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Für gestern Abend haben meine Mitbewohnerin und ich Kromeyer einbestellt, etwa so höflich, wie andere wechselseitig türkische und deutsche Botschafter. Kromaier ist für uns nämlich auch so etwas wie ein Botschafter; er ist unser Botschafter des guten Essens als Ergebnis einer gewissen Kochkunst, die versucht, ohne Hinzugabe von Kohlenhydraten zu arbeiten. Ein Ergebnis des gestrigen Kochabends darf ich vorwegwegnehmen: Ich habe eine komplette Auflaufform gegessen, wobei ich mir den Scherz verbitte, dass ich nicht das Behältnis selbst, sondern nur dessen Inhalt gegessen habe.

Unter diesem Text befindet sich eine Galerie, die auf das Medium Bild setzt, wenn es um die Dokumentation des gestrigen Kochvorganges geht. Während meine Mitbewohnerin die Portion mit Fetakäse (würg) aß, labte ich mich an der ohne Käse.

Danach hatte ich das Gefühl, ein 3.000-Kilokalorien-Menü von „McDonald’s“ gegessen zu haben, doch überraschte mich meine Personenwaage heute Morgen mit einer 2 vor dem Komma. Meine auf Eiweiß konzentrierte Ernährung der vergangenen Wochen führte bereits jetzt dazu, dass ich etwa drei bis vier Kilogramm abgenommen habe: 72,8. Das gilt es nun zu halten und dabei hilft mir Kromayer.

Kromeyer ist ein Nazi. Ein Nazi, was meinen erlesenen Geschmack angeht. Er akzeptiert beispielsweise nicht, dass ich mich weigere, Fetakäse zumindest einmal zu probieren. Nun behaupte ich, dass ich Dinge, die mich von vornherein anwidern, nicht probieren muss. Ich möchte auf dem Sterbebett liegen, nicht sehr bald, und sagen können:

„Ich lebte, ohne den Geschmack von Fetakäse zu kennen!“

Allein die Konsistenz ist mir ein Graus.

Kromeyer: „Mein Rezept sieht aber vor, dass wir mit Feta arbeiten, da er das Ganze am Ende ein wenig bindet.“

Ich: „Ich binde alles im Magen.“

Meine Mitbewohnerin: „Ich will aber Feta!“

Gut, also machten wir gleich zwei Auflaufformen, was für meine Mitbewohnerin und mich ohnehin Standard ist, da sie beispielsweise Unmöglichkeiten wie Thunfisch oder Champignons auf ihre Pizza legt, sodass wir auch da stets zweiblechig unterwegs sind. Und es hat seinen Grund, warum es in unserem Haushalt eine Pfanne gibt, die ich nie benutze, da sie in dieser Meeres-Abartigkeiten zubereitet.

Aus der Vergangenheit weiß ich, dass meine Aversion gegenüber nicht wenigen Lebensmitteln sowohl beim Leser als auch in meinem Umfeld auf Unverständnis stößt. Ich kann mich auch nur dafür entschuldigen, dass ich viele Dinge einfach nicht mag. Es ist ja nicht so, als hätte ich bewusst die Entscheidung getroffen, beispielsweise Zwiebeln abartig zu finden. Ich gebe aber zu, diese Entscheidung in Bezug auf Fisch durchaus getroffen zu haben. Ich habe noch nie Fisch gegessen, da ich Fische abnormal finde. Hunde esse ich ja auch nicht, beide sind Haustiere. Die Moral habe ich also auf meiner Seite, wobei sie mir wieder in dem Moment abgeht, wo ich ein Kilo Rinderhack im gestrigen Gericht verarbeitete. So gerne ich mich hier im seppolog über missionierende Veganer belustige, so sehr haben sie die besseren Argumente, jene dünnen Hungerhaken.

Nebenbei: Heute beim Einkaufen dachte ich darüber nach, dass ich zwei Veganer kenne, von denen ich lange nicht wusste, dass sie vegan essen. (Mir kommt gerade ein prominenter Veganer in den Sinn, der privat einen Porsche mit Ledersitzen fährt …) Und warum wusste ich es nicht? Weil sie ihr Umfeld damit nicht auf militante Weise behelligen. Ich sage ja auch nicht, dass jeder ab sofort auf Kohlenhydrate verzichten muss. Im Gegenteil, ich verachte es, wenn man seine Ernährung zu einer Ersatzreligion macht. Ich probiere derzeit einfach etwas aus und der Nebeneffekt ist gar nicht der ursprünglich vorgesehene, also nicht der, dass ich an Gewicht verliere! Ich nehme den aber gerne in Kauf. Mir geht es darum, meinen Kraftsport mit Eiweißzufuhr zu unterstützen. Und plötzlich bemerke ich, dass Kochen Spaß machen kann, wozu ich aber nur am Wochenende Zeit finde. Und ich will nicht ausschließen, dass ich im Sommer auf die Idee komme, mich ketogen zu ernähren oder auf Eiweiße völlig zu verzichten. Ich will hier niemanden missionieren, ich will einfach mal das eine oder andere für mich ausprobieren. Der Leser ist somit eingeladen, sich das mitanzusehen, aber wenn er Bock auf andersartige Ernährung hat, ist das doch völlig legitim. Ich aß bislang im Übrigen überwiegend Dreck. Und war auch damit zufrieden und werde dazu sicherlich auch wieder zurückkehren.

