Weder wissen noch ahnen viele, dass ich Mitglied eines so genannten Herrenklubs bin, dessen eiserne Regel es wie in jedem anständigen Herrenklub ist, dass … ich habe keine Ahnung. Das Regelwerk ist noch nicht vollendet, denn ich kämpfe mit einem massiven Mitgliedermangel, da ich bislang Ehrenpräsident, Alterspräsident, Präsident, Vizepräsident, Kassenwart, Frauenbeauftragter und einziges Mitglied in Personalunion bin. Das hängt vermutlich mit dem schlechten Ruf von Herrenklubs zusammen, da Frauen inzwischen derart emanzipiert sind, dass sie meinen, auch ein Recht auf Mitgliedschaft in Herrenklubs haben zu müssen. Das haben sie nicht. Für Frauen gibt es „Brigitte“ und „Joy“, für Herren dicke Bücher und Zigarren. Zigarren allerdings sind in meinem Herrenklub nicht sehr verbreitet, da ich meine letzte Zigarre mit vermutlich 17 gepafft habe. In meiner Heimatstadt Münster sprach man damals vom großen Zigarrenraub, für den ich nicht vorbestraft bin, da ich als nicht zurechnungsfähig eingestuft worden war. Nochmal Glück gehabt …
Wir im Herrenklub frönen einem gemeinsamen Hobby, der Poesie. Wir dichten also, was deutlich schneller geht, wenn man sich populärer Vorbilder bedient.
Als ich zwölf war, nahm ich an unserem schulischen Poesie-Wettbewerb teil, kurioserweise im Rahmen des Mathe-Unterrichts, was man uns Teilnehmern damals schon nicht verständlich machen konnte. Mein damaliger Mathelehrer erklärte es mir mit dem Zusammenhang von Versmaß und den Gesetzen der Mathematik, was ja so abwegig nicht ist, auch wenn mein Deutschlehrer auf den Zusammenhang von Versmaß und Sprache pochte und jenen Wettbewerb eigentlich eher in seinem Zuständigkeitsbereich sah. Damals munkelte man, dass ihm eine aufsehenerregende Aktion zum Verhängnis geworden war: Als er sich alleine mit der Sekretärin des Direktors im Sekretariat wähnte, kündigte er ihr an, sie an die Wand zu tackern, was er nicht wörtlich, aber eben sinnbildlich gemeint hatte, und was leider jeder in der Schule Anwesende über die Sprechanlage mit ihren Lautsprechern in sämtlichen Klassenzimmern vernommen hatte, da diese offenbar „scharfgestellt“ war.
Zurück zum Poesie-Wettbewerb, aus dem ich als Sieger hervorging. Zumindest vorerst, bis mir mein Deutschlehrer auf die Schliche gekommen war, da er mein Gedicht als Plagiat entlarven konnte, was mein Mathelehrer nicht vermocht hatte. Vor einigen Tagen habe ich mich angesichts des derzeit guten Wetters dieser Zeilen, die mir damals einige Tage Ruhm eingebracht hatten, erinnert:
Ich gebe zu, der Vortrag ist mehr als holprig geraten, was einem massiven durch Alkohol verursachten Kater, aber auch der langen Zeitspanne geschuldet ist, die sich seit meinem Triumph damals aufgespannt hat.
Das wirklich Deprimierende allerdings ist nicht mein Langzeitgedächtnis, sondern das kurzzeitige meiner Mitbewohnerin, die in jenem und so vielen anderen Videos die Kamera führt: Sie konnte noch gestern dieses kurze Gedicht auswendig. Weil sie es ein Mal von mir gehört hat! Seit Tagen bekomme ich wieder und wieder via Whatsapp Sprachnachrichten von ihr, in denen sie mir diese Zeilen vorträgt, bis auf Kleinigkeiten fehlerfrei, woraus ich schließe, dass sie eben nicht abliest. Außerdem ist sie ein penetrant ehrlicher Mensch.
„Warum tust du mir das an?“, wollte ich von ihr wissen.
„Betrachte es als meinen Aufnahmeantrag in deinen Herrenclub!“
„Herrenklub muss es heißen. Weil elitär.“
„Sag ich doch. Herrenclub.“
„Nein, du sagst Herrenclub, ich bin aber ein Herrenklub. Und du übrigens kein Herr.“
„Aber du?!“
Gegründet habe ich den Herrenklub, als ich im vergangenen Jahr für einen mehrmonatigen Caitraum arbeitslos geworden war. Ich stellte mir die Frage, was ich mit dem Überangebot an Freitcait anstellen könnte. Die Arbeitsagentur riet mir, diese in die Suche nach einem Job zu investieren, ich hingegen malte mir eine Zukunft als Anführer einer weltumspannenden Herrenbewegung, die bislang so noch nicht eingetreten ist, wobei der Anfang aber gemacht ist, allerdings stehe ich wieder in Lohn und Brot.
