bombe

Bomben platzen offenbar, wenn wir von der Redewendung „Die Bombe ist geplatzt“ ausgehen. Doch warum hören wir in den Nachrichten stets nur von Bombenexplosionen? Weil „Bombenplatzierungen“ eben doppeldeutig ist und eine platzierte Bombe entweder platziert und geplatzt wäre oder eben nur platziert, aber nicht geplatzt. Dieses verdeutlicht, wie genau es unsere Nachrichtenmedien gottseidank und allen Unkenrufen zum Trotze nach wie vor noch nehmen.

Nun ist, was bekannt sein dürfte, denn sonst wäre es ja eben nicht so, bei mir die Bombe geplatzt. Ohne mein Zutun und deutlich frühzeitiger, als ich es vorgesehen hatte. Und da ich natürlich zunehmend nach Details gefragt werde, nutze ich diese Stelle um aufzuklären.

Es ist ja nahezu ermüdend, immer wieder festzustellen, dass man sich auf die allermeisten Menschen nicht verlassen kann. Ich habe kürzlich noch mitbekommen, wie jemand wieder einmal sein Fähnchen in den für ihn günstigen Wind hängte (transitiv), der meiner Person gegenüber vorher noch ganz anders gesprochen hatte – peinlich und rückgratlos. Jemand kann noch so vertrauenswürdig sein, immer birgt das Geben von Vertrauen die Gefahr des Missbrauchs, um die Fahne in eine günstige Richtung zu drehen. Offenbar hat es sich so verhalten, als bei mir die Bombe platzte und etwas publik wurde, was eben erst später bekannt werden sollte, da es derzeit eben – zugegebenermaßen – seltsam wirkt. Darum erkläre ich mich gerne und bediene mich dabei der literarischen Figur des Kundigus‘, der vermutlich nur einer Sage entstammt und grundsätzlich herhalten muss, wenn irgendwo mal wieder eine Bombe frühzeitig geplatzt ist.

Für die Unkundigen will ich es kurz erläutern, denn auch mir sind Sagen alles andere als geläufig, geradezu von einer Bildungslücke möchte ich da sprechen.

Kundigus wird ins 8. Jahrhundert verortet und nach „bei den Mönchen“ verzeitet, was wir heute als die Stadt München kennen. Kundigus war einer der ersten Bombenbauer, wenn man so will und vor allem der Sage Glauben schenkt, was an dieser Stelle jedoch caine Rolle spielt, wollen wir sie doch als Parabel verstehen. Frühe Bombenbauer litten unter ihrem Beruf, dem Bauen von Bomben. Denn gerade in der Frühzeit der Bomben gingen diese gerne mal zu früh hoch, was des Bombenbauers Schicksal meist endgültig besiegelte. Heutzutage wäre es wohl schwierig, zwischen Bombenbauer und Selbstmordattentäter zu unterscheiden …

Auch Kundigus ist die Bombe zu früh geplatzt, so wird erzählt, und natürlich war das gesamte Dorf, was heute eine Großstadt ist, in heller Aufregung. Denn: Bomben kannte man noch nicht, Explosionen somit ebenfalls nicht. Heute, da wir Bomben kennen mitsamt ihren Explosionen, sind wir nach wie vor in heller Aufregung, wenn eine Bombe explodiert, sodass wir uns gut vorstellen können, wie groß die Aufregung damals erst gewesen sein muss. Und was ist vonnöten, wenn eine komplette Dorfgemeinschaft vor lauter Aufregung durchdreht?!

Natürlich, Aufklärung.

Und so wie meine Bombe, natürlich nur eine vom Wortsinne übertragene, vor wenigen Tagen geplatzt ist, muss auch ich Aufklärung leisten wie anno pief Kundigus, der das allerdings nicht mehr vermochte, da er, naja, tot war.

So muss jedem, dem eine Bombe zu früh platzt, gewahr sein, dass er sich darüber freuen möge, dass es lediglich eine metaphorische Bombe war und keine echte. Mit anderen Worten: So schlimm es für mich ist, was da geschehen ist, eine echte Bombe wäre wohl schlimmer gewesen.

Es ist Mittwoch und seit drei Tagen kämpfe ich um die richtige, um die passende, um die angemessene Formulierung, um mich zu erklären. Gelegentlich, das möge man mir nachsehen, beschleicht mich der Gedanke, ich könne mit Worten umgehen. Dann aber lese ich Dinge von mir und denke, dass ich genau das nicht kann. Und auch in diesen für mich, das muss ich auch einmal sagen, nicht leichten Tagen, beschleichen mich Zweifel. Denn auch in diesem Moment fällt es mir schwer, die richtigen Worte zu finden, um das einzuordnen, was da jüngst bekannt geworden ist. Und vielleicht ist es das Wichtigste, einmal festzustellen, dass genau das nicht geplant war. Dass es aus gutem Grunde eben nicht jetzt schon bekannt werden sollte. Denn ceteris paribus würde es grundsätzlich und immer diesen Aufschrei mit sich bringen, doch unter anderen Umständen, unter solchen, die ja herbeizuführen vorgesehen waren, wäre die nun geleakte Information völlig anders aufgenommen worden.

Freunde rieten mir, einfach gar nicht darauf einzugehen. Und irgendwo haben sie auch Recht, wenn sie davon ausgehen, dass dieser Umstand sehr schnell wird vergessen sein. So ist es ja immer. Oder erinnert sich noch jemand an den Skandal um Daniel Grubert-Hoffmann?! Der fast das ZDF in eine tiefe Existenzkrise gestürzt hatte? Schon ein halbes Jahr später war die Nummer vergessen. Und um mich richtig einzuordnen: Bei mir wäre es bereits nach drei Tagen vergessen. Doch angesichts eines überquellenden Mail-Postfaches würde ich gerne die näheren Umstände erläutern.

Politiker halten oftmals Informationen zurück. Zum Glück tun sie das, denn totale Offenheit kann ja gar nicht funktionieren – weder in großen noch in kleinen Gesellschaften. Wer sich totale Offenheit wünscht, der ist ein träumender Romantiker. Und was passiert irgendwann mit träumenden Romantikern? Sie werden gehenkt. Kleiner Scherz. Also: Natürlich müssen sie Informationen zurückhalten. Immer dann, wenn eben noch nicht die Umstände kongruent sind (was null Sinn ergibt, aber gut klingt, denn meist sind ja Dreiecke kongruent). Und so verhält es sich auch in meinem Tatbestand. Die Umstände waren noch nicht so, oder, zitieren wir Goethe, die Verhältnisse, sie waren noch nicht so. In einiger Zeit sind sie aber so. Dann wäre der Zeitpunkt gewesen, an dem ich selber die Bombe hätte platzen lassen wollen. Dann wäre dieser Aufschrei ausgeblieben, den ich ja auch in Teilen nachvollziehen kann, auch wenn ich ein wenig Hysterie zu erkennen vermag, die ja dazu gehört, da viele Menschen nur so darauf gewartet haben, dass mal wieder so etwas ans Licht kommt. Doch sollten sich genau diese Menschen einmal fragen: „Was eigentlich ist so schlimm daran?!“ Sie wüssten die Antwort nicht und wären aber zu dumm, zu erkennen, dass der Fehler bei ihnen selbst liegt.

Somit hoffe ich, nun etwas Licht ins Dunkel gebracht zu haben, sodass wir uns wieder dem Alltag zuwenden können und vor allem dem sehr schönen Wetter.

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