welt

7,438 Milliarden Menschen leben auf diesem Planeten. Das umwerfende Gros dieser nicht greifbaren Masse profitiert massiv von der Globalisierung.

Der Begriff der Globalisierung hat inzwischen im „Westen“ eine negative Konnotation bekommen und wird von linken und rechten Parteien missbraucht, um eine Stimmung herzustellen, die jeder Grundlage entbehrt. Aus mir unerfindlichen Gründen erfreuen sich diese Parteien (ich rede nicht nur von der deutschen Parteienlandschaft) regen Zulaufs von Menschen, die Globalisierung als etwas Schlechtes empfinden. Viele – nicht alle! – schreien dabei sehr laut, und wenn man sie mal fragt, was sie an der Globalisierung nicht schätzen, plappern sie das nach, was Demagogen vorgelegt haben. Tatsächlich aber sind viele – nicht alle! – ziemlich unwissend und damit gefundenes Fressen für populistische Parteien, die so tun, als seien sie für den Bürger da und als grenzten sie sich damit von den „etablierten“ Parteien ab, denen es ja nur um Posten und Wiederwahl gehe. Wer mal hinter die Kulissen einer AfD-Fraktion geguckt hat, dürfte bass erstaunt sein ob des Postengeschachers dort. Denen geht es doch nun wirklich nicht um das Wohl der Bürger. Warum fällt der Mensch immer wieder auf so etwas herein?!

Globalisierung gab es schon einmal. Mehrfach. Beispielsweise vor dem Ersten Weltkrieg, als der Welthandel in einem ganz ähnlichen Ausmaß wie in neuerer Zeit florierte, bevor bittere fünf Jahre ihn abgewürgt haben. Die Folgen sind bekannt – in Teilen aber wieder vergessen.

In den zurückliegenden vier Dekaden hat sich der Zustand der Weltbevölkerung in einem Ausmaß verbessert, über das viel zu wenig gesprochen wird. Und ich schicke eines vorweg: Natürlich geht es vielen Menschen sehr schlecht. Natürlich ist nicht jeder Aspekt der Globalisierung per se gut. Natürlich gibt es lokale Kriege, die Gefahrenpotenzial bergen. Natürlich ist der Hunger nicht besiegt. Und natürlich leben gerade wir auf Kosten anderer.

In den vergangenen 40 Jahren ist die Armut stärker zurückgegangen als jemals zuvor in der Geschichte des Menschen. Noch in den 1970er-Jahren lebte mehr als die Hälfte der Menschheit in unerträglicher Armut. Bei gestiegener Anzahl der Menschen leidet heute ein Zehntel der Menschen unter Armut. Ich verzichte auf das Wort „nur“. Doch es ist der Globalisierung zu verdanken, dass es eben nicht mehr fünf Zehntel sind, sondern etwa 800 Millionen Menschen, eine immer noch sehr hohe Zahl, von der sich jedes Jahr allerdings 70 Millionen verabschieden; sie „steigen auf“. Bis 2030 ist es nicht utopisch, die extreme Armut zu besiegen. Der Mensch geht nicht unter. Im Gegenteil, er ist auf einem guten Weg.

Gerade in China (in meinen Augen weißgott kein Vorbild) hat die Konzentration auf Export (und das ist Globalisierung) die Armutsrate von 80 auf zehn Prozent gesenkt. Das sind keine chinesischen Propagandazahlen, die ich hier zitiere, und nochmal: China ist ein zweifelhaftes Vorbild, das sehr brachial vorgeht und das auf Kosten der dort Ärmsten (und der Umwelt, aber selbst da hat die chinesische Regierung inzwischen gegengesteuert. Auch wir wuchsen und wachsen auf Kosten der Erde.). Das allerdings ist nicht durch die Globalisierung bedingt, das ist chinesische Politik.

Die Zahl der Geburten fiel im weltweiten Schnitt von 4,48 auf 2,51. Das ist ein gutes Zeichen, da Frauen in ärmsten Regionen nicht mehr gegen den Hungertod ihrer Nachkommen „angebären“ müssen: Die Kindersterblichkeit hat sich in den vergangenen 40 Jahren halbiert.

Die häufigsten Todesursachen sind Herzerkrankungen und Schlaganfälle. Und nicht mehr Polioepidemien oder Malaria. Die Zahl der Malaria-Ansteckungen hat sich seit dem Jahrtausendwechsel halbiert.

Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Daher ist Bildung unser wichtigstes Gut. Leider setzen wir das Wissen darum nicht in die Praxis um. In armen Ländern ist Bildung noch wichtiger und Voraussetzung für Wohlstand: Wer gebildet ist, lebt länger, verdient mehr und kann mehr in seinen Nachwuchs investieren. In weiten Teilen Afrikas haben mehr als zwei Drittel der Menschen zumindest „Schulerfahrung“. Das war mal ein Drittel. Und klar, es müssen drei werden. Ein Staat wie Botswana strebt gerade in die globale Mittelschicht auf. Eine Folge von Bildung. Und Globalisierung!

Wir erleben gerade einen schlimmen Krieg in Syrien und Terrorismus vor der Haustür, der (bislang) aber deutlich weniger Opfer gefordert hat als der Terrorismus des deutschen Herbstes, was aber keiner mehr weiß. Davon profitieren Parteien mit zweifelhaftem Parteiprogramm und menschenverachtender Politik. Krieg und Terrorismus machen weniger als zwei Prozent der jährlichen Todesfälle aus. Auch das sah mal ganz anders aus.

Ich weiß, dass man Schicksale nicht auf nackte Zahlen reduzieren sollte. Es geht mir nur um eines: Die Zahlen schrumpfen. Es ist schlimm. Es war aber mal sehr viel schlimmer. Und diese Dinge rufen wir uns zu selten ins Bewusstsein. Was auch nicht alicewunder nimmt, da unsere Nachrichtenmedien immer und immer wieder dasselbe durchkauen. Aber kann man es ihnen vorwerfen? „Der Spiegel“ hat vor einigen Monaten eine Rubrik eingeführt, in der positive Entwicklungen dargestellt werden. Dieser Rubrik habe ich einige der hier genannten Zahlen entnommen, wie auch dem Blatt „Geo“ (11/2016).

Auch in anderen Medien kann man Zahlen finden, die belegen,

Und ich glaube den Zahlen diverser Institutionen. Nicht aller. Aber doch vieler. Das Argument „Lügenpresse“ ist unzulässig. Auch das wird nur nachgeplappert. In Deutschland mag hier und da einseitig berichtet werden, doch nirgendwo setzen sich die Medien mit ihrer eigenen Rolle so selbstkritisch auseinander wie hierzulande. Einseitige Medien? Schonmal „Fox News“ geguckt? Lügenpresse? Schonmal „Russia Today Deutsch“ geguckt?! Wer hier ernsthaft von Lügen- oder Systempresse spricht, der hat einfach seinen klaren Blick verloren, vielleicht auch den Bezug zur Realität. Deutschland hatte schon einmal eine Lügenpresse. Das sieht dann ganz anders aus.

dass die Welt friedlicher ist als jemals zuvor. Dass wir derzeit es subjektiv anders empfinden, mag sein. Wir hören ja auch von jedem Furz eines Terroristen. Die Zahl der Kriege allerdings geht stetig zurück. Und ein drittes Mal: Ja, Syrien ist ein Debakel, bei dem viele Staaten wieder nur zusehen. Ein Eingreifen bedeutet aber auch das Risiko, sich mit einem Irren anzulegen. Jeder Krieg ist ein Krieg zu viel. Dennoch, die globale Entwicklung ist auf einem guten Weg.

