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Ich bin unfasslich großer Freund der „professionellen Zahnreinigungen“ beim Zahnarzt, was aber nicht bedeuten soll, dass ich auf die tägliche laienhafte Reinigung zuhause mittels Zahnbürste verzichtete. Auch wenn meine Zähne einige Monate nach einer Zahnreinigung durchaus den Eindruck erwecken, ich würde mich auf die professionelle Variante zweimal im Jahr beschränken. Leider neigen meine ansonsten plomben- und zahnsteinfreien Zähne dazu, Zeugnis meines Kaffee- und Teekonsums abzulegen. Ich will dem Leser daher nur andeuten, wie es in meinem Mund aussieht, wenn ich einige Monate nicht diesen mitunter kostspieligen Service in Anspruch genommen habe: An den Zahninnenseiten bildet sich trotz vorbildhafter Zahnpflege bestehend aus täglich dreimaligem Putzen inklusive Zahnseidebenutzung sowie „Elmex-Gelée“-Konsum ein – ich muss es so sagen – schwarzer Rand. Das ist im Grunde Kaffeeextrakt, das ich abernten und neu aufbrühen könnte.


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Ich bin also, um weiterhin gesellschaftlich akzeptiert und um meiner Eitelkeit gerecht zu werden, gezwungen, mich etwa zweimal im Jahr einer solchen Prozedur zu unterziehen. Ich tue das gerne.

Das hat mehrere Gründe, die auf der Hand liegen: Zum einen sind die Zähne nun wieder weiß. Zum anderen tut eine Zahnreinigung ja nicht unbedingt weh, sieht man vom Kitzeln des Sandstrahles am Gaumen einmal ab. Ich kann also auf dem meist bequemen Zahnarztstuhl einigermaßen entspannen, während ich eine Hand im Mund habe. Heute wurde mein Gesicht zusätzlich noch an eine weibliche Brust gedrückt. Das war okay und ihr sicherlich unangenehmer als mir, zumal diese spezielle Zahnarztpraxis Schönheit offenbar zum Einstellungskriterium gemacht hat, was ich natürlich anprangere, während ich es genieße.

Es nahm seinen Anfang bereits im Wartezimmer, wo – warum auch immer – eine Zahnarzthelferin Platz nahm. Sie saß mir gegenüber und war ausnehmend schön. Ich glaube, das ist eine Taktik dieser Praxis, die durchschnittliche Schönheit im Wartezimmer nötigenfalls anzuheben, indem sie selbst Patienten-Dummys dort platziert. Aber was sagt das über mich aus? Kaum nehme ich dort Platz, scheint die Durchschnittsschönheit rapide abzusinken, sodass die Praxis sich gezwungen sieht, eigenes, sehr ansehnliches Personal dort hinzusetzen. Nun, mir sollte es recht sein, hatte ich doch damit eine schöne Aussicht. Die ich aus heiterem Himmel anlachte. Wegen eines Witzes von mir selbst gegenüber Sabrina USA, der sich auf etwas bezog, das sich unmittelbar vor der Zahnreinigung abgespielt hatte.

Werfen wir dazu einen Blick in mein Facebook-Chatprotokoll mit jener Freundin, deren Nachname wie „USA“ klingt, weil sie dort weilt. Mein Eindruck ist, sie schlägt dort Wurzeln. Das Folgende schrieb ich ihr im Wartezimmer:

zahn

Jene Zahnarztpraxis, in der nur schöne Menschen arbeiten, hat ihre Parkgarage gewechselt, seit ich das letzte Mal vor einigen Jahren dort war. Leider hat sie es versäumt, mich darüber in Kenntnis zu setzen. Ein formloser Brief hätte genügt:

Sehr geehrter Herr Flotho,

falls Sie doch noch einmal in Zukunft unsere Praxis aufsuchen sollten, beachten Sie bitte, dass Sie nicht mehr die gewohnte Parkgarage ansteuern. Wir haben nun eine neue. Biegen Sie statt links einfach rechts ab und genießen Sie unser neues Parkerlebnis.

Ich fuhr wie gewohnt links in die Garage und spürte schon, dass irgendetwas anders war. Die Garage gehört nun zu einem Hotel. „Hier nur für Hotelgäste“ hatte ich auch durchaus gelesen, allerdings erst, als sich die Schranke hinter mir bereits geschlossen hatte.