Kromeyer war schon mit meiner Mitbewohnerin in unserer Küche, als ich von der Arbeit nach Hause kommend dazustieß. Und als erstes sah ich:

„Tomaten!“

Kromeier: „Jetzt sag nicht, du magst keine Tomaten!“

Meine Mitbewohnerin: „Mag er wirklich nicht.“

Ich: „Gut, Freunde. Wir müssen uns damit abfinden, dass ich sehr, sehr viel nicht mag. Es berührt euch doch gar nicht! Um euch aber entgegenzukommen, gehe ich auf euch zu.“

Ich ging auf die beiden zu.

Kromaier: „Soll das jetzt lustig sein?!“

Meine Mitbewohnerin: „Daran musst du dich auch gewöhnen. Seine gespielten Witze sind etwas schwiierig.“

Ich: „Nein, also, ich esse ab sofort Tomaten. Ich lasse mich auf Tomaten ein, nicht aber auf Feta! Kompromiss?“

Kromeia: „Naja, gut, immerhin. Vielleicht schmecken sie dir ja sogar.“

Nun, was haben wir gestern zubereitet? Kromeier nennt es „Kromeyers Paprika-Hack-Allerlei“. Damit sind zwei wesentliche Zutaten genannt. Die Mini-Paprikas wurden mit Rinderhack gefüllt, welches vorher gebraten worden ist.

„Seppo, schneid Ingwer und die Chilischoten. Das kommt mit der Gemüsebrühe zum Hack“, beauftragte Kromaier mich, während ich schnell noch Kidneybohnen und Mais zur Parika in die Auflaufform gab, was Kromeyer nicht gefiel:

„Davon war nicht die Rede!“

„Kromeier, das sind Reste, die muss ich loswerden! Und nun ist es eh zu spät, sie liegen schon drin.“

„Wozu soll ich euch hier eigentlich helfen?! Du hast jetzt schon mein Rezept völlig ad absurdum geführt! Kommst du gleich auch noch mit Schweinehack um die Ecke?“

Schweinehack geht natürlich gar nicht! Wie auch Autobahn nicht. Schweine sollen auf keinen Fall nur deshalb sterben, weil ich gerade Schweinehack essen will! Zugunsten der Schweine opfere ich also Rinder, womit ich meiner moralischen Verantwortung zumindest ein Stück gerechtgeworden bin.

Inzwischen hat mir Kromayer mehrere Kochbücher überlassen, die sich allesamt an Sportler richten. Diese Werke blenden. Sie verschleiern, dass das Weglassen von Fett und Kohlenhydraten in Wirklichkeit und bei aller Ehrlichkeit ein großes Manko, ein beklagenswerter Verlust gar, ist. Denn auf jeder Abbildung der verschiedenen Gerichte sehe ich im Grunde immer die gleichen Zutaten: Gemüse ohne Ende, Rinderhack und Geflügel. Diese Zutaten werden in allen mathematisch möglichen Variationen vermischt, dann entweder gekocht, gebraten oder gebacken. Daraus ergeben sich etwa eine Million Gerichte, die alle aus den gleichen Rohstoffen bestehen. Das ist vergleichbar mit der hiesigen Schlagerbranche: Rund fünf Millionen Schlagerlieder setzen sich aus lediglich drei Akkorden zusammen.

Nachdem das gestrige Gericht eine Sensation war, habe ich am heutigen Samstag beschlossen, es am morgigen Montag (häh?!), nein, Sonntag, schon klar, zu wiederholen, wobei ich Rinderhack durch Hähnchenfleisch ersetzen werde. Und genau so läuft es bei dieser Nummer: Kreativität ist gefragt!

Für heute jedoch steht eine Pizza auf dem Plan, deren Teig aus teigfremden Zutaten bestehen wird. Ich bin äußerst gespannt, wie sie letztlich schmecken wird. Was ich bereits weiß, ist, dass Kromeier mich beauftragt hat, fünf Packungen Magerquark zu kaufen.

Ebenfalls morgen werden Pfannkuchen getestet, die aber ab sofort pancakes heißen, da sonst niemandem zu erklären ist, warum Käsekuchen nun cheesecake heißen muss. Diese Pfannkuchen

Viele sagen versehentlich „Pfannekuchen“. Das „Pfann“ allerdings hat mit der Pfanne gar nichts zu tun, denn „pfann“ kommt aus dem Jiddischen und bedeutet so viel wie „platt“.

werden natürlich im Wesentlichen aus Eiweißpulver – whey – bestehen, von dem mich gestern eine Zwei-Kilo-Lieferung erreicht hat. Im Wesentlichen konsumiere ich das aber als shake vor und/oder nach dem Sport, wie mir vorgestern ein „pumpender“ Kollege nahegelegt hat. Da man ihm sein Pumpen ansieht, genießt er großes Vertrauen bei mir.

seppoISST wird natürlich auch die kommenden Experimente dokumentieren. Da mich gerade ein gewisser Tim mit neuen Rezepten versorgt, schließe ich dieses Kapitel nun und verbleibe mit einem Schöneswochenendewunsch!


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