frauke

Frauke Petry liest entweder diesen Blog oder sie hört seinen Podcast. Anders ist mir nicht zu erklären, dass sie mich heute Morgen aus dem Schlaf geklingelt hat, nur um mir dann an meiner frisch lackierten Wohnungstür anzubieten, dass sie bei mir einziehen möchte, solange meine Mitbewohnerin durch Papua-Neuguinea tingele.

„Frau Petry, sie tingelt nicht, sie reist!“, erkläre ich der Rechtspopulisten, die ich gar nicht so populär finde und denke dabei an meine Popo-Liste mit meiner persönlichen Top-Zehn von, naja, Ärschen, die ich so kenne.

„Das ist doch das gleiche!“, erwidert die Gleichmacherin und ich knalle ihr die Tür vor den Kopf.

Aber das merkt sie gar nicht. Ich staune: „Tat das jetzt nicht weh?“

„Nein, der Kopf ist nur Deko bei uns von der AfD.“

„Ohne Funktion?!“, will ich ungläubig wissen.

„Ja. Zierde pur. Wir könnten ihn weglassen, aber dann sähen wir auch noch unmenschlich aus“, legt sie mir geduldig dar.

Ich bilde mir ja ein, ein Augenmensch zu sein. Was meiner Popo-Liste völlig widerspricht. Aber ich behaupte ja, dass man in den Augen eines Menschen so einiges lesen kann.

„Moment, Frau Petry, ich hole mal eben meine Lesebrille.“

Ich setze sie auf, lese in ihren Augen und bin erschrocken.

„Frau Petry, ich gewähre Ihnen nur Einlass, wenn ich Ihnen die Augen verbinden dürfte.“

„Kein Problem, Herr Flotho, ich bin ohnehin für so vieles blind.“

Ich hole das Klebeband und wickle es Frau Petry um den Kopf. Erschrocken stelle ich fest, dass sie so viel sympathischer wirkt.

„Sie können das wirklich tragen!“, lobe ich sie und klebe den Rest der Klebebandrolle über ihren Mund und stelle Frau Petry in unsere Abstellkammer neben den Staubsauger.

Es ist Tag fünf meines Strohwitwer-Daseins und ich finde langsam Gefallen daran, was meine Mitbewohnerin, die nur sehr eingeschränkten Zugriff auf das Internet hat, da, wo sie sich gerade aufhält (auf einer Insel namens Hrushjen), sicherlich nicht gerne lesen dürfte. Aber ich meine es natürlich anders.

Ich höre ein Murmeln aus der Abstellkammer, während ich diese Zeilen schreibe. Frau Petry übt eine Rede, von der ich nichts verstehe. Wegen des Klebebands. Das Ungeziefer in unserer Abstellkammer jedoch zeigt sich begeistert und jubelt. Erschreckend. 

Ich sage ganz offen, während ich den Mantel meiner grenzenlosen Männlichkeit exklusiv für die Leser des seppologs abstreife, dass mir etwas unwohl war bei dem Gedanken, dass sie mich gleich für mehrere Wochen verlässt, nur um die Welt zu sehen. Wer braucht die Welt, der mich hat?! Nun gut, sie. Aber abgesehen von meinem zunehmend wunderlichen Verhalten, das ich mir selbst attestiere, nutze ich die Cait durchaus sinnvoll und bin gar erschrocken darüber, wie schnell sie vergeht. Ich weiß gar nicht, ob meine Mitbewohnerin, kehrt sie zurück, noch Platz in meinem Leben haben wird. (Ich verweise an dieser Stelle auf meinen gestrigen Artikel zum Thema Kennzeichnungspflicht für Ironie.)

Gestern geschah etwas äußerst Kurioses. Ich kochte Nudeln. Ja, Nudeln. Der Mann alleine kocht sich Nudeln. Nicht, weil meine Kochkunst zu mehr nicht gereichen würde, sondern eher, weil ich leider vergessen hatte, dass es sich bei gestern um einen Feiertag gehandelt hat, an dem man nicht Lebensmittel einholen kann.

