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„Drücken Sie den Knopf!“

Das steht in meiner Handy-Memo-App. An sich memoriere ich unter Zuhilfenahme technischer Geräte nichts, weil ich das Wesentliche im Kopf habe. Ich muss mir nicht aufschreiben, wo ich morgen Fußball gucke, auch wenn man mir immer noch nicht die genaue Adresse gesagt hat. Aber auch die würde ich mir umgehend merken und nicht aufschreiben. Was leichtsinnig ist, denn ich erinnere eine Kurzgeschichte von Ephraim Kishon, „Kein Weg nach Oslogrolls“.  Zur „Helsingforsstraße 5“ soll das lyrische Ich sich in dieser Geschichte begeben, vergisst aber unterwegs die Adresse, rekonstruiert sie mittels Eselsbrücken und sucht am Ende die Oslogrolls-Straße, die es freilich nicht findet. Das hat etwas von Stiller Post, die sich in diesem Beispiel nur in einem Gehirn abspielt.

Morgen soll ich gegen 19.05 Uhr in die Johannesstraße in Düsseldorf kommen. Es fehlt mir nur noch die Hausnummer und sofern sie nicht vierstellig ist, wird sie wohl sich zu merken sein.

Die Memo-App sammelt bei mir lediglich mögliche Themen, über die ich hin und dann mal schreiben könnte. Da kommen einem nachts Ideen, die man dann im Halbschlaf in die App eintippt, um am nächsten Morgen schon nicht mehr zu wissen, was man sich selber damit eigentlich sagen wollte.

„Drücken Sie den Knopf.“

Welche Idee hatte ich da Anfang dieses Monats? Ich kann mich nicht mehr ansatzweise erinnern. Möglich, dass ich darüber gelesen hatte, dass Donald Trump demnächst vielleicht den Knopf zu drücken in der Lage sein wird, der das Atomwaffenarsenal der USA in Bewegung setzt, um die Grenze zu Mexiko etwas unwirtlicher zu gestalten. Zuzutrauen wäre es ihm ja und vielleicht nimmt er diesen meinen Vorschlag ja als Anregung. Mich dann aber bitte nicht zitieren.

Bislang galt in der Politik stets „Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“ So begründete mir kürzlich jemand, warum die Briten gegen ein Aussscheiden aus der einzig von mir gefeierten Europäischen Union stimmen werden. Und auch die Börsen deuteten ja auf ein solches Ergebnis hin. Dem wurde viel Glauben geschenkt, was überhaupt zeigt, wie sehr wir an den Vorrang der Wirtschaft glauben. Unser System basiert auf dem Primat dieser, was ohne Systemumsturz sich auch nicht ändern wird, es wird sich eher noch intensivieren, bis es kollabiert oder einfach weiterläuft.

Also, kann es sein, dass Trump Präsident der USA wird?

Es ist der 4. Juli 2019. Hillary Clinton ist (die unbeliebteste) Präsidentin der USA, als bekannt wird, dass sie mit dem Hausmeister des Pentagons eine Affäre hat. Zunächst wird sie in den sozialen Medien (die in solchen Zusammenhängen immer hervorgehoben werden, als wären sie das wahre Abbild unserer Realität) dafür gefeiert, dafür, dass sie sich an ihren Ehemann post mortem rächt. Dann jedoch wird bekannt, dass ausgerechnet dieser Hausmeister Zugang zu jenem Knopf hat. Zu dem Knopf, der die Zündung der mit Atomsprengköpfen versehenen Raketen aktiviert. Gegen eine Affäre wäre nichts zu sagen, heißt es allerorten, doch mit diesem Hausmeister könnte es zu Interessenkonflikten kommen.

Erstaunlich ist, dass niemand die Frage stellt, warum ein Hausmeister überhaupt Zugang zu diesem Endzeit-Schalter habe. Die Menschen nehmen in diesen Zeiten vieles einfach hin. Beispielsweise interessiert niemanden der Skandal, dass die Panzer, mit denen Russland 2018 Estland, Lettland und Litauen annektiert hat, in Billiglohnländern unter schlimmsten Bedingungen hergestellt wurden.