In Düsseldorf, wo ich zu leben versuche, gibt es den „Industrieclub“, wo ich aus inzwischen unerfindlichen Gründen einmal war. Bekannter sind hingegen die britischen „Gentlemen’s Clubs“, denn die Briten können sowas einfach besser, auch wenn sie inzwischen nur noch ein mehrfach kastriertes Imperium bewohnen, dem es nicht genügt, dass alle sich von ihm abspalten, sodass es sich nun ebenfalls abspaltet, bevor sich dann wieder die nächsten von „Groß“britannien abspalten. Am Ende bleibt ein übersichtlicher Gentlemen’s Club übrig.
Gewöhnlich werden solche Clubs von Personen mit ähnlichen Ansichten, Vorlieben oder Interessen gegründet. Das ist in meinem Club bei derzeitiger Mitgliederstruktur gegeben, ich bin ein erschreckend homogener Club. Das muss auf jeden Fall so bleiben, falls sich jemand für eine Aufnahme in meinen exklusiven Kreis entscheiden sollte.
Was eigentlich macht einen Mann zum Gentleman? Das beginnt bereits bei der Geburt, da es da bereits von Vorteil sein kann, in eine gehobene Schicht hineingeboren zu werden. Das ist bei mir nicht der Fall. Ich bin solide Mittelschicht, wie sooft also Durchschnitt.
Im Deutschen gibt es tatsächlich eine Übersetzung für Gentleman: Ehrenmann. Doch bleibt der Gentleman Ausdruck des britischen Nationalcharakters – mit anderen Worten: In Deutschland gibt es keine Gentlemen und manchmal glaube ich das auch.
Wage ich dennoch den Test: Bin ich ein Gentleman?
Kriterium I: Stil und Geschmack
Passt. Immer dem Anlass passend gekleidet – läuft, kommt hin. Obwohl ich kürzlich auf einer Feierlichkeit den Anzug verweigerte, da ich der Meinung war, die Feierlichkeit sei keine Beerdigung. Abgesehen davon verfüge ich derzeit nicht über einen passenden Anzug, da ich mich rausgehungert habe. Allerdings sollte ein Gentleman seine Krawatte selbst binden können. Das kann ich nicht, da ich meist Fliege trage und vielleicht alle zwei Jahre mal eine Krawatte. Aber Schuhe, die kann ich mir selbst anziehen:
Kriterium II: Der stolze Gang, die aufrechte Körperhaltung
Also einen Rundrücken habe ich nicht, doch einen stolzen Gang lege ich ebenfalls nicht an den Tag, da ich zum understatement neige, was ich persönlich für sehr ehrenmannhaft halte. Punkt also für mich.
Kriterium III: Redegewandtheit
Ich verweise bei diesem Aspekt auf meine Bescheidenheit. Aber ja, Punkt für mich.
Kriterium IV: Starke Schulter bei sensibler Seite
Das ist inzwischen sehr wichtig, denn Frauen sind unangenehm anspruchsvoll geworden. Glaubt man den Medien, wollen Frauen harte Helden, die halbtags weinen. Bei mir gibt es freilich nur den harten Helden. Ich gebe mir bescheiden einen halben Punkt.
So ich diesen Kriterienkatalog überblicke, die mein Herrenklub ausgearbeitet hat, würde ich sagen, dass ich absolut in das Gentleman-Schema passe, zumal ich ein nahezu hinreichendes Kriterium erfülle: die Mitgliedschaft in einem Herrenklub.
Für euer Durchlaucht:
Herr oh Herr, oh strahlender Seppo,
so poetisch voller Manneskraft.
Dein Ruhm schallt von hier bis Aleppo,
das hat kein Mensch zuvor geschafft!
In unsterblicher Verehrung:
Jo
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Frauen können Mitglied im Herrenklub werden? Wie läuft das denn? Geht doch gar nicht, wurde mir gesagt. Die meisten Frauen, die ich kenne möchten zwar ein Mitglied als Gefährte/Mitbewohner/Kumpel/was auch immer haben, aber nicht selber eins sein. Schlage der Mitbewohnerin doch vor einen Herrinnenclub zu gründen ;) Nein, das hat nicht mit S/M tun (es sei denn, da gibt es als Speise nur Sachertorte, dann könnten unbedarfte in die Richtung denken).
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Hiermit melde ich mich für den Herrinnenklub an.
Messerscharfe Grüße aus dem Garten :)
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ein Gentleman macht in jeglicher Kleidung , selbst in Jogginghosen, eine gute Figur und zeichnet sich durch sparsamen Einsatz der Sprache ( so viel wie nötig , so wenig wie möglich ) aus
sagt die wolfskatze mit einem Augenzwinkern ….. ;-)
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Privat kommt das bei mir hin.
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na also ….. läuft bei dir ;-)
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Kriterium V:
Zuvorkommendes, tadelloses Verhalten:
Einer Dame in den Mantel, den Blazer oder die Übergangsjacke helfen, ihr die Tür aufhalten, ihr schwere Lasten abnehmen, etc.
Wie sieht es denn damit aus?