„Einholen“. Kommt von Pavel, meinem besten Kumpel, der mich heute Abend heimsuchen wird. „Ich gehe mal eben Bier einholen“, pflegt der Gute stets zu sagen.

Frau Petry muss zur Toilette. Natürlich darf sie auch. Sie ist hier ein freier Mensch. Noch. Währenddessen klingeln die Zeugen Jehovas an meiner Tür. Die waren schon lange nicht mehr da. Vielleicht hat sich nun etwas Neues ergeben, womit sie mein Interesse für sie wecken möchten. Höflich öffne ich die Tür, versorge sie mit meinem Klebeband, zweite Rolle, und stelle sie in den Schrank, in den auch Frau Petry wieder zurückgekehrt ist. Vielleicht finden sie ja irgendwie zusammen. „Sie können doch mal etwas zusammen machen!“, rate ich altklug.

Zurück zu den Nudeln. Nudeln habe ich immer da. Ich habe auch den Eindruck, dass meine Mitbewohnerin sehr viele Pakete Nudeln gekauft hat, bevor sie ging. Hat sie etwa doch vorgesorgt?! Wie dem auch wäre, zum ersten Mal in meinem Leben sind mir die Nudeln beim Kochen

nicht übergekocht. Das ist mein vollkommener Ernst. Ich hatte sogar meine Handy-Kamera bereits im Anschlag, da ich den zu erwartenden Überkoch-Vorfall direkt filmisch festgehalten hätte. Ich ging sogar duschen, während die Nudeln kochten, um das Ganze noch zu provozieren. Ich wartete nur so auf dieses zischende Geräusch, wenn das Wasser auf die Herdplatte trifft. Nichts geschah. Also musste ich ein anderes zum Thema meiner Videos machen – die Pflegeprodukte meiner Mitbewohnerin:

 

Frau Petry findet das Video zwar langweilig, aber dafür super. Besonders die Idee mit dem Nagellack-Entferner für die Augen. Sie könne das aber ohne, die Menschen blind machen.

Ich jedoch finde mit etwas Abstand, dass das Video zeigt, dass ich den Verstand verliere. Was schade ist, denn da war nicht alles schlecht.

Es war nicht alles schlecht, ist ein ganz mieser Satz. Darf man den überhaupt noch in anderen Zusammenhängen benutzen?!

Also, mein Verstand verabschiedet sich mit großen Schritten und das schon am Tag fünf der Abwesenheit meiner Mitbewohnerin. Und es wird umso deutlicher, dass ich sie eben doch brauche. Denn es ist ja auch bedenklich, dass ich drei Personen mit Klebeband in meiner Abstellkammer halte. Ich betone, sie könnten jederzeit gehen, aber es gefällt ihnen bei mir.

Derweil hat sich auch meine Mitbewohnerin wieder gemeldet. Es kam zu einer kurzen Konversation via Facebook, die aber an einer sehr schlechten Verbindung krankte: Ihre Antworten und Einwürfe kamen schwer verzögert und irgendwann war ich mir nicht mehr sicher, ob es nicht ohnehin Nachrichten vom Vortag waren, die mich da erreichten. Wir haben inzwischen aber per SMS festgestellt, dass sie aufsteht, wenn ich zu Bett gehe. Das finden wir irre lustig und wollen das künftig auch hier zuhause beibehalten.

So, ich gehe mal laufen. Mit Frau Petry. Morgen übrigens muss ich tanzen. Nicht mit Frau Petry, sondern mit Lara, meiner Nachbarin.

Achso, dieses noch: Derzeit wird viel über mich geschrieben. Kleiner Gag, fiel mir gerade auf dem Klo ein.

Und auch diese Gegendarstellung darf erlaubt sein: In den sozialen Medien geht derzeit das Gerücht herum, das Raketenforschungszentrum Krefeld sei interessiert an mir. Das stimmt so nicht. Vielmehr verhält es sich so …

Ach, verdammt, ich muss aufhören. Frau Petry hat einen Umsturz in der Bundesseppoblik Deutschland angezettelt.

Batman ist mein Robin.


Hoerbar_haare

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