Doch eine Sache bewegt die Leute, das amerikanische Volk: dass ausgerechnet Donald Trump dieser Hausmeister ist. Als dieses publik wurde, twitterte Trump lediglich:

„Ich muss ja auch sehen, wo ich bleibe.“

Denn nach der verlorenen Wahl ging es finanziell abwärts mit seinem Imperium, übrigens nicht zum ersten Mal, sodass er sich eben auf diesen Hausmeister-Job im Pentagon bewarb und prompt genommen wurde, weil er sich im Vorstellungsgespräch so offenherzig gegeben habe, einfach mal ausgesprochen habe, was Personaler eben so denken. Der Mann schafft es immer wieder

Vor etwa zehn Jahren habe ich mein Studium abgeschlossen. Anfangs studierte ich ein Fach aus Verlegenheit, da ich für Wirtschaftspolitik auf eine Warteliste gekommen war. Numerus clausus und so weiter. Ich studierte das an der Uni Münster neu eingeführte Fach „Künftige Geschichte“. Diese Studienrichtung hat sich bis heute nicht durchgesetzt, da die Datenlage einfach etwas dünn ist und man ständig warten muss, bis die künftige Geschichte Gegenwart geworden ist. Nur ist sie dann keine künftige Geschichte mehr. Nach dem Grundstudium ist nur noch etwa ein Sechstel der Erstsemester dabei, als Folge eines erbarmungslosen Ausleseprozesses. Ich habe ein Semester studiert und einen Kurs belegt, der sich der Frage gewidmet hat, wie man denn einem Hausmeister im Jahr 2019 Zugang zum US-Atomarsenal gewähren könne. Denn der könnte es ausnutzen.

Donald Trump aber liegt das an diesem 4. Juli 2019 fern. Der Knopf interessiert ihn gar nicht, vielmehr ist ihm Reinlichkeit im Kommandobunker wichtig. Er wirkt generell geläutert. Doch dann ist da eben der Moment, als Clinton zur Tür hineinkommt, die ein aufreizendes Netzhöschen trägt. Es bleibt dem Leser überlassen, sich das bildlich vorzustellen oder nicht.

Und mir wurde vorgeworfen, hier mit Vulgär-Sprache um mich zu werfen. Was stimmt. Momentan durchlebe ich eine vulgäre Phase, das spiegelt sich hier leider oft wider. Ich gelobe Besserung und beschreibe also nicht, was Hillary und Donald (, die übrigens 2018 eine gemeinsame „Netflix“-Serie hatten, die aber floppte. Sie spielten dort ein in Scheidung lebendes Paar, das einfach nicht die Finger voneinander lassen kann. War einigermaßen lustig, aber der Reiz nach einer Staffel verloren.) dann taten, nachdem die Lust sie überkam.

Und wie das im Zuge aufwallender Lust eben so ist, man merkt nicht, wen man wo draufsetzt und so hebt Donald Hillary ausgerechnet, ja, es klingt ausgedacht, ich weiß, auf eben jenen Schalter.

Die darauf folgenden Ereignisse sind zügig zusammengefasst. Die sozialen Medien explodieren vor Empörung über dieses Missgeschick, „Bild.de“ titelt „Zwischen Lust und Endzeit“, kommt aber nicht mehr zum Verfassen eines dazugehörigen Artikels, da die Welt explodiert.

Die Raketen auf dem Weg nach Russland, einige zielen überraschenderweise auch auf Berlin, was dort für kurzzeitige Empörung und Enttäuschung über den transatlantischen Partner erzeugt, während andere Raketen schon an Ort und Stelle explodieren, weil die Silo-Klappen sich nicht öffnen. Irgend etwas ist dort offenbar schlecht gewartet worden, was sich nun natürlich einigermaßen rächt. Großes Hallo im Pentagon, doch scheinen die Silo-Klappen das geringste Problem zu sein, da die Russen ihre Antwort schicken.

Es gibt genug Filme, die dieses Endzeit-Szenario gut beschreiben, die Realität allerdings macht weniger Spaß, wie die rund acht Milliarden Menschen einhellig feststellen. Nur wenige empfinden eine gewisse Lust am Voyeurismus beim Betrachten der aus dem Boden sprießenden Atompilze, die in Realität viel bedrohlicher aussehen als im Fernsehen, wie einer twittert. Dieser Tweet geht als der letzte überhaupt in die Menschheitsgeschichte ein. Er wird auch nie gelesen.

Ich kürze weiter ab, denn es nimmt einen zu sehr mit, was an diesem Tag geschieht. Es überleben rund eine Million Menschen auf dem Erdball, die meisten noch nicht einmal in körperlich vollständiger Verfassung. Dem einen fehlt ein Arm, der andere beobachtet interessiert sein Exoskelett und hofft auf einen Evolutionsvorteil, während wieder andere realisieren, dass sie mit einem abermals anderen zusammengeschmolzen sind. Es sind komische Gestalten, die da über den Erdball kriechen, die das Ergebnis dessen sind, wovor die Menschheit sich selbst immer wieder gewarnt hat.

Die größte Überraschung aber ist die, dass nicht eine einzige Kakerlake den Weltuntergang überlebt hat.


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Der Live-Ticker zum Untergang: www.facebook.de/sflotho