blackberry

Ordophob Ohßem ist Kriminalkommissar bei der Düsseldorfer Feuerwehr. Nein, bei der Düsseldorfer Kriminalpolizei natürlich. Ich bin aber auch einer! Er aber auch. Denn Wasserinstallateur Ohßem sucht sein Telefon.

Ich muss es am vergangenen Montag verloren haben. Bis zum Abend hatte ich es noch; war noch an einem Tatort gewesen. Als ich wieder zuhause war, war es weg.

Ich suche nie mein Telefon. In der Wohnung meiner Mitbewohnerin und mir hat es exakt sechs Plätze, die diesem zugewiesen sind:

  1. neben dem Bett
  2. auf dem Induktionsladegerät auf dem Schreibtisch
  3. an der Ladestation im Wohnzimmer
  4. auf dem Küchentisch
  5. auf dem Schränkchen neben dem Klo
  6. in meiner linken Hosentasche

Also gut, ich suche schon gelegentlich, aber meist finde ich es dann an einem dieser sechs Plätze, die da wären:

  1. neben dem Bett
  2. auf dem Induktionsladegerät auf dem Schreibtisch
  3. an der Ladestation im Wohnzimmer
  4. auf dem Küchentisch
  5. auf dem Schränkchen neben dem Klo
  6. in meiner linken Hosentasche

Ordophob Ohßem sucht permanent sein Telefon, weil er keine fest definierten Ablageorte für sein Gerät hat. Daher wunderte ihn das Verschwinden seines Sprechgerätes zunächst nicht.

Es ist ja immer irgendwie weg. Meist finde ich es dann durch Zufall wieder. Aber inzwischen finde ich es seit eineinhalb Wochen nicht! Mache mir doch schon meine Gedanken. Könnte gestohlen sein! Einen Präsidenten des Bundeskriminalamtes bestiehlt man nicht!

Ich habe im vorvergangenen Sommer mal durch ungünstige Missstände mein Diensttelefon verloren. Am Rhein. Nicht im, aber am Rhein. Es war ein Nokia 3000is, uraltes Modell, ich hing dran, insbesondere weil es meinem damaligen Arbeitgeber gehört hatte, dem ich den Verlust telefonisch mitteilte:

„Ich muss mein Handy verloren haben.“

„Das ist schade. Was hat das mit uns zu tun?“

„Achso, also ich meine das Diensthandy!“

„Das ändert alles.“

Kurz danach waren wir insolvent. Ich muss also befürchten, dass auf diesem Telefon firmeninterne Dinge gespeichert gewesen sein müssen, die durch weitere ungünstige Umstände, naja, eines kam zum anderen, ich hatte wohl die Lawine ins Rollen gebracht.

Ordophob Ohßem steht kurz vor seiner Pensionierung. Er arbeitet derzeit an seinem letzten Fall: Es geht dabei um einen Mord – oder Unfall? – in Düsseldorf-Oberbilk. Ein junges Mädchen, bildhübsch, wurde kopfüber in einem Thermomix ™ gefunden. Nein, aufgefunden, und zwar im Wesentlichen tot.

Ich meine, da das Telefon noch gehabt zu haben. Rief noch meine Frau an wegen des Thermomix‘ ™, mit dem sie es vielleicht mal versuchen sollte. Es ist durchaus so, dass sie nicht so richtig gut kochen kann. Sie gibt sich Mühe, darüber besteht gar kein Zweifel, aber wenn ich abends wiederkomme, nach Hause, habe ich gewisse Erwartungen an Optik und Geschmack, die selten erfüllt werden. 

Seit einigen Tagen habe ich ein güldenes Handy. Es hat sich aber als eher beigefarben herausgestellt, was mir einige Erleichterung verschaffte, da es nicht gerade billig war. Beziehungsweise sein wird, wenn ich mir den 24-monatigen Ratenplan ansehe, den O2 mit mir ausgehandelt hat. Ordophob Ohßem hingegen telefonierte mit einem „Blackberry“.

Die haben ja versucht, noch einmal groß rauszukommen. Ihre neuen Geräte bestachen durch die Möglichkeit, einen Teil des Systems als dienstlich zu verschlüsseln. Viel unangenehmer sind mir aber die privaten Dinge, die ich auf dem Telefon gespeichert habe. Wenn die nun durch den eventuellen Dieb geleakt werden, stehe ich vor einer großen Herausforderung: meiner Frau.

