passeur

Es gibt ja durchaus Momente, die man sich unmomentiert wünscht, also ungeschehen. Situationen beispielsweise, in denen man den einen oder anderen keinesfalls treffen möchte. So würde ich in meinem Bordell, in dem bereits ab September Lebkuchen gereicht werden, ungern meine Mitbewohnerin treffen. Das gäbe ein großes Hallo, und zwar auf beiden Seiten, denn was zur Hölle würde sie da wollen?!

Ich: „Du hier?“

Sie: „Du hier?“

Ich: „Ja, also, äh, ich habe gehört, es gibt hier schon Lebkuchen! Im September! Ich meine, das musste ich mir mit eigenen Augen praktisch ansehen! Aber was tust du hier?!“

Sie: „Äh, also, ich habe Lebkuchen für die Mädels hier gebacken. Die habe ich vorbeigebracht.“

Ich: „Ja. Hm. Dann können wir zusammen nach Hause fahren?“

Sie: „Ja, also im Grunde spricht da … ja, okay.“

Ich: „Ich zieh mir schnell was an. Moment … meine Hose … sie ist weg … ist jetzt ein anderer mit meiner Hose … Alter, ich glaub’s nicht …“

Aber da mein Körper praktisch unbezahlbar ist, wird man mich dort eh nie antreffen.

Kürzlich war ich in der Stadt, um meine Brille meinem unbezahlbaren Gesicht anzupassen. Auf dem eigentlich sehr kurzen Weg vom „Karstadt“-Parkhaus hin zu „Apollo-Optik“ traf ich ausgerechnet meinen Kumpel Merugin. Denn ich bin ja der absolute Kumpeltyp. Merugin neigt zu kuriosen Phantasmen, die per se schon kurios sind, aber er setzt immer noch einen drauf. Merugin ist ein Hyperphantast.

„Seppo! Wohin des Weges? Musst du nicht arbeiten? Oder noch arbeitslos?!“

„Mergugin! Zu Apollo! Ich bin nicht mehr arbeitslos, aber das storyboard verlangt, dass wir uns treffen. Auf solche Feinheiten kann ich nicht achten.“

„Optiker also. Wegen Brillenversicherung?“

„Nein, aber meine Brille drückt an den Ohren und an der Nase. Man möchte meinen, die Apollonier seien in der Lage, Brillen anzupassen, aber genau das können sie offenbar nicht.“

(Das seppolog betont: Apollo-Optik ist neben O2 eines der besten Unternehmen überhaupt. Als ich hier vor einiger Zeit über den Konkurrenten „Fielmann“ schrieb, stellte ich im Nachgang fest, dass ein Fielmann-Socialmedia-Bot auf meiner Seite war. Über die Seitenaufruf-Statistiken kann ich immer sehr genau erkennen, wer von wo auf meinen Blog gekommen ist. Ich nehme an, Unternehmen grasen das Netz nach Erwähnungen ihres Namens ab. Fielmann wurde bei mir fündig (, wird es auch dieses Mal) und möglicherweise hat ein Socialmedia-Mitarbeiter meinen Fielmann-Artikel gelesen, in dem mein Brillenverkäufer, Herr Müller, nicht gut wegkommt. Gottseidank hieß Herr Müller nicht Herr Müller, da ich ihn keineswegs bloßstellen wollte. Herr Müller hieß Herr Meyer.)

„Seppo. Folgende Situation: Die Stadt ist ja gerade voll von Passanten.“

„Äh, ja.“

„Wir passieren gerade die Schadowstraße, oder?“

„Ja. So ist es wohl.“

„Also sind wir was?“

„Häh?“

„Richtig. Wir sind Passanten.“

„Okay. Natürlich.“

„So, die einen passieren, andere Menschen massieren. Soweit klar?“

„Du meinst Masseure oder was?!“

„Exakt. Fällt dir was auf?“

„Nein.“

„Wenn wir passieren, sind wir Passanten. Aber wenn wir massieren, sind wir Masseure.“

„Korrekt“, bestätigte ich ihm.

„Aber da stimmt etwas nicht. Denn warum sind Masseure nicht Massanten? Oder aber Passierende Passeure?!“

Nun, was sollte ich darauf sagen? Es war ja durchaus logisch, aber ich gehe nach wie vor davon aus, dass das linguistisch betrachtet gute Gründe hat, an denen man nicht rütteln sollte, um Konfusion zu vermeiden.

Mergugin weiter: „Wenn ich nun im Netz nach einer Massage-Fachfrau suche, müsste ich doch nach ‚Massantin‘ suchen.“

„Nein. Eigentlich nicht.“

„Und was kommt, wenn man nach ‚Massantin‘ sucht?“

„Sag es mir doch einfach!“

„Der Twitter-Account von Diego Massanti!“

„Wer soll das sein?!“

„Ein Dreamer und Lover aus Argentinien.“

Ich fragte ihn das Naheliegende, nämlich ob er auch „Passeur“ gegoogelt habe.

„Ja. Heißt so viel wie ‚Steuermann‘. Passt also nicht, da Passeur ja im Grunde einen Passierenden meint. Hier macht Sprache also Fehler. Seit Jahrhunderten sprechen Menschen also falsch. Deutsche. Und Franzosen. Eine Achse der Sprachvergewaltiger.“

„Ich glaube, die meisten kommen mit Passanten und Masseure ganz gut klar.“

„Passeure und Masseure meinst du.“

„Nein.“

„Dann Passanten und Massanten.“

Ich resignierte, da Ohren und Nase wehtaten: „Du hast Recht. Das müssen sie ändern.“

Merugin wurde neugierig: „Wer ist sie?“

„Ich weiß nicht, schreib dein Anliegen der Duden-Redaktion oder dem Verein Deutsche Sprache. Mit dem bin ich per du. War da mal. Wegen der Anglizismen-Scheiße. Wäre denen fast beigetreten.“

„Aber? Was hielt dich ab?“

„Der Typ fand das mit den Anglizismen weniger schlimm als ich. Ich gründe meinen eigenen Verein.“

„Bist du in einem Verein?“

„Ja“, antwortete ich ihm.

„In welchem?“

„Ich bin Genosse. Ich darf Martin Schulz duzen. Die Genossen duzen sich. Aber mit Martin würde ich nie sprechen. Er hat kein Abitur!“

„Und der will Kanzler werden?! Ohne Abi?! In welcher Welt leben wir denn?!“

Dass das ernsthaft diskutiert wird, Schulz‘ fehlendes Abi, ist ein Witz. Denn Frauke Petry hat Abitur. Ich überlege daher, aus Protest mein Abi zurückzugeben. Und machen wir uns nichts vor, so ein Abi hat nicht mehr den Wert, den es womöglich mal hatte. Frau Petry hat sogar einen Doktor! In Toxikologie! Da wundert mich gar nichts mehr. Sie hat offenbar studiert, wie man eine Gesellschaft, eine völkische!, vergiftet!


Alle Abituraufgaben dieses Jahres finden Sie auf meiner Facebook-Seite. Inklusive Lösungen! Aber auch für den richtigen Lösungsweg gibt es noch Punkte!


Erlauben Sie mir den Hinweis auf meinen Zweitblog, der in der Presse hoch- und runterdiskutiert wird. Kein Journalist kommt an der Laufeinheit vorbei.

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