seppoFIT 2

Hoerbar_haare
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Es geht los. Dorian ist da. Dorian Black, freilich ein Künstlername, ist mein neuer persönlicher Trainer. Die Serie seppofit ™ soll dokumentieren, wie ich innerhalb von zwölf Wochen noch fitter werde. Und am Anfang steht die Frage, wo ich eigentlich bislang stehe. Und exakt das will Dorian nun mit mir herausfinden: mit dem Fitnesstest.

Zunächst beantworte ich vier Fragen:

Wie oft pro Woche trainiere ich?

Fünf bis sechs Mal.

Welche sind dabei die häufigsten Aktivitäten?

Laufen und Krafttraining.

Wie fit schätze ich mich selber ein?

Bei dieser Frage kämpfe ich an gegen meine gnadenlose Selbstüberschätzung, die paradoxerweise einhergeht mit ebenso gnadenloser Selbstunterschätzung. Ich antworte ihm realistisch: „Überdurchschnittlich aktiv und fit“. Ist das jetzt überheblich? Nein. Es ist der Lohn wirklicher Disziplin, was ich hier völlig trocken und ernst sage.

Wie groß bin ich und wie viel wiege ich derzeit?

Ein Meter 80 bei 74 Kilogramm. Vier Kilo zu viel übrigens, gebe ich Dorian noch mit auf den Weg. Er lächelt müde und verweist auf meinen Müller-Thurgau.

 

Ich möge mich nun für den Test erwärmen und überdies aufwärmen. Mir werden Übungen nahegelegt, die „High Knees Walk“ heißen oder „Jumping Jack“.

„Ah, du meinst den ‚Hampelmann'“, ich messerscharf, „Warum hat der Scheiß nur noch englische Namen?!“

„Verkauft sich dann besser. Der ‚Scheiß‘.“

Das Warmmachen geht schnell und tut das, was es tun soll. Noch bin ich sehr optimistisch und gut gelaunt. Was Dorian zu bremsen weiß. Denn der eigentliche Fitnesstest beginnt erst jetzt. Mit der bekacktesten Übung, die sich der Mensch ausgedacht hat: Burpees. Zwei Minuten am Stück Burpees, „Flat Out Burpees“, um genau zu sein und Verwirrung zu stiften.

Burpees sind von der Ausführung her eine einfache Geschichte. Er macht sie mir vor und ich versage beim Nachahmen, da ich die simplen Bewegungsabläufe nicht hinbekomme.

Er: „Mich wundert nicht, dass du unfähig zu Mannschaftssport bist.“

Ich: „Was soll das nun?! Sollte ein Trainer nicht motivieren? Ihr belügt doch sogar die hoffnungslosesten Fälle mit einem ‚Das schaffst du!'“

Er: „Wir kennen uns. Was soll ich dir vormachen?! Aber diese Kraftnummer kriegst du hin.“

Irgendwann gelingt mir der Bewegungsablauf und ich starte. Es sind zwei Minuten der Hölle.

„Wie lange noch?“, rufe ich.

„Noch 90 Sekunden! Und halt‘ die Klappe!“

Ich hab‘ erst ’ne halbe Minute? Mein Herz schlägt mir ins Gesicht. Sehe mich einem Infarkt nahe. Überdurchschnittlich aktiv und fit. Dass ich selber nicht lache! Ich kann kaum deutlich machen, wie unangenehm Burpees sind. Zwei Minuten sind an sich nichts, aber nach 30 Sekunden war ich bereits platt.

90 Sekunden später …

Ich kollabiere: „Wie viele waren das, Dorian?“

„39. Nicht schlecht. Du hast nun zwei Minuten Pause. Dann machst du zwei Minuten Sit-Ups.“

„Sit-Ups, nicht Crunches?“

Er bejaht, ich solle aber keine hektischen Sit-Ups machen. Bei den Sit-Ups werden die Arme mit hoch gerissen, allerdings sanft, und vorn zwischen den Beinen auf den Boden abgelegt. Ich mache 49. Und hoffe dabei, dass die Burpees das Schlimmste dieses Tages bleiben werden. Sit-Ups sind simpel.

Dorian: „Du machst sie nicht zum ersten Mal.“

„Exakt.“

„Lust auf Squats?“

„Nein.“

„Zwei Minuten. Los.“

Ich mache 56 und frage Dorian, ob das nicht im Grunde Kniebeugen waren. Er verdreht beide Augen. Ich finde ihn tuntig.

„Ich finde dich tuntig.“

„Das liegt wohl daran, dass ich schwul bin.“

„Wenn ich das so niederschreibe, gibt es einen Shitstorm.“

„Sollen sie scheißen.“

Die Kniebeugen sind kein Thema. Und ich überlege, ob ich nicht dann, wenn ich weiß, es geht um die Anzahl der Ausführungen, nicht wirklich in eine unsaubere Technik verfalle. 100 Kniebeugen wären auch möglich gewesen, nur eben sehr zügige und dreckige. Aber ich behalte die Frage für mich, weil ich gebannt auf die Test-Auswertung warte. Ist nun „Anfänger“ das Ergebnis, schicke ich Dorian nach Hause.

„Vorher noch Push-Ups“, befiehlt er und verfällt in diesen von mir verhassten Trainer-Duktus.

