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In einem Artikel, den der Autor kurz nach seiner „großkotzigen Phase“ geschrieben hat, gestern nämlich, stellte er sich die Frage, ob er stinke. Es sollte sich herausstellen, dass nicht er Ursache des üblen Geruches war, sondern seine Sport-Matte. Die dank einer Reinigung mittels Teppich-Reinigers nun wieder duftet wie … naja, wie Teppichreiniger. Er wurde von seinen Lesern verlacht ob dieser Maßnahme, die jedoch ein absoluter Erfolg ist. Der hochmütige Leser knickt angesichts dieser Bilanz nun demütig ein. Es bleibt zurück: ein hochmütiger Autor. Der gestern über Facebook seine Mitbewohnerin fragte:

„Nimmst du meinen Körpergeruch noch wahr?“

Übrigens, in der dritten Form über sich selber zu schreiben, schickt sich eher als in der Ich-Form. Im Journalismus stelle ich, nein, stellt er, der Verfasser dieser Zeilen, zunehmend den Einfluss des amerikanischen „Journalismus'“ fest, in dem die Schreiber gerne in der ersten Person schreiben, was mit Objektivität nichts mehr zu tun hat. Warum bricht sich das nun auch hier im deutschsprachigen Raum Bahn?!

Auf obige Frage konnte meine Mitbewohnerin nicht mehr antworten, da – wie bekannt – gestern das Welt umspannende Internet abgeschaltet wurde wegen einer Seniorengruppe, die mir den Bürgersteig versperrt hatte, doch dazu später mal mehr.

Gegen Abend, als das Netz seinen Betrieb wieder aufgenommen hat, kam dann ihre Antwort, die ich heute gerne nachliefere. In diesem Zusammenhang spricht man von „Chronistenpflicht“, wie man mir in meiner journalistischen Ausbildung beigebracht hat.

Sie also: „Ja, wieso? Du riechst mich ja auch noch.“

Ich: „Brauchte die Info für ’nen Blog-Artikel.“

Sie: „Und Du weißt, ich bin ehrlich. Ich sage, wenn ich was rieche.“

Ja. Sie ist da ausgesprochen ehrlich. Insbesondere, was diese Art von Geruch angeht:

Sie: „Beispiel in der Stadt mit Mundgeruch. Aber ich wünsch‘ mir das ja auch von Dir, dass Du mich gegebenenfalls darauf hinweist!“

Zwei Dinge sind hier nun zu klären. Zum einen: Welche ist die Stadt mit Mundgeruch? Hier wird deutlich, wie entscheidend der Kontext einer Unterhaltung zum Text-Verständnis beiträgt. Das gilt wohl insbesondere für die schriftliche Kommunikation über soziale Medien, wo man es – je nach Gesprächspartner – nicht immer so genau nimmt, genau nehmen muss. Denn ich habe sie durchaus verstanden. Aber auch nur, weil ich weiß, worauf sie sich bezog. Auf den vergangenen Samstag nämlich, als wir in der Stadt waren (eigentlich sind wir so gut wie immer in der Stadt, da wir in einer wohnen, auch wenn es sich nur um das kleine Düsseldorf handelt), um mir Hantelscheiben zu kaufen. Denn dort ereignete sich – und das ist der zweite zu klärende Aspekt – dieses:

Wir bewegen uns durch die Sport-Abteilung von Horten. Ich sage nach wie vor zu „Kaufhof“ „Horten“. Weil das immer so war. Mit meinen Eltern ging ich schon als kleiner Junge zu nach Horten. Ich werde mich diesem modernen Trend nicht unterwerfen. Und auch jetzt, wo Kaufhof nicht mehr in deutscher Hand ist, nenne ich es weiterhin Horten. Horten hört ein Hu!

Wie immer, wenn wir in Hortens Sportabteilung sind – und es ist nicht einmal Hortens Sportabteilung, sondern das Unternehmen „Sportarena“, das aber irgendwie dann doch komplett zu Galeria Horten gehört -, stellen wir fest, dass die Auswahl dort eher mager ist, sodass wir jedes Mal direkt danach zu Karstadt Sport Sport Karstadt gehen. Ich kann mir die Reihenfolge der Begriffe „Karststadt“ und „Sport“ in dem Namen nie merken. Womöglich heißen sie eh inzwischen „Karstadt sports“. Haha, tun sie wirklich. Ach Ihr armen Deutschen! Sind Eure Schwänze so derart klein, dass Ihr Euch auf diese Anglizismen-Scheiße einen runterholen müsst?!

