einkaufszettel

Hallo, Herr Neumann. Wir haben die Zeit.

Die Kulturtechnik des Einkaufes von den Dingen, die das alltägliche Leben überhaupt erst möglich machen (Nahrung) liegt den Frauen mehr als dem Mann.

Ich Sexist.

Okay, sie liegt ihnen mehr als mireinem Mann.

Nun sind mir die Grundzüge eines Einkaufsvorganges natürlich vertraut, denn auch ich lebte, bevor meine Mitbewohnerin sich jüngst auf eine wochenlange Reise begab und mich allein und hilflos zurückließ (Ich pflege hier nur ein Klischee, an dem gerade Frauen großen Spaß haben!), viele Jahre alleine und vor allem autark. Ich kann das. Ich sterbe nicht sofort.

Zudem habe ich während meiner Studienzeit, dich mich zu einem Überqualifizierten für vieles gemacht hat, in einem Supermarkt die Regale eingeräumt. Als Angestellter. Nicht einfach so als Kunde. Ich war zuständig für „Maggi“ und „Knorr“, beides Marken, die Geld dafür bezahlen, dass sie rechts und nicht links im Regal zu finden sind. Maggi hat immer die Nase vorn.

Also, ich kenne mich aus in Supermärkten und bin – warum auch immer – großer Freund der Supermarkt-Psychologie. Warum man stets gegen den Uhrzeigersinn durch den Laden laufen muss, warum Obst und Gemüse einen schon zu Beginn des Rundganges belästigen und so weiter … Fasziniert mich, wie man dort manipuliert wird.

Und dieses sich Manipulieren lassen ist im Laufe der Jahre der Job meiner Mitbewohnerin geworden, ich besuche den Supermarkt nur noch für den Erwerb von Wein oder Zahnpasta.

Nun habe ich von verschiedenen Seiten erfahren, dass viele Frauen ihren Männern für die Zeit ihrer Abstinenz Lebensmittel auf Vorrat einkaufen, damit sie über die Runden kommen. Warum ist das so? Warum gilt der Mann als hilflos, sobald er mal einige Tage alleine ist? Natürlich ist auch das nur ein Klischee, aber warum haben gerade Frauen (ich aber auch) soviel Freude daran, sich darüber zu belustigen? Die Frage meine ich völlig ernst und nicht rhetorisch oder suggestiv.

Freuen sie sich insgeheim darüber, dass das vermeintlich starke Geschlecht plötzlich an den alltäglichsten Dingen zu scheitern droht? Oder ist das ihr Mutterinstinkt? Auch das frage ich ergebnisoffen, ich unterstelle es nicht. Und natürlich, die meisten Männer werden sehr wahrscheinlich nicht zu Grabe getragen, weil die Frau für ein paar Wochen mal auswärts leben war.

Bei meiner Mitbewohnerin und mir mischen sich die Klischees. Sobald sie nur wenige Tage der Wohnung abstinent ist, bricht hier die Ordnung aus, schon nach drei Tagen habe ich 99,9 Prozent aller Bakterien vernichtet, verschiedene Dinge wieder an ihren Platz geräumt, verschollen geglaubte Gegenstände wiedergefunden und die Wohnung nebenbei noch umdekoriert. Sie wird Augen machen, was ich aus ihrem Arbeitszimmer bereits gezaubert habe!

Nur dieses Einkaufen. Das war mir heute irgendwie fremd. Denn heute, am Tag zwei meines Strohwitwertums gingen mir wichtige Dinge aus. Denn selbstredend hat sie nicht vorgesorgt, denn bemuttern lassen will ich mich von ihr freilich nicht!

Nun habe ich mir den Tipp geben lassen, mir einen Einkaufszettel anzufertigen. Dieses Wissen möchte ich gerne an Männer in ähnlicher Situation weitergeben. Der Trick ist der, dass man die Dinge, die plötzlich weg, weil aufgegessen, sind, aufschreibt. Der Fachmann spricht von Notieren. Man macht eine Notiz. Und da ich in Notizen kein Novize bin, fiel mir das relativ leicht. Ein weiterer Trick ist der, dass man die fehlenden Dinge umgehend notiert, also sobald man sie vermisst. Doch Obacht! Wartet man zu lange, bildet sich aus dem Nichts heraus eine ellenlange Liste von fehlenden Dingen. Je mehr fehlt, desto mehr muss man einkaufen. Und das wird beim Transport ein entscheidender Punkt, dazu später mehr.

