reparatrur


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Hin und dann hat der Mensch es ja schon einmal mit Ungünstigkeiten zu tun. Das kann der Job-Verlust sein, der Verlust der Personenwaage, der Verlust eines Menschen, der weitaus ungünstiger ist als der einer Personenwaage, wenn man nicht gerade die Prioritäten anders gelagert hat, oder aber auch ein zu installierender Viren-Scanner, der seinen Namen zu Unrecht trägt, da er weitaus mehr als nur Viren scannt, nämlich auch harmlose Dateien.

Bislang hatte ich ein eher teures Sicherheitspaket für meinen Rechner. Da das Abo gestern ablief und ich nicht verlängern wollte, brauchte es somit eine neue, kostenfreie Software, die ich mit der „AntiSeppoSuiteFree ™“ auch schnell fand und installieren wollte. Das war Ungünstigkeit Nummer eins.

Ungünstigkeit Nummer zwei bezieht sich auf mein Unvermögen, Dinge unbeschadet zu lassen. Ich mache die Dinge oft kaputt. Aus Versehen. Ich denke da an die Kaffeemaschine, die ich kaputt geputzt habe, als man mich mal einige Tage alleine ließ. Oder das von mir an die Wand gedübelte Regal, das mir beim Testen auf Stabilität auf meine Musikanlage krachte. Meine Mitbewohnerin musste den Schaden beheben und teilte mir mit:

„Es hat schon seinen Grund, warum Dübel und Schraube dieselbe Größe haben sollten.“

Erst vergangene Woche begrub ich mich unter meinem Bücherregal, als ich einige Bücher thematisch und nach Größe ordnen wollte. „Das große Fernsehlexikon“ von unter anderem Stefan Niggemeier ging dabei kaputt, sofern Bücher überhaupt kaputt gehen können. Übrigens hervorragende Toiletten-Lektüre, die einen kleinen Abriss von so ziemlich jeder Fernsehsendung liefert, die in Deutschland lief und läuft, alphabetisch geordnet, wobei unter „N“ mindestens eine Sendung fehlt.

Einem Deko-Elefanten habe ich mehrfach den Rüssel gebrochen, als ich beim Wäscheaufhängen mit dem Textil am nahe stehenden Elefanten auf der Fensterbank hängen blieb und ihn zu Boden riss. Meine Mitbewohnerin hat Routine im Kleben von Rüsseln und jedes Mal denke ich an Penisbruch und atme erleichtert auf.

Ein Porzellan-Elch, der neben einer Wasserpfeife steht, brach sich einmal das Geweih und einmal den Fuß, als ich mit dem Staubsauger-Rohr Spinnenweben entfernen wollte und ihn dabei ungeschickt umriss. Hätte ich ihn wenigsten geschickt umgerissen!

Also, hier ist vieles kaputt, weil ich putze oder aufräume. Gestern traf es den Wasserkocher, die zweite Ungünstigkeit.

Ich habe ihn entkalkt. Wie ich es regelmäßig tue. Und weil viel viel hilft, nahm ich besonders viel Entkalker, der irgendwie in die Elektronik gerutscht sein muss, während im Wohnzimmer sich der Viren-Scanner installierte. Das ist entscheidend, denn nun kommt es zu Ungünstigkeit Nummer drei.

Meine Mitbewohnerin brachte kürzlich einen „Waldmeister-Tee“ mit nach Hause. Waldmeister kenne ich nur als alkoholisches Getränk oder eben Wackelpudding und ich verachte Menschen, die von „Wackelpeter“ sprechen. Also wollte ich diese faszinierende Geschmacksrichtung, die lediglich Aroma war, in Tee-Form ausprobieren. Dabei sollte mir der Wasserkocher Dienste leisten, wobei interessant ist, dass ein Tauchsieder etwas völlig anderes ist als ein Siedetaucher.

Während ich das Schlafzimmer saugte, weil unser vor drei Jahren verstorbene Hund nach wie vor haart, krachte die Sicherung raus. Das ist nicht nur scheinbar ungünstig, das ist auf jeden Fall ungünstig. Ungünstigkeit Nummer drei.

Es ist der Moment, in dem ich weiß: Hier habe ich es mit Ungünstigkeiten zu tun, die eine ungünstige Verkettung bilden. Schnell ist mir klar, dass der Wasserkocher etwas mit der Tätigkeit der Sicherung, des Hauptschalters gar, zu tun haben muss. Und etwas weniger schnell wird mir klar, dass ich den Rechner neu hochfahren muss und denke noch, dass so ein plötzlicher Stromausfall sich manchmal auf rotierende Festplatten ungünstig auswirken kann.

Nachdem ich den Wasserkocher aus dem Fenster geworfen habe, setze ich mich an den Rechner, um festzustellen, dass die nur halb installierte Viren-Software mehrere Probleme meldet. Ich möge sie bitte deinstallieren. Hier komme ich in das grauenhafteste Feature von Windows überhaupt: „Programme und Features“ in der Systemsteuerung, von wo aus man offenbar Features deinstallieren kann. Mich nervt dieses Warten, bis er alle erfasst und aufgelistet hat. Doch das Deinstallieren von Features gilt wohl nicht für halb installierte Viren-Scanner. Denn dieser bat mich, ihn vor der Deinstallation neu zu installieren.

Gut, dann installiere ich neu, bevor ich deinstalliere, denke ich, und das Programm informiert mich über die Notwendigkeit, dass ich vor einer Installation die Anwendung zunächst deinstallieren müsse.

