Jens Jaennicke ist unanerkannter Schlafforscher. Das ist in etwa vergleichbar mit Heilpraktikern, da sich jeder im Grunde als ein solcher bezeichnen darf. Das wird seinen Grund haben … Herr Jannicke ist also irgendwie Heilpraktiker für Schlaf, beziehungsweise eher für Schlafende. Nein, das ist auch nicht korrekt. Was sind Sie denn nun genau?

„Heilpraktiker für Nichtschlafende.“

Also für Schlaflose, für Menschen, die nicht in den Schlaf finden. Oder für mich. Denn ich finde derzeit beneidenswert gut in den Schlaf, mitunter zu gut.

Probleme des Alltags, schwerwiegende, schleppt man ja gerne mit ins Bett, wobei der Begriff des Abschleppens im Zusammenhang mit dem Bett wiederum etwas ganz anderes bedeutet. Ich selbst habe nicht ein einziges Mal in meinem Leben eine Frau abgeschleppt, wurde dafür aber etwa zweimal abgeschleppt. Magere Bilanz, aber ich hätte die Betaversion von mir auch nicht abgeschleppt.

Noch vor einigen Monaten hatte ich einen Arsch voll Problemen, die überwiegend nachts meine Schlafqualität empfindlich beeinträchtigt haben. Unter anderem hatte ich mit Zukunftssorgen zu tun, die nachts in einer Gedankenspirale zu nicht immer gerechtfertigten Existenzsorgen mutierten. Doch dieses Kapitel ist abgeschlossen, es liegt hinter mir und ich wende mich mit einem ganz anderen Problem an Jens Jaennicke.

Herr Jaennicke, der Schlaf …

„Sieben bis acht Stunden sollten es schon sein.“

Der moderne Mensch schläft ja zu wenig. Ich selbst erachte acht Stunden für mich als optimal, begnüge mich derzeit jedoch mit sieben, was auch okay ist.

„Sag ich ja. Sieben bis acht Stunden sollten es schon sein.“

Mein Wecker weckt mich (und als Kollateralschaden auch meine Mitbewohnerin) täglich um 05.20 Uhr, auch wenn ich mich erst satte fünf Stunden später auf den Weg zur Arbeit mache. Doch ich habe ein straffes Programm, das vorher absolviert werden will und körperlich einigermaßen fordernd ist, sodass ich im Grunde in dem Moment, in dem ich abends meine Wohnung betrete, unfassbar müde bin und an sich nur noch an Schlafen denke.

„Das ist ein gutes Zeichen, Sebastian! Schlafgestörte haben eher Angst vor dem Zubettgehen.“

Das mag sein, Herr Jaennicke, „Rosaxan“ werden sie mir also schon mal nicht andrehen können.

Ich verkaufe auch eher „Traumexier“!

Achso, dann habe ich das verwechselt. Beides halte ich für miese Geldmacherei, was aber nur eine persönliche Meinung ist. Und auch „Traumexier“ benötige ich nicht, da ich ja von alleine sehr zügig einschlafe, was mich im Übrigen eines Hobbys beraubt hat.

Seit 16 Jahren etwa

Lustige Anekdote nebenbei: Heute habe ich eine halbe Stunde darüber nachdenken müssen, wie alt ich bin, da mein Geburtstag naht. Ich schwankte zwischen 36 und 37 Jahren, konnte aber auch nicht ausschließen, dass ich bereits das 38. Lebensjahr vollende. Erst als mir wieder einfiel, dass mein Bruder drei Jahre älter ist als ich, konnte ich mich meinem tatsächlichen Alter wieder annähern. Und erst dann kapierte ich, dass die Kenntnis meines Geburtsjahres auch geholfen hätte.

schlafe ich im Beisammensein mit Hörspielen ein. Und ich meine hier nicht Hörbücher, denn die lese ich lieber selbst. Neben „Alf“ höre ich gerne sämtliche Editionen von „Sherlock Holmes“-Hörspielen oder Krimis. Und derzeit wieder „Die drei Fragezeichen“, wo jüngst Karla Kolumna eine Nebenrolle ergattern konnte. Verrücktes Crossover, Neustadt trifft Rocky Beach … Mein Problem ist nun, dass ich von jedem Hörspiel etwa drei Minuten überhaupt nur mitbekomme, weil ich umgehend einschlafe, sobald ich mich waagerecht positioniere. Und das tue ich gerne. Denn ich spüre so gerade noch den Moment, in dem der Schlaf mich übermannt – ein unbezahlbarer Rausch. Übrigens, meine kohlenhydratarme Ernährung, die teilweise gänzlich auf Kohlenhydrate verzichtet und mit der ich mich nun in Woche sechs bewege, begünstigt tiefen Schlaf, da der Stoffwechsel praktisch nichts mehr zu tun hat und zudem ein Überfressen gar nicht mehr möglich ist.

