Ich habe wieder einmal ein paar Gerichte im Rahmen unserer heiteren Serie seppoISST ausprobiert. Bei dem Gericht, um das es hier gehen soll, musste ich schon vor dem Essen würgen. Ich sage allerdings auch: Es hat letztlich geschmeckt. Später mehr dazu, da ich mich selbst mit einer Wutrede unterbrechen muss:

Denn eines möchte ich vorweg, einigermaßen wutentbrannt, loswerden. Ich poste regelmäßig die Fotos meiner Kreationen auf meiner Facebook-Seite. Mir ist dabei vollkommen klar, dass ich damit ein Klischee bediene, verweise jedoch darauf, dass man mich jederzeit deabonnieren und/oder ignorieren kann. Es ist mir auch egal, ob es meinen Seitenbesuchern gefällt oder nicht. Zum Zweiten sind auch keine Flüchtlinge daran schuld, dass das, was ich da als Fotos poste, mitunter wenig appetitlich aussieht. Und das ist genau der Punkt, der mich in dieser Woche schwer gereizt, im Übrigen auch enttäuscht hat. An meinem freien Mittwoch obendrein!

Wir alle kennen Seiten wie „Tasty“ und Co. Dort werden simple Rezepte als Video gepostet, die alle wie geleckt aussehen. Auch stoße ich täglich auf private Postings von Speisen, die ebenfalls hochgradig edel aussehen. Wo ich merke, aha, da will sich jemand durch Gemüseschnibbeln mit anschließender symmetrischer Anordnung ein Denkmal setzen. Das ist nichts anderes als Angeberei. Die ich aber auch selbst auf anderen Ebenen betreibe und legitim finde. (Auch da spielt es für mich keine Rolle, wie Rezipienten das empfinden.) Ich behaupte aber, mit der durchschnittlichen Wirklichkeit hat das nicht immer etwas zu tun, und sehe kaum jemanden, der sich offenbar nicht als natürlichen Kandidaten für „Das perfekte Dinner“ betrachtet. Wie sooft wird in der Selbstdarstellung – und das Benutzen von Facebook ist in aller Regel nichts anderes (ja, auch bei mir) – maßlos übertrieben, alles muss nach außen perfekt scheinen, damit es „Likes“ und damit eine ebenfalls nur scheinbare Bestätigung hagelt.

Wenn ich koche, kann das Ergebnis auch schon einmal so aussehen:

Und das poste ich. Mir ist natürlich völlig klar, dass kein Verleger solche Bilder in einem Kochbuch veröffentlichen würde, aber ich habe auch mitnichten den Anspruch, mich als Gourmetkoch oder food designer selbst zu verwirklichen. Ich bin ein gnadenlos durchschnittlicher Mensch (der die Normalität feiert, da sie viel wahrhaftiger und vor allem ehrlicher ist) und werde nicht für ohnehin belanglose Postings von Essen vor Drücken des Auslösers den Tellerrand polieren, Farbfilter auf die Fotos oder filigrane Konstrukte aus Fondant auf das Gericht legen. Mir kann niemand weismachen, dass jedermanns Kochergebnisse immer sofort so aussehen, als hätte Alfons Schuhweg daran mitgewirkt. Ich bin kein großer Künstler in der Küche, habe aber derzeit schlicht Spaß daran, Dinge auszuprobieren. Das Scheitern gehört dazu, aber auch das zelebriere ich. Es ist einfach, den Perfektionisten zu mimen, aber es ist viel ehrlicher, das zu zeigen, was schlicht normal ist. Vielleicht empfindet es der eine oder andere auch als regelrecht erfrischend. Vielleicht denkt ja auch einer: „Ach, guck, andere kochen auch ganz normal!“

Obige Bilder zeigen übrigens Spaghetti, die keine sind, dafür aber aus spiralisierten Zucchini bestehen, was ich vorher so nicht kannte und nun sensationell finde. Die Bolognese-Sauce mag zwar optisch nicht jedermanns Sache sein, schmeckte aber ebenfalls sensationell. Dass das ganze Gewerk in Wasser schwimmt – geschenkt, das sehe ich ja selbst, tat dem Geschmack keinen Abbruch und beim nächsten Mal weiß ich, was dagegen zu tun ist, da ich durchaus auch wohlmeinende Tipps als Reaktion bekommen habe (Danke, Criticalpixie). Und soll ich solche Bilder nicht posten, weil sie irgendwelchen Idealen von Selbstdarstellung widersprechen?! Sieht halt ein bisschen nach Durchfall aus, na und?! (Durchfall sieht ja auch aus wie Durchfall und man wirft es dem Produzenten nicht vor.) Dann poste ich es erst recht. Bald startet in dem Zuge auch die neue Knobelserie „Kot oder Bolognese?“.