Das ist der Moment, in dem ich ahne, dass ich mich in einer Spirale des Todes befinde.

Ich starte den Rechner einfach neu. Oft hilft das. Kürzlich explodierte unsere Gas-Wasser-Therme. Ich startete sie einfach neu – und es half.

Der Rechner allerdings startet nun eine „PC-Diagnose“, die ich durchlaufen lasse, bevor dann die „Reparatur“ beginnt. Gut, denke ich, „Windows 10“ hat mir noch nie Ärger gemacht und repariert sich nun eben selbst. Denn Abbrechen kann ich sie nicht, die Reparatur.

„Reparatur kann nicht durchgeführt werden.“

Hier weine ich zum ersten Mal. Denn ich werde nun vor die Wahl gestellt, den Rechner herunterzufahren oder neuzustarten. Ich starte neu.

PC-Diagnose.

Reparatur.

Kann nicht durchgeführt werden.

Herunterfahren oder Neustart.

Ich weine zum zweiten Mal. Und fahre herunter. Warte geduldig. Ziehe den Stecker. Verfluche den Wasserkocher. Und starte neu. Geht nicht. Achja, der Stecker. Den wieder rein. Neustart.

PC-Diagnose.

Reparatur.

Kann nicht durchgeführt werden.

Herunterfahren oder Neustart.

Ich gehe fließend in den dritten Weinvorgang über und googel mit meinem Laptop das Problem. Dieses stellt sich als ein sehr bekanntes dar und die Lösung sei, dass man die Reparatur, die sich gerne in eine Endlosschleife begebe, abschaltet. Gute Idee, denke ich. Aber: Dazu muss man Windows starten. Schlechte Idee, denn exakt das kann ich nicht.

Nach dem Trocknen der Tränen des vierten Weinens finde ich mich im BIOS-Setup wieder, wo man vieles kaputtmachen kann. Ich einige mich darauf, nichts kaputtzumachen und finde immerhin die Möglichkeit, die Eingabeaufforderung zu starten. Uralte „DOS“-Befehle kommen wir wieder in den Sinn. „Dir“ oder „del“. Dabei stelle ich fest, dass der Rechner scheinbar meine Partition mit den persönlichen Daten vernichtet hat. Ich überspringe das fünfte Weinen und weine zum sechsten Mal, denn ich nähere mich einem Gefühl der Verzweifelung.

In jener Eingabeaufforderung schalte ich mehrfach mit einem zwei Zeilen langen Befehl die Reparaturfunktion ab, die sich davon unbeeindruckt zeigt und trotz Bestätigung ihrer Deaktivierung sich nicht deaktivieren lässt. Zumindest nicht von mir.

Katrin rät mir, einfach den Stecker vom Rechner zu ziehen und es später noch einmal zu versuchen, oft erledigten sich solche Dinge von selber. Ich überlege hin und her, ob ich dem Rat einer Frau folgen solle, die von Computertechnik doch unmöglich mehr Ahnung als ich haben könne!

Ich folge ihrem Rat, was meine Verzweifelung zeigt. Und plane schon die Anschaffung eines neuen Rechners.

Dieser Plan gefällt mir heute Morgen immer besser, als ich den streikenden PC neu starte.

Er bietet mir nach weiteren Reparatur-Vorgängen an, die abermals nicht abgeschlossen werden können an, den PC „zurückzusetzen“. Dies gehe mit Datenverlust einher.

Und ja, ich habe auch die Boot-CD ausprobiert wie auch einen Boot-USB-Stick. Nichts wollte gelingen, obwohl ich viel gebootet habe.

Hochgradig aggressiv wähle ich also „PC zurücksetzen“ und bin gespannt, welche Windows-Version ich am Ende wohl haben würde, da dieser Rechner mit 8.1 begann. Wichtigste Info, die mich während des Zurücksetzens erreicht:

„Ihre persönlichen Daten gehen nicht verloren.“

Woher „Microsoft“ auch immer weiß, welche meine persönlichen Daten sind … Es sind die, die ich auf drei externen Festplatten regelmäßig sichere. Und das vergangene regelmäßige Sichern fand vor einem halben Jahr statt. Das wird sich nun wohl ändern müssen.

Der Desktop erscheint. Ich weine zum siebenten Mal, als ich feststelle, dass meine komplette Spiele-Sammlung aus mehr als 50 Spielen nicht mehr vorhanden ist. Meine E-Mails – weg. Allerdings noch auf meinem Server gesichert. Meine Schriften – weg. Mein für das seppolog so wichtige Grafik-Programm – weg. Meine Porno-Sammlung – noch da! Ich weine zum achten Mal. Dieses Mal vor Glück.

Es liegt nun eine lange Nacht vor mir, in der ich vor allem eines tun muss, was nach einem solche GAU das Bekackteste ist: Ich muss so gut wie alle Windows-Funktionen abschalten. Jeden einzelnen Punkt in der Systemsteuerung werde ich durchgehen müssen. Ob es die Datenschutz-Funktionen sind, die die Daten eher nicht schützen oder „Cortana“, mit der ich mich nicht gerne unterhalte, die mir dennoch immer wieder Vorschläge unterbreitet wie einst Karl Klammer, den jeder gehasst hat, auch wenn er ganz süß war. Die Benutzerkonten-Steuerung! Der letzte Dreck. Das Startmenü! Vollkommen überflüssig, ich muss es entfernen.

Und dann installiere ich eine kostenlose Anti-Viren-Software.


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