„Und was genau ist das nun?“, fragte heute Morgen meine Mitbewohnerin, als sie das Ergebnis meines gestrigen Kochexperiments in Augenschein nahm, da sie gestern Abend unserer Wohnung auffällig lang ferngeblieben war.

„Sie nennen sie pancakes. Und meinen Pfannkuchen. Null Mehl! Dafür Unmengen an Eiern und Eiweißpulver!“

„Isst du eigentlich nur noch Eiweiß?!“, werde ich gelegentlich gefragt, wobei mir der Gehalt an Subtilität in dieser Frage natürlich selten entgeht. Doch da ich mir grundsätzlich nichts mehr schlecht- und ausreden lasse, weil ich damit miese Erfahrungen gemacht habe, exklamierte ich feierlich:

„Ja, ich bin ein ganz neuer Mensch! Ich bin praktisch ein Huhn!“

„Hahn.“

„Legt aber keine Eier.“

„Du ja auch nicht.“

„Ja, gut, also so gesehen. Dann also Hahn. Ich bin ein Hahn. Ich stehe sogar so früh auf wie ein Hahn! Irgendwie erschreckend. Hab ein stolzes Sternzeichen, mache mich aber ohne Not zum Hahn.“

„Immerhin probierst du was aus; spricht ja für dich. Aber warum leidet unsere Küche so dermaßen darunter?!“

„Das kann ich dir hiermit verdeutlichen.“ Ich zeigte ihr das Making-of-Pfannkuchen von meiner Facebook-Seite:

„Das mit dem Teig im Bart ist etwas albern, oder?“, wollte sie wissen.

„Ja? Ich fand’s recht humorig. Klebt übrigens noch immer. War nicht einmal geplant. Es war ein Missgeschick. Ich meine, das kann passieren, andere Leute fallen kopfüber in einen Thermomix ™. Aber nun probiere mein Machwerk! Speise, Mitbewohnerin, speise wohl!“

Sie nahm einen der inzwischen hart gewordenen Pfannkuchen, klopfte daran, führte ihn zum Mund, biss ab, fing an zu husten, röchelte und spie Staub.

Nun, was soll ich sagen?! Ich habe offenbar eine Zutat vergessen, denn aus den anfänglich noch fluffigen Kuchen ist binnen wenigen Minuten eine Art Keks geworden und über Nacht dann Geröll. Ich muss zugeben, dass mir dieses Experiment nicht in Gänze und zu meiner vollsten Zufriedenheit gelungen ist, was aber nun einmal passieren kann, wenn man sich auf unerschlossenes Terrain wagt:

Diese kleine Diashow zeigt ganz nebenbei eindrucksvoll meine Lernkurve: Ist der erste Pfannkuchen noch beim Wenden explodiert, gelingt es schon beim zweiten Mal viel besser. Und dennoch habe ich mir selbst nach dem Speisen gewünscht, ich hätte meine Zutaten sinnvoller und für etwas völlig anderes eingesetzt. Omelett oder so.

Derzeit verzichte ich auf Kohlenhydrate und setze voll auf die Kraft von Eiweißen, um meinen Kraftsport sinnvoll zu begleiten. Das ist durchaus von Erfolg gekrönt, baue ich doch zur Zeit Muskelmasse auf und verliere gleichzeitig in einem atemberaubenden Tempo an Gewicht, obwohl das nicht einmal mein Ziel war. Aber auf diese Weise führte ich mich selbst in die Welt des Kochens ein, was meine Mitbewohnerin durchaus honoriert:

„Die Küche sieht echt wie sau aus!“

„Ja, es gab einen Unfall mit dem Handmixer. Wusstest du, dass man den Mixer immer ausschalten sollte, bevor man ihn aus dem Teig zieht?“

 

Kochen hat viel mit Kunst zu tun und wer nun glaubt, die Form dieses Pfannkuchens sei Zufall gewesen …

…, der irrt. Diese Form, die den Betrachter umgehend an eine Krabbe erinnern muss, war meine volle Absicht, was auch Dampfbloque sofort ins Auge fiel, und meine Lektorin, Zauberin am Filzer, noch einmal hervorhob, obwohl es ja wirklich offensichtlich ist, sich geradezu ins Auge des Betrachters bohrt:

Was den beiden Adleraugen allerdings entgangen war, ist die Tatsache, dass ich diese vier Eier …

… nicht einfach nur aus Zufall so in der Schüssel platziert habe, sondern ich damit die Augen einer Spinne andeuten wollte. Ich weiß, es ist unnötig, das noch einmal zu verdeutlichen, dennoch habe ich meinerseits den Pinsel geschwungen und brachte so Licht ins Dunkel:

Spinne. Eindeutig. Gruselig, wie sie uns anstarrt! Man möchte den Fuß erheben und sie wegsaugen! Doch keine Sorge, es sind nur vier Eier! Glauben Sie nicht? Hier der Beweis:

 

Am bevorstehenden Wochenende feiere ich mich in meiner Heimat Münster. Ein Geburtstag ist der Anlass und ich sehe mich vor der schwierigen Herausforderung, bei der Festivität mir zu Ehren etwas zu essen, das nicht Kohlenhydrate beinhaltet, da ich ja inzwischen da eine sehr harte Linie fahre, was diesen Verzicht angeht, der zufällig zeitlich mit der Fastenzeit einhergeht.

Warum eigentlich harte Linie?! Diese Metapher, wenn’s denn eine ist, hat ihren Ursprung – natürlich – in meiner Heimatstadt, wo ich meine ersten beiden Lebensdekaden verbracht habe. Wenn man abends mit der Bahn von meinem Geburtsort Münster-Hiltrup über Münster-Berg Fidel nach Münster-Innenstadt fährt, nimmt man die U-Bahn der Linie 9. Diese ist bekannt als „die harte Linie“, da sie eben (ab 22 Uhr) über Berg Fidel fährt. Und Berg Fidel ist ein Stadtteil, den man nach Einbruch der Dunkelheit meiden sollte, weil dort böse Menschen wohnen. Nicht ausschließlich, aber doch mehr als im, sagen wir mal, Nobelviertel Hiltrup, das mit einem Oberkassel Düsseldorfs oder dem Charlottenburg-Wilmersdorf Berlins vergleichbar ist. Ich komme also aus einer noblen, sehr reichen Ecke, bin allerdings in Düsseldorf-Oberbilk gelandet, medial bekannt geworden als das Maghreb-Viertel. In meiner Biographie muss es also irgendwo einen erheblichen Bruch gegeben haben, womöglich habe ich mal eine falsche Abzweigung genommen. Mal sehen, was die nächste so bringt …

Wegen dieses Ernährungskonfliktes, den nur Veganer nachvollziehen können, die ja nun wirklich den Verstand verloren haben müssen, überlege ich jetzt, die Gäste am Samstag mit Eiweißsteinen zu überraschen, denn über nichts freuen sich Gäste mehr, als wenn ihnen ein Gastgeber seine Ernährungsdoktrin aufzwingen will!

„Seppo hat geladen. Sollen wir wirklich hingehen? Der ist gerade auf so ’nem low-carb-Trip und spricht von nichts anderem mehr. Sollen wir einfach sagen, wir können nicht kommen? Beerdigung oder sowas dazwischengekommen.“

Wer hat geladen?! Seppo?! Wer ist Seppo?!“

Würde ich beispielsweise von einem Veganer zum Essen eingeladen, würde ich mir ein Schwein oder ein Rind mitbringen, je nach Wohnungsgröße des Gastgebers vielleicht auch nur einen Hasen. Es genügt ja, wenn nur der Gastgeber mangelernährungsbedingt schlecht gelaunt ist, wenigstens ich soll satt und zufrieden sein, was grundsätzlich immer im Sinne eines Gastgebers sein sollte.

Meine Mitbewohnerin irrt, wenn sie glaubt, das Pfannkuchen-Experiment sei eine einmalige Sache gewesen. Es geht heute Abend weiter! Denn im Laufe dieses Tages wird mich die Lieferung einer speziellen Backmischung auf Proteinbasis erwarten, obwohl es sich eher so verhält, dass ich sie erwarte. Ich gehe davon aus, der zweite Anlauf wird erfolgreicher und überlege derweil, ob es die Milch war, die dem Teig gefehlt hat.

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