Und nun wird es spannend. Denn es geht nun um eine weitere Frau: Rudine ist eine, sagen wir mal, Bekannte von mir. Man kennt ja manchmal Menschen, weil es sich mal so ergeben hat. Man kann leider nur schwer jemanden entkennen. Man kann Kontakte abbrechen, flüchten, sich verstecken, das Weite suchen, aber die Kennung, die bleibt. Auch in 20 Jahren werde ich noch immer Rudine kennen. Am Kennen führt, einmal geschehen, kein Weg mehr vorbei. Rudine jedenfalls war gestern Abend bei mir. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Rudine ebenfalls einen Hals auf mich hat. Sie ist womöglich zwiegespalten, mag Teile von mir, andere wiederum nicht. Hassliebe womöglich. Ich hingegen bin da entschiedener, ich lehne sie inbrünstig ab. Jene Rudine also stand vor meiner Wohnungstür und fragte:

„Hallo Seppo! Gibt es Neues von der Wohnung oben? Sie wird doch jetzt frei, oder? Ich suche ja gerade was. Wäre doch lustig, wenn wir im selben Haus wohnten, oder?“

Nun, sagen hätte ich sollen:

„Die Wohnung ist bereits vermietet und ich würde eher meinen Kopf in einem Thermomix ™ versenken, bevor ich mit dir in einem Haus lebe!“

Doch sagen tat ich:

„Die Wohnung ist im Grunde frei. Und das wäre, ja … das wäre lustig.“

Noch Stunden später habe ich mich wegen des Selbstverrates mehrfach übergeben. Erstaunlich, wie sich der Körper gegen Menschen wehren kann.

Wenn ich meine Nummer wüsste, könnte ich wenigstens mal mein Telefon anrufen.

Gutsverwalter Ordophob Ohßem kam heute Morgen auf die Idee, seine Frau zu bitten, sein Telefon anzurufen. Laut Gedächtnisprotokoll lief das wie folgt ab:

Frau Ohßem: „Ich höre ein Amt.“

Am anderen Ende: „Hallo?“

Frau Ohßem: „Spreche ich mit meinem Mann?“

Ordophob Ohßem: „Wie soll das denn gehen?! Ich stehe neben dir!“

Frau Ohßem: „Aber es ist doch dein Telefon!“

Am anderen Ende: „Hallo? Hier Vorverkaufsrecht. Wer spricht?“

Frau Ohßem: „Vorwerkaufsrecht?! Ich will nichts kaufen!“

Am anderen Ende: „Nein, nein, Vorverkaufsrecht ist mein Name. Leider. Muss ich immer wieder erklären.“

Frau Ohßem zu Ordophob Ohßem: „Es ist ein Herr Vorverkaufsrecht.“

Ordophob Ohßem: „Ja, frag ihn doch, wie er an mein Handy kommt!“

Frau Ohßem: „Wie kommen Sie an das Handy meines Mannes?“

Am anderen Ende, Herr Vorverkaufsrecht: „Er gab es mir! Am vergangenen Montag!“

Und das stimmte. Doch Frau Ohßem:

„Alberner Telefonscherz. Ich lege jetzt auf!“

Und das tat sie. Wenn Menschen wutentbrannt auflegen, sagen sie vorher meist „Ich lege jetzt auf!“. Das ist konsequent, obwohl ich nun einen Test wage, live hier während des Bloggens. Ich rufe in diesem Moment meine Mitbewohnerin an …

Ich: „Ich lege jetzt auf!“

Und ich lege nicht auf.

Sie: „Seppo?!“

Ich schweige.

Sie: „Ist was passiert? Wo bist du?!“

Jetzt bereue ich live den Test. Sie denkt nun, es sei was passiert. Ich muss es aufklären.

Ich: „Äh, nein. Alles bestens. Noch zuhause. Fahre gleich los. Äh, wollte nur sagen, dass … also …“

Sie: „Sind die Fenster zu? Soll heute Nachmittag stürmen!“

Ich: „Ja! Deshalb rufe ich an. Ich wollte fragen, ob die Fenster zu sind.“

Sie: „Was?! Seppo?! Bist du wieder aufs Gesicht gefallen?!“

Ich: „Nein, also ich mache die Fenster zu. Soll stürmen.“

Das war der erste und letzte Live-Test hier im Blog.

Rudine hat derweil eine Empfehlung von mir. Nein, mein Vermieter hat eine Empfehlung von mir. Also von Rudine. Also eine Empfehlung, in der ich ihm Rudine als Nachmieterin für die freigewordene Wohnung empfehle. Im Grunde bahnt sich an, dass Rudine tatsächlich näher in mein Leben tritt.

Vom Regen in die Traufe.


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