currywurst

Ich bin, viele wissen das nicht und fallen jeden Moment aus allen Wolken, Superschmecker. Das ist ein ziemlich alberner Begriff für jemanden, der einen Großteil an Lebensmitteln von sich weist, der aber nun einmal als Fachbegriff in der Welt ist. Mit allen anderen Superschmeckern habe ich gemein, dass ich besonders sensibel – nahezu memmenhaft – auf Bitterstoffe reagiere. Lange Cait hat die Wissenschaft geglaubt, das hänge mit der Zahl der vorhandenen Geschmacksknospen auf der Zunge ab. Das hat sich als die größte wissenschaftliche Lüge aller Zeiten herausgestellt, gleich drei Nobelpreise wurden im Zuge dieser neuen Erkenntnis aberkannt. Übrigens, hat der Leser gewusst, dass die Wirtschaftsnobelpreise ursprünglich gar nicht vorgesehen waren, schwer umstritten sind und deshalb auch einen anderen Namen tragen? Wie dem auch sei, mich betrifft es ja (noch) nicht.

Also, wenn es nicht die Geschmackssensoren sind, was ist es dann? Natürlich, es ist die für alles verantwortliche Genetik, die auch dafür verantwortlich zeichnet, dass etwa jeder Vierte Bitterstoffe intensiver wahrnimmt. Das Gen „TAS2R38“ kodiert einen Bitterrezeptor, den der normal Schmeckende zwar auch besitzt, der aber beim Superschmecker anders aufgebaut ist, was wohl Ursache der unterschiedlichen Empfindung ist. Ich beziehe mich hierbei auf Erkenntnisse des Fachblattes „Frontiers in Integrative Neuroscience“, das ich heute zwischen dem Herbstlaub auf dem Bürgersteig gefunden habe.

Die lieben Menschen in meiner Umgebung werfen mir gerne vor, beim Essen sehr wählerisch zu sein. So ausgedrückt, klingt das negativ, ich höre da in der Tat immer wieder einen Vorwurf heraus. Doch nur, weil ich nicht jeden Scheiß esse, den man mir vorsetzt, bin ich ja nicht gleich wählerisch. Ich drehe es sogar um und behaupte, ich sei besonders leicht zufriedenzustellen, was das Essen angeht.

Es gibt eine Menge Dinge, die ich nicht esse. Zum einen, weil sie mir nicht schmecken, was ich aus Erfahrung weiß. Seit neuestem gehört Spargel dazu. Ich habe ihn probiert und für schlecht schmeckend befunden. Ich ernte oft Kopfschütteln dafür, kann mich, Emily, aber immer wieder nur entschuldigen für diesen Tatbestand. Ich will ja, dass er mir schmeckt, er tut es aber nicht. Bevor ich Spargel vor etwa einem halben Jahr probiert habe, habe ich ihn nie gegessen. Und das ist der zweite Grund, den ich habe, bestimmte Dinge nicht zu essen: Ich weiß, dass ich sie nicht mag, ich muss sie nicht vorher probieren.

Dazu gehört Fisch. Ich esse keinen Fisch. Und habe ihn auch nie gegessen. Mir ist klar, dass hier der fischessende Leser bereits seinen Kopf schüttelt. Thunfisch übrigens habe ich schon einmal gegessen. Mehr als einmal. Immer dann, wenn ich ihn betrunken für Hackfleisch halte. Sobald aber das Stück Pizza mit Thunfisch sich in meinem Mund befindet, begebe ich mich umgehend auf die Suche nach einem Gefäß, um das thunfischverseuchte Stück zu entsorgen. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich ein Stück, das ich noch in meiner Hand hielt, unauffällig irgendwo ablegte, um mich dann zügig vom Tatort zu entfernen. Thunfisch schmeckt unannehmbar. Das wiederum freut meine Mitbewohnerin, der ich viele Dinge wegesse. Sie ist dazu übergegangen, ihr Essen mit Thunfisch zu markieren, da sie weiß, dass ich es dann nicht mehr anrühre.

Dasselbe könnte sie auch mittels Pilzen tun. Denn Pilze kann ich nicht essen – habe ich auch noch nie! -, seit Peter Lustig in einer Folge „Löwenzahn“ eine Pilzvergiftung hatte, weil der Mann ja alles selbst ausprobieren musste, so auch das Sammeln von Pilzen. Der arme Irre hatte Halluzinationen und vermutlich auch heftigen Durchfall, der aber in der Folge nicht groß thematisiert wurde. Aber auch ein Peter Lustig musste mal aufs Klo. Ging er bei Herrn Paschulke oder hatte er auch ein Klo in seinem Bauwagen?

Bereitet meine Mitbewohnerin sich Fisch zu in beispielsweise einer Pfanne, ist diese Pfanne für mich als Pfanne gestorben. Sie ist unbenutzbar. Daher haben wir inzwischen sehr viele Fischpfannen und eine Pfanne für mich.

Was absolut gar nicht geht, sind Zwiebeln. Die allerdings habe ich oftmals gegessen und lehne sie ab wie wenig anderes. Ich finde Zwiebeln schlimmer als wirtschaftliche Stagnation. Die Konsistenz ist ein Debakel, der Geschmack fies und über den Geruch angebratener Zwiebeln müssen wir ja wohl hier kein Wort verlieren. Urgs.