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Es gibt zunehmend Damen, die das ablehnen, was es schwierig macht. Grundsätzlich gebe ich mir aber auch da einen Punkt :)
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Ich seh ja immer aus, als würde ich in meiner Kleidung schlafen. Das ist aber natürlich Absicht, der Chic Proletaire halt. Und einen stolzen Gang mit geradem Rücken habe ich sowieso, die Folge eines dauerhaft verklemmten Wirbels.
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Der Gentleman muss sich keineswegs die Krawatte selbst binden können, das kann er getrost dem Butler überlassen, der auch die Schuhe auf Hochglanz poliert.
Man könnte also glauben, du könntest einer werden.
Bis man dich hört,wenn du einen Versprecher kommentierst. (pieppiepschrillpieeppiep)
Der Gentleman zeichnet sich nämlich auch durch eine perfekte Sprache aus, wenn Frauen (Ladies) anwesend sind. Den Punkt müssen wir dir leider abziehen.
Und das Rezitieren der Gedichte mit angemessenem Ernst müssen wir auch noch ein wenig üben …
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Herrgott, herrje,herrlich
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Mensch Mädels, ihr seid aber auch pingelig……:)
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Als einziger Herrenklub -besitzer, -besetzer, -beitreter und -betroffener und ev. auch -besoffener (so dann und wann) steht es der Frau ja offen einem Frauenklub beizutreten oder eben auch neu zu kreieren.
Das Zigarrenrauchen habe ich vor Jahren (20) aufgegeben … ich, die als Pipenbesitzerin und paffende einzige Frau in Norddeutschland durchaus merkwürdig betrachtet wurde, als in Kneipen noch geraucht werden durfte. Dies tat ich jedoch nur deshalb, weil ich darauf aufmerksam machen wollte, wie eklig die Zigaretten für mich eigentlich militanten Nichtraucherin waren. So erntete ich, ua.: Äh, wie eklig … das stinkt, mach das aus … usw.. Meine Antwort: „mach du deine Zigarette aus, dann lösche ich die Zigarre / Pipe“. Sie taten es nicht – das besorgte dann (und ich finde es klasse) ein Gesetz.
Ich brauche keine Zigarren mehr rauchen und muss nicht vergiftet im Restaurant sitzen.
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Mein HerrenKlub in ländlicher Umgebung besteht inzwischen aus 2 Mitgliedern (jedem das seine). Insofern erübrigt sich die Frage der Mitglied-schaft einer Frau in unserer Gemeinschaft.
Wir sitzen zusammen und schweigen, rauchen und trinken bis einer was sagt. Gestern meinte ich dann: `Die armen Vögeln im Walde´(ostfriesischer Dialekt).
Darauf mein Kumpel: `Das Kind im Manne erspart der Frau die Schwangerschaft´.
Wir haben noch lange darüber nachsinniert und freuen uns auf unser nächstes wöchentliches Treffen.
Dir, lieber Seppo, möchte ich für deine poetischen Beiträge folgende Empfehlung empfehlen:
Ein Musikinstrument. Über die Gitarre, Violine bis hin zur Harfe würdest du dich als Minnesänger profilieren können und hättest sogar die Chance, Florian Silbereisen als Mitglied zu gewinnen. Da wäre ne große Karriere drin!!
Damit wünsch ich dir weiterhin viel Glück und Erfolg. Und lass dich nicht unterkriegen. Du schaffst das schon!!
Ich wünsch uns noch viel Sonne und verbleibe mit nettem Gruß
Jürgen aus Loy (PJP)
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Das Beispiel in ostfriesischem Dialekt? erinnert mich an eine Überschrift meiner Tochter zur Winterfütterung, die Rechtschreibung lautstark als einzig ausgedacht zu ihrem Missbehagen betrachtete: Helft den Armen vögeln! Ich fragte mich, ob das wirklich nötig sei und musste fürchterlich lachen. Natürlich behielt ich meine Gedanken für mich. Sie hätten mein Kind aber auch nicht mehr erreicht, das bereits aufgrund meiner nicht enden wollenden Heiterkeit in seinem Zimmer verschwunden war. Die Tür war für mich vorerst geschlossen, was ich deutlich vernehmen konnte.
Wie oft schon habe ich bedauert, dass ich dieses Beispiel nicht nutzen kann, um meinen fragenden Schülern den Sinn der Rechtschreibung zu verdeutlichen. Für die Grundschule taugt es einfach nicht.
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Wenngleich ich als Privileg der Herren zuerst dicke Bäuche und Zigarren statt Bücher gelesen habe, respektiere ich den Wunsch nach einem auf das männliche Geschlecht beschränkten sophisticated club. Gleichermaßen akzeptiere ich den Ausschluss aus einer „Bande“ von Schulfreunden und einem Fanclub von Justin Bieber. Ein wenig aus der Zeit gefallen halte ich auch Schwangerschaftsgymnastik für Männer für verzichtbar. Wobei, wenn ich nun wieder an die dicken Bäuche denke. Aber die hießen ja Bücher. Allerdings gefiele mir auch der Gedanke, als einzige Frau oder eine von wenigen dort Eintritt gewährt zu bekommen. Da ist sie wieder, die weibliche Solidarität.
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