kissen

Mit ziemlicher Sicherheit kann ich sagen, dass ich heute noch umgebracht werde. Ich sehe dem erstaunlich gelassen entgegen, da ich einen verregneten Mittwoch erinnere, an dem ich mit meinem Kumpel Merugin an einer Zapfsäule stand, die da, wo sie stand, nicht hingehörte: in seinem Wohnzimmer. Das aber ist eine andere Geschichte, die ich hier besser nicht ausbreiten sollte, denn nach dieser Zapfsäule wird nach wie vor gefahndet. Vergessen wir das … Merugin jedenfalls fragte mich damals:

„Von wem würdest du am liebsten umgebracht werden?“

Gut, dass ich auf diese Frage vorbereitet war, denn ich erinnerte einen sonnigen Donnerstag, an dem mein Kumpel Pavel mir die Frage stellte:

„Von wem würdest du am liebsten umgebracht werden?“

Damals musste ich noch lang überlegen. Doch als Merugin mir diese alltägliche Frage stellte, spulte ich meine Antwort vom sommerlichen Donnerstag einfach noch einmal ab:

„Von meiner Mitbewohnerin.“

Und heute Abend, wenn sie wieder nach Hause kommt, wobei man das „wenn“ nicht überbetonen muss, wird es soweit sein. Dann nämlich, wenn sie sieht, wie viele Sofa-Kissen ich online bestellt hatte, die heute Nachmittag geliefert wurden.

Am vergangenen Samstag waren wir bei „Galeria Kaufhof“ – nur Idioten nennen den Laden noch „Horten“ -, um Sofa- und/oder Deko-Kissen für unser Sofa zu kaufen. Eigentlich waren wir aus anderen Gründen dort, doch plötzlich war ich der Überzeugung, Kouchcissen kaufen zu müssen, als ich sah, wie erschwinglich die der Handelsmarke „Galeria Home“ sind.

Die Akzentfarbe in unserem Wohnzimmer ist ein helles Grün. Und ich möchte ganz mannhaft betonen, dass ich bei uns zuhause die Highlight-Farben festgelegt habe. Die Küche ist rot, das Schlafzimmer wird von einem gediegenen Braunton akzentuiert und der Flur durch Silber, nicht aber durch ein kitschiges, wie ich betonen möchte.

Warum ist das hier wichtig? Weil die Kissen grün sein mussten. Und wie der Zufall es will, scheint grün bei „Galeria Home“ derzeit die Trendfarbe zu sein.

So also fühlt es sich an, wenn man einen Deko-Blog schreibt …

Überall Kissen mit Grün bei Kaufhof! Ein Narr, wer da nicht zugreift, um die alten Ikea-Kissen zuhause auszuwechseln beziehungsweise ihren Nutzen umzuwidmen.

Während meine Mitbewohnerin die zuvor erworbenen Hantelscheiben (zweimal fünf Kilo plus 15 weitere Kilo) tragen durfte, trug ich zunächst ein, später dann vier große grüne Kissen.

Ich muss jetzt hier deine Hanteln tragen, während du Kissen trägst?!“, sie empört.

„Das ist das Privileg dessen, der die Akzentfarben vor vier Jahren festgelegt hat! Außerdem: Trag‘ du mal vier Kissen auf einmal! Das ist sehr unhandlich!“

„Warum eigentlich gleich vier?!“

„Weil wir vier ersetzen müssen!“

„Die sehen alle gleich aus!“

„Neiiin! Sie sind alle grün, aber im Detail sind sie sehr individuell. Ein Hingucker in unserem Wohnzimmer!“

„Drei reichen. Leg‘ eines doch zurück.“

Also, um kein Öl ins Feuer zu gießen, legte ich eines zurück. Und wartete, bis sie außer Sichtweite war, da sie sich noch nach Bettwäsche umsehen wollte. Dann holte ich das nur zum Schein verschmähte Kissen zurück und stopfte es zwischen die anderen. Zum einen, damit sie es nicht sehen konnte, zum anderen, damit ich noch Platz für ein fünftes Kissen hatte, das meine Aufmerksamkeit erregte. Allerdings war dieses nicht von „Galeria Home“, sondern von einer offenbar edlen Marke, wie ich dem Preis entnahm, der mich aber nicht abschreckte, da die Schönheit des Grüntones mich blendete. Ein Narr, wer da nicht zugreift!