Nun verhält es sich bei mir so, dass mir Bedrohungen wie IS, AfD und Waldozonsterben keinerlei Sorgen machen, da sich diese Dinge schon einrenken werden. In Panik allerdings gerate ich bei den kleinen Katastrophen des Lebens. Ich möchte diesen Aspekt als positiv herausstellen, denn während verzweifelte Menschen auf Fleisch verzichten, weil sie glauben, so die Welt retten zu können (Der eine oder andere Vegetarier verschluckt sich gerade am Staudensellerie, versteht aber durchaus Spaß.), bleibe ich selbst dann noch gelassen-pragmatisch, wenn ein Komet zum Meteor wird. Doch ein unsachgerecht oder sachungerecht abgestellter PKW, wenn’s mein eigener ist, beunruhigt mich zutiefst. Ich darf sagen, in Sabrina USA in diesem Zusammenhang eine Seelenverwandte gefunden zu haben, wie obiger Dialog andeutet. Denn ich weiß, sie würde es ebenfalls in Betracht ziehen, nötigenfalls nicht nur das Auto aufzugeben, sondern auch den Wohnort zu wechseln. Vor diesem Hintergrund erscheint ihr Auswandern in die USA in einem ganz neuen Lichte; ich werde da noch einmal nachhaken …

Es gibt gute und schlechte Zahnreinigungen. Bei den guten wie heute wird unter anderem ein Sandstrahl verwendet, um Verfärbungen wegzupusten. Dieser Sandstrahl, der überraschend gut schmeckt, verbreitet sich jedoch nicht nur im Gaumen, sondern im kompletten Gesicht, was bei mir teilweise von einem Vollbart bedeckt ist. Nach Vollendung der Reinigung legte mir die zauberhafte Fachfrau nahe, vielleicht einmal meinen Bart im Kunden-WC zu waschen. Also in dem Raume, in dem sich das WC befindet, nicht im WC selbst. Mir war klar, dass ich natürlich nicht meinen Bart irgendwo einfach so waschen kann. Bartträger werden das nachvollziehen können. Wir benutzen nicht einfach nur das Wasser des Pöbels dafür, sondern es braucht schon überteuerter Produkte, die nach Eiche riechen. Also entfernte ich lediglich die gröbsten Sandburgen, da mich auf dem Heimweg ja kaum jemand sehen würde. Denn in der Tat mutete es so an, als wäre ich in eine Schüssel voll Koks gefallen. Das war nicht der Fall. Würde mir das einmal passieren, würde ich selbstverständlich alles wegschnupfen, um den kostenintensiven Rauschstoff nicht zu verschwenden. In diesem Zusammenhang warne ich vor Drogenkonsum und empfehle die „Netflix“-Serie „Narcos“ aufs Massivste. Ich habe gestern die zweite Staffel beendet. Pablo Escobar ist nun tot. Ich spoiler‘ nicht, denn der Mann ist nun einmal tot.

Ich kam zurück vom WC ins Behandlungszimmer, um noch eine Unterschrift zu leisten. Und wieder legte mir die Dame nahe, mir den Bart zu waschen.

„Nein, das geht nicht so einfach, da ist noch Pomade und sowas drin“, erklärte ich ungeduldig, da für mich dieser Sachverhalt gerade nicht im Vordergrund stand, weil ich nun auch den Rechnungsbetrag sah. Es ist meine teuerste Zahnreinigung aller Zeiten.

Zurück im Paradies Parkhaus stellte ich fest, dass ich wohl oder übel ins Hotel musste, um dort mein Parkticket in irgendeiner Form entwerten zu lassen. Nein, es war dort kein Kassenautomat. Entsprechende Kommentare werden ignoriert. So fuhr ich mittels Aufzug in die Lobby. Der Aufzug war verspiegelt und ich sah nun das ganze Ausmaß meines Koksvorfalles. Der Sand war inzwischen getrocknet und dadurch irgendwie noch augenfälliger. Ich ging zielstrebig oben angekommen auf einen Hotel-Handlanger zu und klärte direkt auf:

„Ich habe nicht gekokst oder so …“, fand ich wahnsinnig komisch, er jedoch verzog keine Miene, „ich war beim Zahnarzt und habe mich versehentlich verparkt.“

„Pardon?“

„Ich habe aus Versehen bei Ihnen geparkt.“

„Sind Sie unser Gast?“

An dieser Stelle juckt es manchen Autoren zu schreiben, er hätte sich nun in ein Zimmer einmieten müssen, um das Parken nachträglich zu legitimieren. Ich verzichte darauf und setze mit der Wahrheit fort.

„Nein, ich war beim Zahnarzt. Deswegen der Sand im Gesicht. Ich habe aus Versehen bei Ihnen geparkt. Ich zahle alles, ich will nur wieder weg!“

Letztlich hatte man Mitleid mit mir und entwertete das Ticket kostenlos für mich mit der Ermahnung, beim nächsten Mal rechts in die Garage abzubiegen.

„Sie haben da etwas im Gesicht.“

„Ja, ich weiß. Das ist ja vom Zahnarzt.“

„Vielen Dank. Seien Sie bald wieder unser Gast.“

„Ich bin nicht … ja, vielen Dank.“

Wieder zuhause stand ich etwa zehn Minuten mein Gebiss betrachtend vor dem Spiegel und freute mich. Und nun gehe ich meinen Bart waschen.


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