Wenn meine Mutter Frikadellen zubereitet hat, gab es immer drei für mich, in denen sich (angeblich) keine Zwiebeln befanden. So hält sie es immer noch, wenn ich bei meinen Eltern zu Besuch bin. Nicht, dass es immer Frikadellen gäbe … Sie regt sich auch nach 30 Jahren fürstlich darüber auf, dass ich Zwiebeln ablehne. Ihr Argument ist stets:

„Die schmeckt man doch eh nicht!“

Das aber zieht bei mir nicht, denn es drängt sich dann ja geradezu die Gegenfrage auf:

„Warum mischt du sie dann überhaupt ins Fleisch?!“

Meine Lektorin, KM, die übrigens nicht meine Mitbewohnerin ist, aber ebenfalls zeichnen kann, fiel aus allen Wolken, als sie hörte, dass ich Zwiebeln ablehne, aber Röstzwiebeln durchaus mag. Ich gebe zu, das ist schwer, jemandem verständlich zu machen.

Mich kann man glücklich machen mit einer Currywurst. Die geht immer, die ziehe ich den meisten Gerichten vor, für die Feinschmecker teures Geld hinlegen oder selbst über Stunden in der Küche verbringen. Ich lehne ab, was auf einem eckigen Teller „übersichtlich“ aussieht (Loriot) und freue mich über ordinäre Gerichte. Grundsätzlich gilt: Hack geht immer, am besten mit Käse überbacken und anschließend frittiert.

Tomaten. Tomaten sind das überflüssigste überhaupt und im Grunde wirklich nur flüssig. Bestelle ich mir Burger, fliegen als zweite die Tomaten runter, nachdem ich die Zwiebeln aussortiert habe. Mir genügen Bulette und Brötchen. Tomaten schmecken nach nichts und setzen alles nur unnötig unter Wasser. Aber ich liebe Ketchup.

Senf. Ein Debakel. Ich war mal im Kölner Senfmuseum. Senf ist definitiv reif fürs Museum. Meiner Meinung nach viel zu dominant, so geht es mir auch mit vielen Gewürzen. Ich mag sie, doch meist sind sie mir einfach zu dominant. Thymian. Ich breche. Basilikum. Unnötig.

Gerade habe ich KM damit beauftragt, weitere Lebensmittel aufzuzählen, die ich verschmähe. Sie weiß das inzwischen. Zimt, sagt sie. Ja. Zimt ist mir zu stark. Blumenkohl. Also da kotze ich in allen Regenbogenfarben, den kann man schlicht nicht mögen. Habe mich aber jüngst mit Rosenkohl angefreundet. Mögen viele Kinder nicht, da Rosenkohl ein Hort von Bitterstoffen ist, die junge Menschen eher nicht mögen. Sellerie! Raus aus dem Topf! Kohlrabi? Ich weiß gar nicht, mit welcher Berechtigung das Teil auf Erden wächst! Leberwurst. Riecht nach Erbrochenem, kann man somit unmöglich essen. Blutwurst? Bei aller Liebe!

So entsteht schnell der Eindruck, es sei schwierig, mir mit Essen eine Freude zu machen. Das stimmt so nicht, denn alles andere esse ich ja gerne. Und seit ich von der Superschmecker-Sache gehört habe, rede ich mich damit immer raus. Und mir kann doch niemand erzählen, ich sei der einzige Mensch auf Erden, der alle diese widerlichen Dinge verschmäht, zu denen auch Artischocken, Oliven, Spinat und Wirsing gehören. Ich meine, Wirsing! Als Kind musste ich bei meiner Oma immer Wirsing-Eintopf essen! Ich war ja nahezu froh, als meine Oma das Zeitliche … naja, also Wirsing geht eben nicht.

Was er nicht kennt, das rührt er nicht an. Das trifft nicht ganz zu. Denn kürzlich aß ich Känguru und Krokodil. Ich würde die beiden Tiere nicht ein zweites Mal essen, ich mag sie einfach nicht. Es gibt jedoch Dinge, da weiß ich, ich mag sie nicht, bevor ich sie probiere. Ist das biologisch möglich? Ja. Denn inzwischen hat man herausgefunden, dass, wenn der Körper krank ist, er sehr genau weiß, was er essen kann und was nicht. Ein schönes Beispiel ist die Appetitlosigkeit bei Grippe. Man drängt ja gerne den Patienten dazu, dennoch etwas zu essen, damit er zu Kräften komme. Man weiß jedoch nun, dass der Körper von dieser Zwangsdiät profitiert. Er schwächt sich temporär zwar damit selbst, doch sind die Körperzellen durch das Nichtessen gezwungen, irgendetwas stärker zu verwerten, um an Energie zu gelangen. Was im Normalfall schlecht ist, erweist sich im Falle der Erkrankung als positiv, da die Zellen den Krankheitserreger im Zuge dessen angreifen und vernichten.

Unser Körper ist wohl manchmal schlauer, als wir es ihm zutrauen. Es wird also seinen Grund haben, warum ich niemals Muscheln probieren werde. Denn was so eklig aussieht, Freunde, das kann man doch nicht essen!

Abschließend bleibt festzuhalten, dass es unpassend ist, dass man so Empfindliche wie mich als Superschmecker bezeichnet!


Currywurst für lau – jetzt auf meiner Facebook-Seite!

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