend etwas passiert und eben nichts gut ist. Beispielsweise wenn ihr eine meiner heiligen „Simpsons“-Tassen herunter gefallen ist. Ich höre dann von irgendwo ein Klirren und obigen Ausruf, der natürlich völlig unglaubwürdig wirkt.

„Ich bringe den Müll heute Abend herunter!“, kommt immer dann, wenn sie den Müll drei Tage später runterbringt. Müll „runterzubringen“ ist hier ihr Job. Wir haben hier eine klare Aufgabenverteilung, die zu ihren Gunsten sehr unausgewogen ist, was aber mit meinem übertriebenen Drang, Zwang!, zur Ordnung zu tun hat. Jedoch hasst sie es, den Müll in den Keller zu bringen, weil sie dort jedes Mal unseren Nachbarn Herrn Fahrgescheit trifft, der sich sehr für unsere Form der Mülltrennung interessiert und uns immer wieder hilfreiche Tipps und Anregungen gibt, wie wir ihn noch besser trennen könnten. Das sind die extrem seltenen Momente, in denen man meine Mitbewohnerin aggressiv und ungehalten erleben darf. Zumal ich hier derjenige bin, der nach wie vor Probleme mit dem Trennen von Müll hat.

Ich habe Lara vorgeschlagen, auch neben mir im Bett zu schlafen, damit ich mich nachts nicht so alleine fühle. So etwas wird natürlich auch mit der Mitbewohnerin abgesprochen, der es seltsam, nahezu beängstigend egal war.

„Warum ist dir das so egal?!“, wollte ich wissen.

„Ich schlafe doch auch oft genug mit Freunden in einem Bett.“

Ja, da hat sie Recht. Das ist mir dann auch egal. Ich sehe ja, was für Typen das sind, kein Grund zur Beunruhigung.

Sagte der naive Seppo.

„Viel interessanter finde ich die Vorstellung, wie du mit deinen Freundinnen in einem Bett liegst!“, erwidere ich dann süffisant und wahrheitsgetreu.

„Ohja, das solltest du auch.“

Nun möchte allerdings Lara dann doch eher in ihrem Bett nächtigen und ich schlug ihr vor, dass ich dann eben mit hochkomme für die Nacht.

„Nein, Seppo.“

Klare Ansage. Wenn Frauen „nein“ sagen, meinen sie „ja“. Also für die Nächte ist gesorgt.

„Warum sagst du’nein‘, wenn du ‚ja‘ meinst?“, wollte ich wissen.

„Weil ich ’nein‘ meinte.“

„Ja, aber dann hättest du doch ‚ja‘ sagen müssen!“

„Nein.“

„Also ja?“

„Nein.“

„Häh?“

„Ja.“

„Also nicht?! Ich bin durcheinander.“

Morgen werde ich – wo auch immer ich geschlafen haben werde – Lara in die Welt des Laufens einführen. Ihr fehle allerdings ein Sport-BH. Nun kann ich nicht ganz so einschätzen, wie wichtig dieser ist, doch angesichts ihrer Brüste … ja, doch, wichtig. Leihe ich ihr einen von meiner Mitbewohnerin? Wie würde der das gefallen? Ich stehe hier plötzlich vor seltsamen Entscheidungen.

Allein und verlassen.

Hoerbar_haare