An der Kasse zeigte ich also nun sechs Kissen vor, was auch meiner Mitbewohnerin nicht entging, die mich strafend ansah. Mit einem Blick, den ich kannte, der mir sagen sollte:

„Leg‘ drei zurück.“

Ich mit gedämpfter Stimme zu ihr, um nicht unnötig Aufmerksamkeit der anderen Kunden und der Kassiererin zu erregen: „Super Angebot. Sechs für drei! Ein Narr, wer da nicht zugreift!“

Die Kassiererin mischte sich ein: „Dieses Kissen mit oder ohne Füllstoff?“

Ich: „Was?!“

Sie: „Das hier ist nicht von unserer Eigenmarke, der Füllstoff kostet extra.“

Ich: „Wie, das kostet dann insgesamt 50 Euro?! Für ein Kissen?! Das nur gut aussehen soll? 25 Euro für bloße Watte?! Nein, dann bleibt das hier.“

Während ich das sagte, überlegte ich, ob ich in Abwesenheit meiner Mitbewohnerin dieselbe Entscheidung getroffen hätte. Es war sein sehr schönes Kissen.

Nun also verpackte die freundliche Handlangerin fünf Kissen in eine überdimensionale Tüte, die sonst für Bettdecken vorgesehen ist. Ich staune. Große Tüte. Eine Art Männertüte, dachte ich. In der ich Deko-Kissen transportierte. Das nahm dem Ganzen wieder die Männlichkeit.

Wieder zuhause drapierte ich, so nennt man das wohl, die fünf Kissen und stellte fest, dass den fünf Kissen ein sechstes sehr gut getan hätte. Ich bestelle einfach online eines nach, dachte ich so bei mir. Merkt sie ja nicht. Ich stelle sie einfach vor vollendete Tatsachen.

Und das wird in wenigen Stunden Realität. Denn ich habe nicht nur ein Kissen bestellt, sondern gleich vier. Hintergrund waren diverse Rabatte und die blendende Schönheit des Grüntons. Ich wollte eben die komplette „Galeria Home“-Grüne-Kissen-Kollektion vereint bei uns im Wohnzimmer.

Der DHL-Bote kam heute erst gar nicht die Treppen hoch bis zur Wohnungstür. Ihm sind wohl die Kissen zu schwer, dachte ich, als er mich von unten rufend zu ihm bat. Da musste ich schmunzeln, hatte ich doch so gut wie 35 Kilo Hantelscheiben am vergangenen Samstag durch die Stadt geschleppt. Zumindest sah ich meiner Mitbewohnerin dabei zu. Und dieser Paketbote konnte nicht vier Kissen in die erste Etage tragen?!

Egal, ich kam ihm entgegen und hatte sofort Verständnis für sein Vorgehen. Denn das Paket passte nicht durch die Eingangstür. Somit blieb mir nach der Annahme dessen nur das Auspacken des Pakets auf dem Bürgersteig, wo ich dann also mit vier grünen Kissen stand. Mit sieben eigentlich, denn ich hatte noch drei weitere kleine bestellt, die auf der Sofa-Lehne stehen werden. Die waren so dermaßen günstig, dass nur ein Narr da nicht zugegriffen hätte.

Nun, 17 Uhr 20, habe ich die sieben Kissen im Wohnzimmer verteilt. Insgesamt zieren nun zwölf Kissen unsere (nicht gerade kleine) Couch. Mein erster Gedanke war:

„Wenn sie heute nach Hause kommt, wird sie mich umbringen. Und das aus gutem Grund. Man wird sie freisprechen. Man wird ihr das Bundesverdienstkreuz umhängen.“

Zwölf Kissen garantieren vermutlich höchsten Sitzkomfort, doch ist es schwierig, unter ihnen noch das Sofa auszumachen. Mit etwas Glück ist sie begeistert von der neuen Sitzlandschaft (man spricht ja im Zusammenhang mit Einrichtungen immer von „Landschaften“), wenn ich ihr penetrant gemütliches Sitzen demonstriere, sobald sie nach Hause kommt. Aber sehr wahrscheinlich wird sie mich unter den zwölf Kissen ersticken.


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