Nachdem ich mich mit den Öffnungszeiten eines Einkaufs-Etablissements vertraut gemacht habe (Sie haben ja gar keine Mittagspausen mehr!!!!), besuchte ich wie Loriot in seiner besten Rolle ein Geschäft, das „Kaiser’s“ heißt und Teil einer Übernahme geworden ist, die so nicht hätte genehmigt werden dürfen. Wurde sie aber, durch Ministererlaubnis. Für die de facto kein Grund vorlag. Aber gut, sehen wir sehenden Auges zu, wie sich alles in Richtung Monopol entwickelt. Ignorieren wir die Vorteile des Wettbewerbs. Ist ja nur ein schleichender Prozess, mit dessen Folgen sich dann die AfD-Regierung auseinander setzen kann …

„Mein Name ist Flotho, ich kaufe hier ein!“, betrete ich also den Supermarkt und stelle fest, dass die anderen Kunden alle um etwa 40 Jahre älter sind als ich.

„Ist das hier ein Senioren-Supermarkt?“, frage ich sehr ernsthaft, aber mich hört niemand. Oder will niemand hören.

Aus dem Butter-Milch-Gang nähert sich der Sicherheitsdienst.

„Sind Se betrunken?“, fragt man mich.

„Nein. Mein Name ist Flotho, ich kaufe hier ein.“, erkläre ich und zeige als Ausweisdokument meinen Einkaufszettel vor: „Das sind Notizen von fehlenden Dingen, die es hier wohl im Überfluss gibt.“

Da ich keine Gefahr für die Öffentlichkeit darstelle, lässt man mich mit dem Einkaufsvorgang beginnen. Zielstrebig lasse ich Obst und Gemüse hinter mir und bewege mich zur Tiefkühltruhe. Die stehen immer in Kassennähe, damit man die entsprechenden Güter (Pizza) erst am Ende der Kühlkette entreißt, damit sie eben nicht auftauen, während man noch „Sidol Küchenkraft“ sucht. Auf das Zeug schwöre ich. Zudem brauche ich Glasreiniger, da ich wieder vor einem Fensterputzmarathon stehe. Nun sagt Großmutter, man solle für Fenster eben nicht Glasreiniger benutzen, doch Großmutter ist tot, streifenfreie Fenster nicht mehr ihr drängendstes Problem.

Herr Hundertmark, Sie auch?!

Als ich mehr Waren trage, als ich tragen konnte, weiß ich, warum die anderen Kunden einen Wagen vor sich herschieben.

„Wo gibt es diese Roll-Gestelle?“, rufe ich in den Gang mit dem Katzenstreu, das ich für grobkörniges Salz halte.

Niemand hört mich. Ich bin zu einem Nichts zusammengeschrumpft, sehe dann aber eine Anhäufung dieser Einkaufswagen. Jedoch gelingt es mir nicht, nur einen zu nehmen, sondern gleich zehn aneinandergekettete. Davon lasse ich mich aber nicht irritieren, da ich den Anschein von Souveränität bewahren will, sehe aber ein, dass mit 40 Rollen schwer zu navigieren ist.

An der Kasse stehe ich vor einer Herkules-Aufgabe. Nachdem ich all die Dinge, die mir zuhause fehlen, auf ein Fließband gelegt habe, frage ich mich, ob es nicht mehr Sinn ergeben würde, das Fließband würde bis zu mir nach Hause in die Küche reichen. Ist es wohl kaputt?! Wie bekomme ich das Zeug nun nach Hause?

Eine Dame vor mir macht es vor: Sie nimmt sich Tüten aus Plastik aus einem Fach unter dem Fließband und legt sie mit darauf. Offenbar kosten diese Tüten Geld. Dann, während die ihr fehlenden Dinge von der Kassiererin berührt wurden, friemelt die Dame an den Tüten herum. Sie sucht offenbar den Eingang. Ha! Das soll mir nicht passieren, ich greife also zu drei Tüten und friemel schon vorab nach dem Eingang und freue mich über meine zeiteffiziente Nutzung der mir zur Verfügung stehenden Cait.

Erst nach dem Bezahlvorgang stelle ich fest, dass ich mich in Bezug auf das Tüten-Waren-Verhältnis mächtig verkalkuliert habe. Ich bräuchte fünf und nicht drei Tüten, stopfe aber, weil mir ungeduldige Kundinnen folgen, hektisch alles irgendwie in meine drei Tüten. Und nur eine reißt auf dem Heimweg!

Beim Aufsammeln der Waren frage ich mich, warum ich Katzenstreu gekauft habe und suche mein grobkörniges Salz. Habe ich offenbar vergessen.

Wieder zuhause räume ich die fehlenden Dinge, die ja jetzt nicht mehr fehlen, an die ihnen zugewiesenen Plätze und habe das Gefühl, heute etwas geschafft zu haben. Ich habe eingekauft.

 

Hoerbar_haare


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