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Lineares Fernsehen findet bei meiner Mitbewohnerin und mir nicht mehr statt, seit wir zahlende Kunden bei „Netflix“ und „Amazon Prime“ sind. Waren die „Original“-Serien anfangs noch spärlich gesät, gibt es inzwischen derart viele, dass selbst große Kinofilmproduzenten in Schwulitäten kommen, kann eine Serie, die abseits von Quotengedanken komponiert wird, es mit Blockbusterproduktionen inzwischen durchaus aufnehmen.

Nach Analyse der Sehgewohnheiten von Netflix-Kunden hat dieser Dienst aus Los Gatos in den USA herausgefunden, dass der Seher erst bei Folge acht einer Serie entscheidet, ob er dran bleibt oder nicht. So viel Zeit wird einer Serie im TV selten gegeben. „Mad Men“ ist da beispielsweise eine Ausnahme, hatte diese Nischenserie anfangs nicht einmal eine Million Zuschauer, was gerade auf dem nordamerikanischen Fernsehmarkt eher wenig ist. Ihr Zeit zu geben, hat sich ausgezahlt …

Gestern haben meine Mitbewohnerin und ich „Glitch“ angefangen. Die Serie hatte mich nach wenigen Minuten und meine Mitbewohnerin nach etwas mehr Minuten, nachdem sie ihr Handy zur Seite gelegt hatte. Glitch wird als „Netflix Original“ angeboten, ist aber de facto nicht das, was der Kunde darunter verstehen soll (kommt aus Australien, läuft dort bei „ABC1“). So macht Netflix das, sie branden auch die Serien als ein „Original“, die es gar nicht sind, die aber zumindest in Deutschland bei ihnen ihre Erstausstrahlung erfahren. Auch „Better Call Saul“ ist kein „Netflix Original“ im eigentlichen Sinne, was in beiden Fällen den Serien aber keinen Abbruch tut. Man muss es nur wissen, dass man zwar nicht betrogen, aber doch mehr oder weniger angeflunkert wird.

Unzählige Serien habe ich bereits gesehen und noch mehr zumindest angefangen. Das Überangebot erlaubt es, wählerisch zu werden. Inzwischen gebe ich Serien nur noch zwei bis drei Folgen, da ich – ein seltsames psychologisches Phänomen – stets denke, es gibt bestimmt noch eine bessere. „Bloodline“ gab ich immerhin eine ganze Staffel, fand es am Ende aber nach wie vor langweilig, obwohl meine Freundin Sabrina USA mir mehrfach zu dieser Serie geraten hatte. Sie hat mich in die Irre geführt. Zur Strafe empfehle ich ihr „The Get Down“, worüber ich in dem ein oder anderen Feuilleton gelesen hatte, was mich aber nach zwei Folgen nicht „gepackt“ hat, was wohl daran liegt, dass es in der Serie doch sehr um die amerikanische Kultur geht, und auch wenn viele Deutsche sich noch so sehr mit den USA identifizieren, ich bleibe bei Bratwurst und finde unser Land eh viel besser.

Ich freue mich immer, wenn Protagonisten sterben. Oder zumindest Nebenrollen. Das geht mir insbesondere bei Romanen so, da ich mir einfach keine Namen merken kann. Das macht das Verständnis von Handlungen grundsätzlich schon einmal zumindest sehr schwierig.

„Ich habe mit Karls Mutter geschlafen. Francois hat uns dabei erwischt. Er ist sofort zu Samuel gerannt!“

„Wenn es Samuel weiß, weiß es auch Klarissa von Anstetten und die steckt es sofort Rufus.“

An solch klassischen Stellen in Büchern muss ich dann bei Wikipedia in der „Personenübersicht“ nachschlagen, weil ich auch nach 500 Seiten nicht weiß, dass Karl die Hauptfigur ist, auch wenn ich mich dunkel an einen Karl erinnern kann.

In Serien ist das nicht anders. Optisch erkenne ich die meisten wieder, benennen kann ich sie nie. Verstehe ich etwas nicht, hake ich bei meiner Mitbewohnerin nach:

„Warum ist er so sauer auf sie?!“

„Weil er mit Anthony unter einer Decke steckt!“

„Wer ist Anthony? Der dicke?“

„Nein! Das ist Bob. Du willst mir doch jetzt nicht sagen, dass du nicht weißt, wer Anthony ist?!“

„Sag es mir doch einfach!“

„Seppo, die Serie heißt ‚Life of Anthony‘! Um den Typen geht es doch die ganze Zeit!“

„Und wo ist eigentlich Stephen?!“

„Stephen?!?! Der spielt bei ‚How to get away with murder‘ mit!“

Auch das ist ein zunehmendes Problem bei mir: Weil wir so vieles parallel gucken, bringe ich inzwischen nicht nur die Handelnden durcheinander, sondern auch noch ganze Handlungsstränge. Das gipfelt in völliger Verwirrung, wenn Schauspieler meinen, in zwei Serien gleichzeitig spielen zu müssen, wie es Corey Stoll in „The Strain“ und „House of Cards“ tut; zwei völlig unterschiedliche Serien, was mir durchaus entgehen kann, wenn seine Figur des Peter Russo plötzlich in beiden auftaucht und ich frage:

„War der nicht schon tot?!“

„In ‚House of Cards‘ war er tot. Hier nicht. Hier spielt er die Hauptrolle.“

„How to get away with murder“ und „Gotham“ haben wir nun erst einmal zurückgestellt, „Luke Cage“ habe ich angefangen, komme aber durcheinander, was daran liegt, dass es so etwas wie ein „spin-off“ von „Jessica Jones“ ist. Letztere Serie fand ich toll, bis ich die Hauptdarstellerin in einer amerikanischen Talkshow erlebt habe. Sie hat einen deftigen Schaden, den ich von ihrer Rolle als die sexy Jessica leider nicht mehr trennen kann. So geht es wohl vielen. Wie kann jemand Filme mit Tom Cruise gucken?! Der Mann ist privat etwas problematisch entwickelt, was für mich auch bei Mel Gibson gilt. Meine Mitbewohnerin kann sich die „Tagesschau“ beispielsweise dann nicht ansehen, wenn Jan Hofer sie „spricht“. Sie hasst Jan Hofer mit großer Hingabe; wir sprechen schon von dem Verb „jemanden hofern„, wenn wir jemanden sehr hassen. Ich habe es anfangs nicht verstanden, aber ihr Hass ist inzwischen groß genug für uns beide. Jan Hofer, ich kenne Sie nicht, aber ich empfinde Hass. Ich hasse Sie fast so sehr wie Willi aus „Willi will’s wissen“. Ich gehöre nicht zur Zielgruppe von „Willi will’s wissen“, aber wenn, ich würde abschalten. Weil Willi immer so albern wissbegierig guckt, das ertrage ich nicht und werde gewalttätig. Vermutlich sind sowohl Jan Hofer als auch Willi sehr nette Menschen. Ich entschuldige mich, aber mein Hass kennt keine Grenzen. Herr Hofer, überdenken Sie Ihre Brille. Ich ertrage sie nicht. Guter Mann, sehr kompetent, gar keine Frage. Und doch, alles, was ist, ist Hass.

Bei „The Walking Dead“ gibt es diese Hauptfigur. Ich habe den Namen gerade gegoogelt. „Rick“. Meine Mitbewohnerin schaut diese Serie nicht. Denn sie hasst Rick. Ich kann sie jetzt nach fünf Staffeln verstehen, denn ich hasse Rick auch. Ich würde Rick gerne eine verpassen. Dafür, dass er seinen Sohn Carl nicht einfach den „Beißern“ überlässt, denn Carl hassen alle, die „The Walking Dead“ gucken. Das liegt an seiner Frisur und womöglich an dem maximal albernen Hut, den Carl seit der ersten Staffel einfach nicht verliert. Sie verlieren Freunde, sie verlieren Gliedmaßen, sie verlieren den Verstand, ein Gefängnis, einen Governor, aber diesen beschissenen Hut, ausgerechnet den verliert Carl nicht. Vermutlich ist auch Carl ein sehr netter Mensch.

Wie auch Judith Rakers. Da hört bei mir jedes Verständnis auf. Hat sich schon mal jemand „Top Flops“ im NDR mit ihr angesehen? Dort werden mehr oder weniger lustige Fernsehpannen gezeigt. Während dieser Einspieler wird Frau Rakers unten links im Bildschirm eingeblendet, während sie denkbar künstlich über die gerade gezeigte Panne lacht und „lustig“ ihre Augen verdreht. Nicht nur, dass hier das Öffentlich-Rechtliche, das ich absolut verteidige, sich von seiner miesesten Seite zeigt – nämlich beim Versuch, lustig zu sein -, nein, man neigt dazu, in die untere linke Ecke seines Fernsehers zu treten. Doch man besinnt sich, denn Gewalt ist natürlich auf jeden Fall abzulehnen. Frau Rakers wäre im Privatleben vermutlich meine beste Freundin und die sind ja nicht doof beim Fernsehen, die Frau wird wissen, wie albern das ist, was sie da tun muss, weil ein Redakteur ihr das so gesagt hat. Womöglich hat sie selbst schon in die untere linke Ecke ihres Fernsehers getreten.

Netflix und Co. finde ich toll. Auch, wenn sie sehr genau wissen, was ich mir bei ihnen anschaue. Kürzlich bin ich bei „Amazon Prime“ auf Filme gestoßen, die sich ganz offensichtlich an Schwule richten. Das waren Mischungen aus Dokumentationen und Wichsvorlagen, in die ich reinschaute. Nun hält Amazon mich für homosexuell, was okay ist, aber seit Samsung Analvibratoren für Männer mit Akkus ausstattet, bin ich skeptisch, wenn Amazon mir diese zum Kauf vorschlägt.


Anmerkung: Es ist WordPress‘ Fehler, dass obere Anführungszeichen – „Abführungszeichen“ – dann unten stehend dargestellt werden, wenn ihnen ein Komma folgt.

“ …“, wenn …

Es ist ein Trauerspiel. Warum geschieht es denn in dem Beispiel jetzt nicht?! In dem Satz über das „jemanden hofern“ beispielsweise ist es wieder passiert. Ich begreife es nicht.


Weitere Anmerkung: Nein, ich bin nicht homophob. Und man muss auch nicht schwul sein, um sich einen Vibrator hintereingangs einzuführen. Und nein, Schwule sind nicht deshalb schwul, weil sie auf Analsex stehen. Auch Heteros können das durchaus tun. Für mehr Infos besucht meinen dritten Blog: „Homophobie leichtgemacht“.


Facebook übrigens hält mich für einen Spammer.


Folgt gerne meinem zweiten Blog, der mit weniger Hass auskommt und von der Liebe zum Laufen lebt:

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