Mitunter schimpfe ich auf die Demokratie. Was sie in überzogener Form vermag, hat der „Brexit“ gezeigt oder die jüngste Entscheidung zu „Ceta“. Ceta ist gar nicht schlimm. Es ist aber en vogue, gegen diese Dinge zu sein. Aber dass wir schon seit 70 Jahren Handelsverträge abschließen, ist dem Wutbürger entgangen?! Es ist unsere Pflicht, Handelsverträge abzuschließen. Handelshemmnisse verteuern Produkte (auf beiden Seiten!), Subventionen (zum Beispiel die EU-Landwirtschaftssubventionen) stürzen andere Staaten ins Unglück. Die afrikanische Landwirtschaft kommt deshalb nicht auf die Beine, weil wir ihnen den Export ihrer Produkte künstlich verteuern. Sie werden ihren Kram hier nicht los, weil wir uns abschotten und lieber Butterberge produzieren. Das ist nicht Globalisierung, das ist ihr Gegenteil! Ist natürlich blöd, denn was man jahrzehntelang subventioniert, kann man nicht ohne den Niedergang einer künstlich gepäppelten und eigentlich ineffizienten Industrie wieder rückgängig machen. Doch es ist eine Industrie, die andere besser können. Und darum geht es im Welthandel: Die eine Volkswirtschaft kann Produkt A, die andere Produkt B. Also tauschen sie ihre Produkte untereinander aus, was diese billiger macht. Auf der einen Seite freuen sich die Konsumenten, auf der anderen werden Arbeitsplätze geschaffen. Das ist der Kern von Welthandel, von dem Deutschland schon immer profitiert hat. Wir sind deshalb Exportweltmeister, weil andere Staaten unsere Produkte eben nicht mit tarifären (Zöllen) oder nicht-tarifären (Auflagen) Handelshemmnissen belegen. Natürlich, einige Staaten tun das für bestimmte Industriezweige, doch auch diese Hemmnisse sollen fallen: Ceta, TTIP. Beide werden kommen. Wenn nicht heute, dann morgen. Es ist in unserem Interesse.

Trotz zweifelhafter und blamabler demokratischer Entscheidungen bin ich natürlich Freund der Demokratie, aber die EU hat sich jüngst wieder lächerlich gemacht mit ihrem (teilweisen) Prinzip der Einstimmigkeit. Das nervt. Doch Demokratie ist auf dem Vormarsch: 120 Staaten gelten heute als demokratisch, vor 40 Jahren waren es 40. Nicht alles „volle“ Demokratien, aber immerhin, ein Anfang. Despoten hatten es mal leichter auf dieser Welt.

Aufstrebende Länder folgen demselben Muster: Sie öffnen ihre Märkte (Globalisierung!), investieren in Fortschritt, Bildung und in so etwas, das man Rechtssicherheit nennt, was einer dezent gelenkten Marktwirtschaft entspricht.

Dennoch habe ich derzeit den Eindruck, dass Globalisierung als etwas Schlechtes empfunden wird, dass es uns dadurch schlechter ginge. Das ist einfach maximal großer Schwachsinn, der die Gefahr birgt, dass wir umschwenken. Protektionismus ist das Gegenteil. Das hatten wir schon. Es hat nicht funktioniert. Warum vergessen so viele Menschen die Vorzüge nicht nur des freien Waren- und Kapitalverkehrs, sondern auch den des freien Personenverkehrs?! Das alles ist eine unglaubliche Errungenschaft so kurz nach dem „Weltenbrand“, die noch viel schneller wieder in Frage gestellt wird. Ich weiß, viele haben Angst (zumindest kann man damit derzeit ganz praktisch jede irrationale Entscheidung begründen), aber fragt mich mal jemand, ob ich vielleicht auch Angst habe? Vor Irren, die grölend auf der Straße stehen und das fragil ausbalancierte Gleichgewicht unserer Gesellschaft gefährden. Nichts ist wichtiger als sozialer Frieden, von dem wir uns gar nicht vorstellen können, wie schnell er kippen kann mit katastrophalen Folgen.

Nicht alles ist gut an der Globalisierung. Das Konzept jedoch unabdingbar. Globalisierung schafft Frieden. Die EU als eine regionale Variante der Globalisierung hat eine enorme Stabilität geschaffen. Es grenzt an ein Wunder, dass die Welt nach dem Zweiten Weltkrieg nicht kollabiert ist! Nicht alles ist gut, es ist so unerträglich vieles ungerecht. Im Nationalen wie im Globalen. Aber es ist alles viel besser, als uns einige glauben machen wollen. Die Linke hätte ja auch ein Problem, würde sie zugeben müssen, dass die Globalisierung funktioniert. Ich hingegen verweigere mich diesem ewigen Schwarzsehen und dem ewigen Genörgel über „die da oben“. Bevor ich meine Stimme einer fragwürdigen „Partei“ gebe, werde ich doch lieber selbst initiativ. Denn mal ehrlich, Rummeckern, aber dann außer protestzuwählen nichts weiter zu tun, ist ein bisschen wenig. So schlimm kann es dann ja wohl nicht sein.


Die (jüngst aktualisierte) Zahl zur Weltbevölkerung entstammt der „Deutschen Stiftung Weltbevölkerung“.

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