„Ah, Liegestütze!“

Er reagiert nicht und ich lege los. Männer-Liegestütze, nicht die Frauen-Variante. Bei aller Liebe. Doch während der nun folgenden zwei Minuten vergeht mir jede Arroganz, die aber zurückkehrt, als er feststellt:

„68. Das ist eher gut. Trotz der kleinen Unterbrechung, die du dir geleistet hast. 68 ist in der Tat beeindruckend.“

Ich darf nun etwas trinken. Die Entscheidung, wann ich trinke, obliegt offenbar nicht mehr mir. Ich bin von Dorians Gnaden abhängig.

Meine Werte trägt er in einem Tablet ein, während ich ihm „Knabbermix“ vom Aldi anbiete.

„Du hast ja wohl ’nen Vollschaden, Seppo! … Also, wo stehen wir. Grundsätzlich merkt man, dass du was tust. Die Liegestützen waren wirklich krass. Ich bau‘ dir ein Programm, mit dem wir in zwölf Wochen diese gerade gezeigte Leistung im Wesentlichen verdoppeln können. Wie oft willst du pro Woche trainieren?“

„Fünf Mal.“

„Da du parallel läufst, machen wir es ohne Cardio.“

Verstehe nicht, was er meint, nicke aber.

„Ich sehe dein Nicken, aber ich sehe, du weißt nicht, wovon ich spreche.“

„Erkläre es mir nicht. Ich will mich damit nicht belasten.“

„Das Programm der ersten Woche ist klar, für den Rest mache ich mir am Wochenende Gedanken, das dauert etwas länger. Es muss wirklich zu dir passen. Ich muss mir das ein oder andere noch ansehen.“

Dorian wird nicht jeden Tag vorbeikommen, weil er mir dann zu teuer wird. Wir einigen uns auf einen wöchentlichen Besuch, der Rest geschieht im Grunde via Skype, vieles könne ich, da schon so unfassbar erfahren, ohnehin alleine durchführen. Und als ich ihn nach Hause schicken will, sagt er:

„Nein, denn nun beginnt Workout eins. Und die gute Nachricht: Burpees spielen bis Donnerstag keine Rolle.“

„Donnerstag kann ich nicht.“

„Dann wirst du sie am Wochenende machen müssen.“

Mein erster Wochenplan sieht einigermaßen harmlos aus, wenn ich ehrlich bin. Ich merke, es geht hier auf jeden Fall um diese unselige Kombination aus Kraft und Ausdauer. Kurze Erklärung: Der Puls wird durch Ausdauer-Einheiten ins Unermessliche getrieben, dann erst oder parallel kommt es zur eigentlichen Kraft-Übung. Dieses führt zu schnellerem Muskelaufbau. Aus den vergangenen Monaten ist mir das Prinzip vertraut, Dorian treibt es lediglich auf ein neues Niveau. Und ich darf sagen: Es ist die Hölle. Man glaubt, man stirbt, weiß aber, dass es sich wohl tatsächlich nicht so verhält, allerdings wünscht man es sich. Und das tat ich heute Vormittag beim ersten Workout:

  • Hampelmann (30, 20, 20, 10, 20)
  • Liegestützen (30, 20, 10, 10, 20)
  • Kniebeugen (30, 20, 20, 10, 20)
  • Leg Raises (30, 20, 20, 10, 20)

Erster Eindruck: lächerlich.

„Fünf Runden.“

Achso. Das könnte sich als weniger lächerlich herausstellen.

Und das tut es, zumal Dorian mir mitteilt, dass die fünf Runden übergangslos ineinander übergehen.

„Hä?!“, frage ich.

„Das bedeutet, dass es keine Pausen gibt. Du wirst leiden, Seppo.“

Und es bleibt nicht aus, was nicht ausbleiben darf. Die Trainer-Sprüche. Hier nur eine Auswahl:

  • Komm‘, Alter! Weiter! Hoch!
  • Nicht aufgeben! Willst du ein Mann sein?!
  • Wenn das alles ist, fangen wir mit Purzelbäumen an!
  • Einen schaffst du noch!
  • Wenn du aufgibst, gehe ich!

Meine Antworten, die mir im Nachhinein leid tun, die ich aber morgen wiederholen werde:

  • Ich bin oben!
  • Alter, halt‘ die Fresse!
  • Ich geb dir gleich Purzelbaum!
  • ‚Nen Scheiß schaffe ich!
  • Dann verpiss dich doch!

Ich kann es auf den Tod nicht ab, wenn ein Trainer mich anschreit. Aber das gehört wohl irgendwie dazu. Ich behaupte, mich muss man nicht motivieren, ich bin es bereits.

Zusätzlich zu diesem Training, das noch deutlich umfangreicher wird, wie ich hoffe, werde ich weiterhin mein Hanteltraining betreiben, da mir ausschließliches Eigengewicht-Training suspekt ist. Ich habe also einiges vor, bevor ich Weihnachten den strippenden Weihnachtsmann für meine Mitbewohnerin spiele.


seppofit

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Dieses ist nicht als ein nachzuahmendes Trainingsprogramm zu betrachten, da ich hier nicht angemessen detailliert in der Übungsbeschreibung bin. Also bitte nicht ohne Anleitung nachmachen. Tipps gebe ich Euch aber gerne, kontaktiert mich über meine Facebook-Seite!