Meine Mitbewohnerin und ihr Dreibein dann also bei Karstadt Turnen, wo sie beiläufig, aber bestimmt sagt:

„Du riechst aus dem Mund!“

Na toll. Ich habe grundsätzlich panische Sorge, was potenziellen Mund- oder auch Magengeruch bei mir angeht. Ich putze mir morgens etwa drei Mal die Zähne mit verschiedenen Werkzeugen. Auch ein Zungenschaber kommt dabei zum Einsatz. Nicht für die Zähne, sondern für die, naja, Zunge eben. Und dann höre ich diesen Satz! Und sage:

„Wir kaufen sofort ‚Fisherman’s‘.“

„Ja, es ist dieser Geruch des leeren, nur mit Kaffee gefüllten Magens. Du solltest was essen!“

Ich höre nicht hin, denn das Phänomen als Ursache dieses Geruches ist mir bekannt. Und wende mich an eine Frau in grünem T-Shirt:

„Pardon, mein Name ist Flotho, ich habe Mundgeruch und suche die ‚Fisherman’s‘-Abteilung.“

„Was?!“, die Dame irritiert.

„Oh, pardon. Ich hielt sie für eine Verkäuferin.“

Meine Mitbewohnerin sich abwendend: „Seppo! Peinlich!“

„Ja wieso?! Horten-Personal trägt grün. Weiße Hose, grünes T-Shirt! Die sollten keine Kunden in grünen T-Shirts reinlassen!“

Meine Mitbewohnerin kramt in ihrer wirklich übersichtlichen Handtasche und überreicht mir feierlich „Fisherman’s Friend Tropical“.

„Ahh, du hast ‚Tropical‘!“, ich erfreut und werfe mir zwei ein. So scharf sind „Tropical“ nicht, denke ich, kurz bevor mir die Tränen in die Augen schießen, „Hast du Wasser?!“

„Nein. Soviel passt in meine Handtasche nun auch wieder nicht. Vielleicht nicht direkt zwei auf einmal nehmen?!“

„Viel hilft viel.“

Meine Mitbewohnerin ist in solchen Dingen sehr offen, wohingegen ich mich schwer tue, Menschen auf eventuellen Mundgeruch hinzuweisen. Gegenüber Frauen verbietet es sich meiner Meinung nach sowieso. Zwar hat mir die ein oder andere durchaus schon einmal gesagt, ich möge sie bitte umgehend darauf hinweisen, doch entscheide ich das abhängig von der jeweiligen Situation. Denn wenn es gerade nicht zu ändern ist, hilft der freundliche Hinweis so gar nicht. Und nein, einer Frau würde ich es nicht sagen, meiner Mitbewohnerin dann schon eher, zumal sie selber ja gnadenlos ist. Allein aus purem Rachegelüst habe ich ihr schon Mundgeruch diagnostiziert, obwohl ihr Atem nicht frischer duften könnte. Mich plagte dann aber das schlechte Gewissen:

„Nein, stimmt gar nicht. Du hast keinen Mundgeruch.“

„Warum sagst du es dann?!“

„Ich wollte, dass du dich schlecht fühlst.“

Nun, um das zu verstehen, muss man natürlich wissen, dass in unserer Beziehung ein gewisser Humor die Tagesordnung anführt. Was sich liebt, das neckt sich eben, und ich tue das sehr gerne. Beides.

Als sensibler Mensch, und ich meine eine positive Sensibilität, die ich bei Menschen sehr schätze, nimmt meine Mitbewohnerin Gerüche, gute wie schlechte, sehr schnell wahr. Ich erinnere eine Szene, da wollten wir Essen gehen. Wir betraten das Restaurant, ich natürlich vorne weg, wie es sich gehört, sodass ich nicht merkte, dass sie bereits kehrtgemacht hatte. Während ich zum uns zugewiesenen Tisch gehe, steht sie bereits wieder draußen. Was ich dann endlich auch bemerke. Ich rufe sie auf ihrem Handy an:

„Wo bist du?!“

„Hast du das nicht gerochen?! Da stinkt es extrem. Da gehen wir nicht essen.“

Ja, sie hatte Recht. Es roch nach Kotze. Nur hatte ich bereits einen Hibiskussaft bestellt.

„Ich trinke eben noch meinen Hibiskussaft. Aber es stimmt. Hier hat wohl jüngst jemand gekotzt.“

Ich trinke schnell aus, bezahle und verabschiede mich:

„Meine Frau ist schwanger! Kind kommt! Muss weg!“

Mein Lieblingssscherz. Auf die Weise kann ich sie ohne Konsequenzen schwängern.

Wieder draußen vereint guckt sie etwas geknickt und sagt:

„Entschuldigung. Aber da kann man unmöglich essen.“

„Ja, du hast ja Recht. Und wer immer da gekotzt hat, wird einen Grund dafür haben.“

Und ich verweise auf die Spirale des Kotzens: Hätten wir dort länger gesessen, hätten wir vielleicht auch gegöbelt. Und dann hätte der nächste Gast degobiliert. Es galt, diese Spirale zu durchbrechen.

„Du riechst nach Hibiskus!“


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