Meine Mitbewohnerin übrigens haben die falschen Spaghetti ebenfalls begeistert. Und diese Begeisterung spielt sie mir nicht vor, denn sie kann auch anders, da ist sie sehr ehrlich. Es zeigt mir eher, wie unvoreingenommen sie durch das Leben schreitet – offen und ohne überzogene Ansprüche, wovon ich noch einiges lernen kann.

Am zurückliegenden Wochenende versuchte ich mich abermals an einer kohlenhydratarmen Pizza. Hintergrund ist, dass ich den Weihnachtsspeck von 2015 loswerden will. Innerhalb von, ich glaube, vier Wochen habe ich nun mein persönliches Wunschgewicht von 70 Kilogramm erreicht, sechs Kilo also peu à peu das Klo heruntergespült. Ich will meine Ernährung nicht zur Religion erheben, keinem meiner Leser in irgendeiner Form nahelegen. Auch ich freue mich schon auf meinen nächsten „McDonald’s“-Besuch, wo ich mir ein 3.000-Kilokalorienmenü zusammenstellen werde. Denn im Grunde ist mir einigermaßen egal, wie gesund ich mich ernähre oder nicht.

Dieses ist auf jeden Fall gesund:

Pürierter Blumenkohl als Mehlersatz für den Pizzateig. Das sind freilich alles Euphemismen, denn mit Teig hat das nichts zu tun und beim Endergebnis von Pizza zu sprechen, ist ebenfalls waghalsig. Doch wurden offenbar noch keine anderen Wörter für das, was ich da fabriziert habe, erfunden. Zurecht.

Ich lehne Blumenkohl ab, finde nicht, dass er schmeckt, doch derzeit nutze ich ein Zeitfenster, in dem ich offenbar bereit bin, mich Neuem gegenüber zu öffnen. Also Blumenkohl. Das Rezept versicherte mir, man würde den Blumenkohl nachher gar nicht rausschmecken, was ich für schwer unglaubwürdig hielt, als ich zwei Kilo davon pürierte. Aber es stimmte letztlich: Das Endergebnis schmeckte gut, auch wenn es nicht aussah wie eine Pizza. Meine Mitbewohnerin:

„Nennen wir es Gemüseauflauf.“

Nach dem Pürieren kamen noch ein paar Eier dazu, bisschen Zucchini und das Ganze fand dann Widerhall auf dem Backblech. Und hier musste ich würgen. Beim Verstreichen der Biomasse auf dem Backpapier. Mir wurde regelrecht schlecht ob dieser dampfenden Masse, die wie der Kot eines Eisbären aussah, denn der ist vermutlich wie alles in seinem Biotop weiß.

Ich stand vor dem Backblech, würgte vor mich hin, verstrich das Zeug gleichmäßig, schluckte Brocken herunter und redete mir gut zu:

„Parmesan stinkt auch wie Kotze, schmeckt aber.“

Allerdings nicht mir.

Ich setze hier alle Hoffnungen in die Vorstellungskraft meiner Leser. Denn ich selbst wollte nicht glauben, dass daraus wirklich so etwas wie ein Teig werden konnte. Aber – und so etwas erfährt man nur dann, wenn man es ausprobiert -: Es funktionierte einigermaßen! Allerdings erst nachdem meine Mitbewohnerin herausgefunden hatte, dass man die „Pizza“ zum Auftellern stülpen muss. Denn ich muss leider auch dazu sagen, dass diese Teigmasse nach einiger Backzeit eine Symbiose mit dem Backpapier eingegangen ist. Ich hoffe, Backpapier ist arm an Kohlenhydraten, da ich nicht wenig davon gegessen habe.

Wieder so ein Foto, das natürlich voraussetzt, dass das Auge nicht mitisst. Aber ich glaube kaum, dass ich der einzige bin, der mal etwas gegessen hat, das so aussieht, als habe es der Vorkoster erbrochen.

Die Frage, warum eigentlich Blumenkohlteig?, ist legitim, oben auch schon beantwortet. Mache ich Pizza, auch die herkömmliche, esse ich rund eineinhalb Bleche davon. Entsprechend legt man schon einmal temporär an Gewicht zu. Bei dieser Variante allerdings spielt die Menge keine Rolle – hiervon kann man endlos essen und darum geht es mir. Natürlich gelüstet es mich auch nach einer echten Pizza, überlege daher, meine nächste Magerquarkpizza mit einer Tiefkühlpizza zu belegen, meinen Stoffwechsel gewissermaßen auszutricksen. Merkt der nicht …