„Was ist nun meine Rolle hier, Sebastian?“

Gerne „Seppo“, „Sebastian“ sagen nur noch meine Eltern.

„Schlafen deine Eltern gut?“

Nach allem, was ich höre, ja. Sie kommen aber bald in das Alter, wo man nicht mehr die Sorge hat, nicht einschlafen zu können, sondern eher die, dass man versehentlich nicht mehr aufwacht.

„Da hilft auch kein Heilpraktiker.“

Ich muss also nun jeden Abend die Stelle im Hörspiel finden, bei der ich am Vorabend eingeschlafen bin. Das ist praktisch nicht möglich, denn bevor ich innerhalb der ersten drei Minuten jene Stelle suche, fange ich direkt noch einmal von vorne an. Und so kenne ich nun die ersten drei Minuten der 161. Folge („Der schreiende Nebel“) in- und auswendig. Das eigentliche Problem jedoch ist, dass meine Mitbewohnerin, die stets nach mir einschläft, da sie abends im Bett immer noch Geschäfte macht, anders als ich die komplette Folge 161 („Der schreiende Nebel“) in- und auswendig kennt.

„Nicht schon wieder den schreienden Nebel, oder?!“, höre ich jeden Abend.

„Doch, ich bin dabei gestern Abend eingeschlafen. Wir müssen zu der Stelle, wo sie auf Professor Brewster treffen.“

„Das ist ganz am Anfang!“

„Dann hören wir einfach von vorne“, sage ich – und penne ein.

Das ist übrigens auch so eine dolle Sache: Ich kann hervorragend einschlafen, wenn sie noch irgend etwas neben mir tut. Und wenn sie nur so dasitzt und Blogs liest, beispielsweise meinen. Früher hörte ich sie dabei noch gelegentlich schmunzeln, inzwischen ist es vermutlich eher so eine Art Pflichtlektüre für sie geworden. Der Leser darf sich also gewiss sein, dass sie diese Caylen hier liest, während ich neben ihr sanft dahinschlummere.

„Vermutlich ein gutes Zeichen, dass du neben deiner Mitbewohnerin so gut einschläfst. Funktioniert das umgekehrt auch?“

Hm … Also wenn sie unter akutem Schlafmangel leidet, dann ja. Das liegt allerdings auch daran, dass ich sie selten in Ruhe lasse, wenn sie neben mir liegt.

„Warum zwinkerst du mir jetzt so affig zu?!“

 

Gestern Vormittag habe ich mich im Auto dabei erwischt, wie ich kurz weggenickt war. Mich hat der Sport so dermaßen fertiggemacht, zumal ich schwersten Muskelkater im Nacken habe, was jedes Kopfnicken zur Qual macht. Ich habe heute versehentlich viele Anfragen an mich verneint, weil ich nicht nicken konnte.

„Herr Flotho, mehr Lohn gefällig?“

kopfschüttel … „Verdammt!“

Das Einschlafen im Auto ist ja an sich nicht schlimm, doch ich wollte bei meinem Fahrer nicht den Eindruck erwecken, dass er oder Steffi Neu von WDR2 mich langweilte. Als mein Fahrer dann aber auch noch sagte:

„Gott, ich bin so müde heute, konnte gestern einfach nicht einschlafen“,

wurde ich skeptisch, sah uns schon beide selig schlummernd in die Leitplanke der Gegenfahrbahn rasen, sodass Steffi Neu einen Unfall durch Geisterfahrer auf der A57 hätte vermelden müssen. „Bitte fahren Sie langsam und möglichst auf der linken Spur.“

Es ist letztlich der allmorgendliche Sport, der mir vieles abverlangt, sodass ich bereits am frühen Abend müde bin. Es ist allerdings diese gesunde Variante des Ermüdens, die sich gut anfühlt und die einen innerhalb von drei Minuten in die fantastische Welt des Schlafes katapultiert. Wo ich heute einen unfassbar kranken und grausamen Traum durchlebte. Leider so dermaßen persönlich und die Vergangenheit betreffend, dass ich ihn hier nicht breittreten kann. Die handelnden Personen hingegen würde ich sehr gerne breittreten.

„Was war denn nun meine Rolle hier?!“

Herr Jaennicke, der Schlaaaaf …

„Sieben bis acht Stunden sollten es schon sein. Ich bin doch nur ein billiger Insider für dich.“